Aller guten Dinge sind sieben? Phil Mickelson und die U.S. Open

Seit ich ein Kind bin träume ich davon, die U.S. Open zu gewinnen. (Phil Mickelson)

Es ist eine ganz besondere Hassliebe, die Phil Mickelson mit der U.S. Open verbindet. Kein anderes Turnier liebt Mickelson mehr, kein anderes Turnier hinterließ ihn öfter als ein Häufchen Elend. Seit er 1990 als Amateur in Medinah sein Major-Debüt gab, hatte er sechs Mal eine realistische Chance auf den Titel, sechs Mal verpasste er ihn – lediglich Sam Snead bekam in seiner U.S.-Open-Karriere öfter das Herz gebrochen. Heute abend hat Mickelson die Chance dies alles vergessen zu machen. Als einziger von 156 Spielern besiegte er über 54 Löcher den Platzstandard und geht mit einem Schlag Vorsprung vor dem Trio Hunter Mahan, Charl Schwartzel und Steve Stricker auf die Schlussrunde – und irgendwie hat man den Eindruck, dass Mickelson dieses Jahr den Fluch besiegen könnte.

Mit einer unglaublichen Souveränität hat er bisher minutiös den Platz gespielt, Rückschläge gut verkraftet und vor allem die Aggressivität, die ihm so oft zum Verhängnis wurde, auf ein gesundes Maß zurückgesteckt. Und dennoch: der aktuelle Stand ist vermutlich der schlechtestmögliche für Mickelson. Ein Birdie-Putt nach dem anderen schrammte haarscharf am Loch vorbei: mit ein klein wenig mehr Glück auf den Grüns würde er jetzt wohl schon mit fünf Schlägen Vorsprung führen. Und gerade das ist der Grund, warum man aus Mickelsons Sicht fürchten muss, dass sich die Geschichte wiederholt.

Dabei wäre heute der perfekte Tag für Mickelson um sich seinen Traum zu erfüllen. Schließlich ist für den Familienmenschen (er flog Anfang der Woche noch nach Kalifornien um dem Schulabschluss seiner Tochter beizuwohnen) nicht nur Vatertag, Mickelson feiert heute auch noch Geburtstag. Das Letzte Mal, dass es diese Konstellation gab war 2002. Damals wurde Mickelson Zweiter – hatte aber nie wirklich eine Chance auf den Sieg. Das sah in diesen Jahren anders aus:

1995

Kaum jemand erinnert sich heute noch daran, dass Corey Pavin einst die U.S. Open gewann – noch weniger wissen, dass Phil Mickelson damals seine erste große Chance auf den Sieg hatte. Die meisten erinnern sich beim Gedanken an Shinnecock Hills 1995 nur an einen der vielen Fälle in denen Greg Norman eine 54-Loch-Führung bei einem Major nicht in einen Sieg ummünzen konnte. Doch der 25-Jährige Mickelson spielte 17 Löcher des schweren Platzes so gut wie kein anderer – zum Verhängnis wurde ihm die 16. “Bei Par 5s denke ich an Birdies”, rekapitulierte Mickelson 16 Jahre später, “aber Shinnecock hat meine Einstellung über zuviel Aggressivität auf den Par 5s verändert.” In den ersten drei Runden musste er auf Bahn 16 zwei Bogeys und ein Doppelbogey notieren – und lag dennoch nur einen Schlag hinter dem Führungsduo Greg Norman und Tom Lehman. Als er am Finaltag aber erneut nur ein Doppelbogey spielte, war der Titel endgültig dahin. Am Ende blieb ein enttäuschender vierter Platz mit vier Schlägen Rückstand.

1999




Weil seine Frau Amy hochschwanger war, spielte Mickelson in Pinehurst mit einem Pager in der Tasche – jederzeit bereit das Turnier abzubrechen und nach Hause zu fliegen. Die Wehen blieben aus und tatsächlich beendete der Finaltag ein U.S.-Open-Trauma – nur nicht Mickelsons sondern das von Payne Stewart. Zwar hatte der schon einen Titel, aber er hatte seither viele weitere auf den letzten neun Löchern weggeworfen. Entschieden wurde das Ganze auf den Grüns. Drei Löcher vor Schluss hatte Mickelson noch mit einem Schlag Vorsprung geführt, doch an der 16 verschob er einen 3-Meter-Putt und ließ Payne Stewart zurück ins Rennen. An der 17 hatten beide ebenfalls exzellente Birdie-Chancen, doch erneut ließ Mickelson aus (Caddie Jim Mackay sagte später er habe den Putt falsch gelesen). Und als der wie entfesselt puttende Stewart an der 18 einen 8-Meter-Par-Putt versenkte, war für Mickelson eine weitere U.S. Open perdu.

2004




Neun Jahren nach Mickelsons erstem Beinahe-Sieg kehrte die U.S. Open nach Shinnecock Hills zurück – und hinterließ eine weitere Narbe. Zwar überstand er die 16 dieses Mal schadlos – mit einem Birdie in der Schlussrunde übernahm er sogar wieder die Führung. Doch danach verlor er anscheinend die Spannung. In der dritten Runde gab er mit Bogeys an der 17 und 18 die alleinige Führung wieder ab und in der Schlussrunde erging es ihm noch schlechter. Euphorisiert vom Birdie an der 16 fand sein Abschlag den Grünbunker aus dem er einen soliden Schlag 2,50 Meter an die Fahne machte. Doch drei Putts später hatte er plötzlich ein Doppelbogey auf der Scorekarte und Retief Goosen die U.S. Open geschenkt.

