Deutschland braucht einen Linksrutsch!

“Ich bin kein Tier! Ich bin ein menschliches Wesen! Ich…bin…ein Mensch!”

Den verzweifelten Ausruf von David Lynchs “Elephant Man” möchte ich jedes Mal ausstoßen, wenn ich auf der Suche nach neuem Equipment bin. Denn als Linkshänder wird man von der Golfindustrie maximal als Mensch zweiter Klasse behandelt. Wer sich als Lefty einen neuen Handschuh oder neue Schläger zulegen will, muss sich erst einmal durch ein Dreistufensystem der Degradierung kämpfen.

Stufe 1: Der Hersteller
Wer für sich ein Modell gefunden hat, das ihn anspricht, muss erst einmal abfragen ob es das Ganze auch in einer Linkshänder-Variante gibt. So hat Nike beispielsweise die optisch attraktivsten Handschuhe nur für Rechtshänder im Programm. Auch bei Schlägern ist die Auswahl begrenzt. Der eine Hersteller bietet nicht alle Schaft-Optionen für Leftys an, der andere reduziert die Loft-Optionen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Nach langer, verzweifelter Suche nach einem Holz 3 habe ich mit dem Cleveland Launcher endlich einen passenden Schläger gefunden. Tatsächlich komme ich so gut damit zurecht, dass ich mir als Driver-Alternative ein Holz 3+ mit 13° zulegen würde – nur leider müsste ich dafür vorher noch zum Rechtshänder umschulen.
Auch wer im kurzen Spiel mehr Alternativen sucht, muss sich erst einmal auf einen Spießrutenlauf begeben. So bietet beispielswese Titleist seine Wedges für Rechtshänder in unzähligen Loft- und Bounce-Varianten an, unsereins hingegen muss mit einer Handvoll festgelegter Varianten leben. Es kann doch wirklich nicht so schwierig und kostspielig sein, gespiegelte Formen für Handschuhe und Schläger herzustellen?

Stufe 2: Der Einzelhandel
Da baut sich Karstadt in verschiedenen Städten eine riesige Golf-Abteilung mit unzähligen Schlägersätzen und Regalen voller Handschuhen auf. Und wenn man dann fragt, wo sich die Sachen für Linkshänder befinden wird man an ein (!) Regal geführt, an dem ein fein säuberlich abgetrenntes Achtel mit Linkshand-Schlägern bestückt ist. Meist finden sich dort gerade mal fünf bis zehn verschiedene Hölzer. Wer einen kompletten Eisensatz sucht, kann schon froh sein, wenn es einen Satz gibt. Und auch bei Handschuhen gibt es vielleicht fünf Modelle von drei Herstellern.
Nun könnte man dies vielleicht noch auf die mangelnde Fachkompetenz eines Großkonzerns zurückführen. Doch das Bild wiederholt sich, egal wohin man geht. Selbst in einem Fachgeschäft wie dem “Golf House” hat man nicht gerade die Qual der Wahl. Ich verstehe ja, dass der Einzelhandel sich nicht massenhaft Schläger auf Lager legen kann, die er dann nicht los wird. Aber es wird doch wohl möglich sein, von den aktuellen Hölzern ein Modell und von den Eisensätzen vielleicht mal ein Eisen 7 vorrätig zu haben. Und Warenhaus-Ketten wie Karstadt könnten ja die Schläger durch die verschiedenen Häuser rotieren lassen und Linkshänder-Tage einführen.

Stufe 3: Der Demo-Tag
Kein Golfer kauft die Katze im Sack – außer uns Linkshändern. Ich würde ja auch gerne vorher mal die Modelle testen, die mich interessieren. Aber wenn man dann nach 100 Kilometern Anfahrt bei einem Demotag ankommt und die Vertreter fragt, was sie denn für Linkshänder da haben, gehen sie verschämt an ein vereinsamt in der Ecke rumstehendes Bag, in dem sich an einem guten Tag zwei Dutzend Schläger befinden. Und wenn man dann noch dreisterweise zu fragen wagt, ob es den Driver auch in 9°, das Hybrid in stiff oder die Eisen mit Stahlschaft gibt, kann man regelrecht sehen, wie sich der Gegenüber innerlich schief lacht. Einzig beim Driver ist Besserung in Sicht, denn mit den neuen Schaft-Systemen von Callaway oder Nike kann man zumindest bei den Schaftoptionen auch für Linkshänder mehr Flexibilität bieten.

Das Interessante ist, dass mir auf dem Platz immer mehr Linkshänder begegnen. Nachdem sich in unserer Gesellschaft mittlerweile das Bewusstsein durchgesetzt hat, dass Linkshänder keine Krankheit haben, und Kinder nicht mehr zwanghaft auf rechts getrimmt werden, sind die Leftys langsam auf dem Vormarsch. Es könnte also durchaus eine Marktlücke sein, in einer Gegend mit großen Einzugsgebiet seinen Laden mit Linkshänder-Equipment aufzustocken. Zumal wir mittlerweile so verzweifelt sind, dass wir für eine kompetente Beratung mit Testoption durchaus den einen oder anderen Euro mehr zahlen würden.

Denn derzeit müssen wir Leftys einen Haufen Geld auf den blauen Dunst rauswerfen – wer jedoch clever ist, wirft es nicht der deutschen Golfindustrie in den Rachen. Eine Option ist es, die Internet-Auktionen nach günstigen, gebrauchten Schlägern zu durchsuchen, die es nicht ganz so schmerzhaft erscheinen lassen, wenn man nicht damit zurecht kommt. Dummerweise gehen mittlerweile sehr viele diesen Weg, so dass echte Schnäppchen selten geworden sind. Die andere Alternative ist, nagelneue Schlägersätze aus dem günstigeren Ausland zu ersteigern. Dank des sehr humanen Pfund-Kurses lassen sich in England die Schläger inklusive Versand meist 20% günstiger bekommen.
Dieser Weg ist vor allem zu empfehlen, wenn man wie meine Wenigkeit nicht nur Linkshänder ist, sondern auch noch Schlägersätze mit Sonderanfertigungen bei Länge und Lie braucht. Glauben Sie mir: Wenn Sie mit dieser Ansage in ein Golfgeschäft gehen, werden Sie wirklich angeschaut wie der Elefantenmensch – mit Schweinegrippe. Da lobe ich mir doch das anonyme Internet.

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