In der Woche vor dem Masters musste Martin Kaymer auf Facebook eine reißerische Schlagzeile der Bild-Zeitung klar stellen. “Trump ist ein Geschenk für uns” soll der Deutsche dem Vier-Buchstaben-Blatt im Interview gesagt haben. Nur: diese Worte sind so nie gefallen. Tatsächlich sagte Kaymer “Der Golf-Fan Trump ist jedoch ein Geschenk für unseren Sport.” Ein kleiner, aber himmelweiter Unterschied. Und weil die Bild-Zeitung das Interview auch noch hinter ihrer Bezahlschranke versteckt hatte, dürfte das Gros der Leser trotz Richtigstellung durch Kaymer oder das Bildblog die Wahrheit nie zu lesen bekommen.
Doch eine gewisse Mitschuld kann man Kaymer nicht absprechen. Nicht für die Überschrift, sondern für die Art, wie er Trump ins Gespräch gebracht hat. Auf die Reporterfrage, wie sich Amerika unter dem Präsidenten Donald Trump verändert habe, antwortete Kaymer: “Ich bin überrascht, dass die Leute, besonders die, die Trump gewählt haben, jetzt über seine Äußerungen und Handlungen verwundert sind. Er macht das, was er angekündigt hat.” Alles komplett richtig und unangreifbar. Das Thema wäre damit gegessen gewesen – wenn sich Kaymer seinen letzten Satz gespart hätte: “Für uns Golfer gibt es allerdings auch noch einen zweiten Donald Trump.”
Natürlich zieht so ein Satz eine Nachfrage des Journalisten nach sich, in dessen Folge Kaymer den später umgedeuteten Satz sagt. Warum also war es Martin Kaymer ein Anliegen, diese seiner Meinung nach positive Seite von Donald Trump hervorzukehren und den US-Präsidenten damit auf gewisse Weise zu verteidigen? Besonders, weil er doch wissen musste, wieviel Gegenwind Bernhard Langer kurz zuvor in dieser Causa bekommen hat. Nachdem sich Trump bei seinen Wahlbetrugs-Fantasien auf eine Geschichte von Langer bezogen hatte, beschwerte sich der Deutsche nicht etwa über Trump, sondern über die Medien, die seine Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen haben sollen.
Unglücklicherweise wollte Langer aber nicht dem extrem rassistischen Kern seiner Geschichte widersprechen, nach dem Leute, die “nicht aussahen als ob sie wählen durften” vor einem Wahllokal in Florida gestanden hätten. Seine zwei Kritikpunkte waren, dass er dies nicht selbst erlebt sondern nur weitergetratscht hätte (etwas, was die New York Times auch nicht behauptet hat, sondern Trump selber). Und vor allen Dingen, dass seine Tochter dem Journalisten gesagt habe, Langer sei vermutlich kein enger Freund von Donald Trump, im Artikel dann aber stand, Langer sei nicht mit Mr. Trump befreundet. Langers Hauptkritik lag also darin, dass “die Wortwahl kein Freund bedeutet, ich würde ihn [also Trump] überhaupt nicht mögen”.
Allerdings haben sich nicht nur die beiden Deutschen mit Trump in die Nesseln gesetzt. Den Profigolfern und auch unzähligen Golfjournalisten fällt es schwer, mit Donald Trump umzugehen. Weil die meisten so dankbar für seine Verdienste um den Golfsport sind, wägen sie dies gegen seine Fehltritte im Wahlkampf und im Amt auf. Doch ist dies wirklich ein legitimer Vergleich? Natürlich nicht. Und dennoch tappt einer nach dem anderen in diese Falle. Sowohl Ernie Els als auch Rory McIlroy, die während einer Verletzungspause eine Runde Golf mit Trump spielten und dafür mit (übertriebener) Kritik überzogen wurden, rechtfertigten sich damit, dass es nur um Golf ging und kein politisches Statement war. Aber dies funktioniert nicht. Der Golfer Donald Trump und der Präsident Donald Trump sind keine zwei Personen mehr. So wie sich Barack Obama mit Tiger Woods und Steph Curry gesonnt hat, haben auch Els, McIlroy und Tiger Woods dem US-Präsidenten erlaubt, sich mit ihrer Prominenz zu sonnen.
Dass der Präsident und der Golfer Donald Trump vom normalen Bürger nicht als Bruce Wayne und Batman, sondern als ein und dieselbe Person wahrgenommen wird, zeigen auch die empörten Reaktionen von Lesern auf die Trump-Titelbilder der Golf Punk und des Golf Magazins. Während erstere den First Golfer als “Bogeyman” bezeichneten, fragten sich letztere, ob Donald Trump jetzt auch die Golfwelt regiert. Und kommen zu dem Fazit: “Geht es nur um Golf, sehen die Prognosen für seine Regentschaft gar nicht mehr so schlimm aus wie der Rest”. Mit anderen Worten: Selbst wenn die Welt durch ihn in Asche liegen sollte, sind seine Golfplätze wenigstens grün.
Wenn der Golfer Trump direkt auf das Betrügen angesprochen wird, kommt die Antwort mit beleidigtem Chorknaben-Spitzmündchen: “Alle meine Spielpartner betrügen. True. Totales Desaster. Ich muss also betrügen, um mithalten zu können. Wissen Sie, mein IQ ist ja einer der größten.”
Viel schlimmer ist jedoch, was Evelyn Roll danach macht. Sie will mit einem Zitat belegen, wie routinemäßig Trump auf dem Golfplatz betrügt. Dass er offen dazu steht und sogar eine Rechtfertigung dafür parat hat. (s. links). Das Problem an der Sache: Roll schreibt zwar “Wenn der Golfer Trump direkt auf das Betrügen angesprochen wird”, aber das danach Zitierte stammt nicht ungefiltert aus seinem Mund. Es wurde vom ehemaligen Sports Illustrated Herausgeber Mark Mulvoy der Washington Post erzählt und anschließend von Roll übersetzt. Klassisches Hörensagen also. Doch damit nicht genug. Weil Roll das “Zitat” noch nicht cool genug war, fügte sie einfach ein paar Dinge hinzu, die Trump gerne twittert: Sein Markenzeichen “Total Disaster” und sein Tweet über seinen hohen IQ. Solche zusammenhanglosen Sätze zu nehmen und einfach zusammenzueditieren ist einer preisgekrönten Journalistin unwürdig und diskreditiert leider den gesamten Artikel.
Und das ist das Problem der Golfmedien mit Donald Trump. Entweder schreiben sie schlecht argumentierte Hit Pieces, die Trumps Unterstützern mit ihrer “Wir gegen die Welt”-Einstellung eher noch Futter geben. Sie betreiben schamlose Hofberichterstattung, wie die Sonderausgabe der Golf Digest. Oder sie starten den aussichtslosen Versuch, den Golfer Trump vom Politiker Trump zu trennen. Doch wie sollten die Golfer und Golfmedien dann mit ihm umgehen? Am Besten wie Beetlejuice: bloß nicht den Namen nennen. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die ständige Berichterstattung über Trump ihn erst stark gemacht haben. Donald Trump mag sich vielleicht wie Rumpelstilzchen aufführen, ist aber das genaue Gegenteil. Rumpelstilzchen geht zu Grunde, wenn man seinen Namen sagt. Donald Trump zerreißt es, wenn man ihn nicht sagt. Hätten Martin Kaymer und Bernhard Langer das beherzigt, wäre ihnen jede Menge schlechte Publicity erspart geblieben.