2006




Kein Turnier wurde mehr zum Synonym für Phil Mickelson U.S.-Open-Enttäuschungen als dieses. Mit einer exzellenten dritten Runde hatte sich der 36-Jährige zurück in die Führung katapultiert und sie wie ein Löwe in der Schlussrunde verteidigt. Dann kam er an die 16 und das Desaster nahm seinen Lauf. Ein eingebohrter Ball im Grünbunker ließ das große Zittern beginnen. Das resultierende Bogey verunsicherte Mickelson so sehr, dass er seinen Abschlag an der 17 weg warf – wortwörtlich, denn der Ball landete im Mülleimer. Selbst ein gerettetes Par konnte seine Nerven nicht beruhigen. Mickelsons Drive an der 18 landete in den Zelten und nach einem kompletten mentalen Aussetzer riskierte er beim nächsten Versuch zu viel. Das resultierende Doppelbogey servierte Geoff Ogilvy den Titel auf dem Silbertablett und den Reportern ein unvergessenes Zitat von Phil Mickelson: “Ich bin so ein Idiot.”

2009

Erneut trat die U.S. Open für Phil Mickelson in den Hintergrund weil es wichtigere Dinge im Leben gab: Ehefrau Amy wurde mit Brustkrebs diagnostiziert und Mickelson kündigte eine längere Auszeit nach dem Turnier an. Der geringe Fokus auf Golf wirkte sich positiv aus. Zwar sah es lange Zeit so aus als hätte er mit der Entscheidung nichts zu tun – nach 18 Loch war er fünf Schläge zurück, nach 36 gar sieben und nach 54 immer noch sechs – am Sonntag brachte er sich aber wieder ins Gespräch als die Führenden einbrachen. Nach einem Birdie an der 12 und einem Eagle an der 13 fand sich Mickelson plötzlich an der Spitze des Leaderboards wieder. Doch ein Dreiputt an der 15 und ein weiteres Bogey an der 17 ließen ihn am Ende zwei Schläge hinter Überraschungssieger Lucas Glover zurück.

2010

Eigentlich war die U.S. Open 2010 schon nach der ersten Runde für Mickelson gelaufen. Ohne ein einziges Birdie fand er sich mit einer 75 in Pebble Beach aussichtslos im Hintertreffen, doch dafür ließ er in Runde zwei einen wahren Birdierausch folgen. Fünf Mal machte er auf seinen ersten acht Löchern einen Kreis um den Score und seine 66 katapultierte ihn auf den zweiten Platz hinter Graeme McDowell. Doch Mickelson versäumte es den Rückenwind auszunutzen und machte sich mit einer 73 in der dritten Runde wieder alles kaputt: am Ende hatte er drei Schläge Rückstand.

  1. Beim Stuchwort U.S. Open 2006 habe ich weniger Mickelsons als Montys Meltdown vor Augen. Das war absolut tragisch. Daß Mickelson bekloppt ist und sein Golf zwischen total bekloppt und total begnadet je nach Tagesform schwankte, das wusste ja jeder (das lieben ja seine Fans auch so an ihm, zu denen ich allerdings nicht zähle). Aber Monty hing der „best player without a Major“-Orden wie ein Mühlstein um den Hals und er lag auf der 18 nach einem perfekten Drive schlappe 100 Meter vorm Grün. Daß Monty, achtmaliger Order of Merit Gewinner und erfahrener Ryder Cup Hase hier das Adrenalin nicht mit einkalkulierte und so einen Anfängerfehler machte, der ihn letztlich die Trophäe kostete, das konnte man gar nicht mit ansehen. Zumal Monty auch altersmässig keinen Spielraum mehr hatte, anders als Mickelson. Ich mag auch Monty nicht sonderlich, aber da hat er sich bei mir in die kurze Liste der Golfer eingetragen, die mir einfach nur unfassbar leid taten ob ihres Pechs: Greg Norman (Masters 1996), Tom Watson (Open 2009) und Hunter Mahan (Ryder Cup 2010).

    Mickelson wäre es zu gönnen, ich drücke ihm heute mal die Daumen. Wird Zeit für ein paar Fairytale Nachrichten dieser Tage … Heartbreak sehen und lesen wir ja wahrlich genug. :(

  2. Die Chance auf ein Fairytale ist groß, aber es werden auf jeden Fall mehr Leidensgeschichten fortgesetzt: Luke, Stricker, Phil, Mahan, Rose – es kann leidern nur einer seinen “Makel” loswerden

  3. Wenn wir schon über Spieler reden, die man nicht so richtig mag… JUSTIN ROSE.

    Aber er hat für mich mit den tollsten (und auch unspektakulärsten) Schwung und da ich gerade meinen eigenen Schwung auf einen viel neutraleren umstelle, freut es mich, wenn dann auch ein solcher erfolgreich ist… :-)

  4. Bei Rose kann ich die Antipathie eigentlich gar nicht so wirklich nachvollziehen:

    OK die Amis haben es halt nicht gern, wenn ein Europäer ihr Turnier gewinnt, die Finalpaarung Rose/Donald wurde auch nach Beendigung der Runde auf der 18 nicht sonderlich gefeiert…ich hab es ihm von Herzen gegönnt, er hat am Sonntag die Nerven behalten und als einziger Spieler, die ganze vorne vertreten waren, die 17 und 18 in Par beendet.

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