Die Angst vor dem Erfolg

Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie man sich selbst im Wege stehen kann. Wenn man zwei kurze Putts auf einer Runde verschoben hat, beginnt man beim nächsten sofort zu zittern – und puttet als Folge nur noch schlechter. Das Gleiche passiert oft, wenn man ein Loch über mehrere Wochen hinweg schlecht spielt. Die Erinnerungen daran manifestieren sich so sehr im Gehirn, dass man automatisch einen höheren Pulsschlag hat, sobald man am Abschlag dieses Lochs steht. Nicht ohne Grund beschäftigen die meisten Profis einen Mental Coach – und wenn sie es nicht tun, helfen sie sich mit der Lektüre der Ratgeber von Golfpsychologie-Gurus wie Bob Rotella.

Eines der interessantesten psychologischen Phänomene ist die Angst vor dem Erfolg. Eigentlich sollte man meinen, dass bei einer guten Runde alles von alleine läuft. Doch je näher man dem Clubhaus mit einer persönlichen Rekord-Runde kommt, umso nervöser wird man. Gedanken wie “Ist heute der Tag, an dem alles klappt” und via Kopfrechnung projezierte neue Handicaps kommen der Konzentration auf das einzig Wichtige, den nächsten Schlag, in die Quere. Was diesen Punkt angeht, bin ich – in negativer Hinsicht – in den letzten Wochen zu einem wahren Experten geworden. Allein im Juni hatte ich drei oder vier Runden, die exzellent begannen und im Desaster endeten. Selbst bei meinen Flightpartnern ist es mittlerweile zu einem Running Gag geworden, Wetten auf dem Zeitpunkt meines Einbruch abzuschließen. Kein Wunder, wenn man ständig mit ansieht, wie ich auf den ersten sechs Loch 1 über Par und auf den letzten 12 etwa 17 über Par spiele. Nun kann man beim ersten Mal noch darüber lachen, beim zweiten Mal kommt man ins Grübeln und beim dritten und vierten Mal beginnt das Verzweifeln. Eine Negativ-Erfahrung, die sich ins Gehirn einbrennt.

Das Spannende ist, dass ich bis zu diesem Jahr noch nie ein Problem damit hatte, eine (für mich) gute Runde durchzuziehen und ins Clubhaus zu bringen. “Wenn’s läuft, dann läuft’s” war mein Motto und negative Gedanken konnte ich gut aussperren. Nicht so in diesem Jahr. Wie sehr sich das fast schon zu einer Phobie entwickelt hat, lässt sich gut an meiner heutigen Runde zeigen. Direkt von der Arbeit kam ich abgehetzt 20 Minuten vor der Tee Time zum Clubhaus, konnte gerade mal hastig zehn Bälle schlagen und zwei übers Putting Green schubsen. Die Erwartungshaltung an die Runde war dementsprechend niedrig (immer gut), doch irgendwie schaffte ich es auf den ersten neun Loch das Ergebnis halbwegs zusammen zu halten. Zwar war das Putting mies und auf Loch zwei kam mein guter alter Freund, das Socket auf einen Kurzbesuch vorbei, dennoch lag ich mit 9 über Par nur einen Schlag hinter Handicap. Doch dann ging es los: Nach Par, Bogey, Par, Par auf vier der schwierigsten Löcher unseres Platzes lag ich auf einmal zwei Schläge vor Handicap – und es warteten nur noch einfache Löcher. Eigentlich ein Idealszenario, doch plötzlich ließ die Konzentration nach. Statt darüber nachzudenken, wohin der Ball soll, kreisten sich die Gedanken darüber wo man überall nicht hinschlagen sollte. Resultat: Ein getoppter Ball (der glücklicherweise auf dem Vorgrün hängen blieb) und ein 3-Putt zum Bogey. Am nächsten Loch wurde es noch besser. Dem Abschlag zu viel Draw gegeben, glücklich noch im Rough gefunden und anschließend schön in den Wald socketiert. Der Kollaps war komplett. Oder doch nicht?

Irgendwie, ich weiß bis jetzt noch immer nicht wie, gelang es mir den Ball durch die Bäume in den Grünbunker zu punchen und von dort ein Sand Save zum Bogey zu spielen. Zwar ging mir am nächsten Abschlag noch einmal die Düse, doch als das Eisen auf dem Vorgrün des langen Par 3 landete, waren plötzlich all die negativen Erfahrungen der Vorwochen vergessen, das Selbstbewusstsein kehrte in die Schläge zurück und die Runde ging mit Bogey-Birdie-Bogey und letztlich 39 Nettopunkten versöhnlich zu Ende. (Bitte keine Glückwünsche. Ich habe mich lediglich auf mein Handicap vom Vorjahr zurück gekämpft)

Das Spannende an dieser Runde ist ohnehin weniger das Ergebnis als zu sehen, ob durch diese positive Erfahrung der Knoten geplatzt ist und ich wieder regelmäßig Runden durchziehe. Zumindest ist mir jwieder einmal auf erschreckende Weise bewusst geworden, dass ich derzeit mehr Schläge durch Konzentrationsmängel als durch verzogene Drives oder verschobene Putts liegen lasse. Ich denke, ich muss den guten Bob Rotella wieder abstauben und studieren, um unabhängig von der Spielsituation konstanteres Golf zu spielen. Wie heißt es so schön: Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.

Ich kann daher nur jedem, der seine Runden akribisch nach Schwächen analysiert, raten, einmal langfristig nachzuschauen, ob sie vielleicht nicht in der Hüfte oder den Schultern, sondern zwischen den Ohren lauern. Wer also immer an den gleichen Löchern oder Spielsituationen (die Runde aufgeben, wenn man hinters Handicap zurückfällt; Verärgerung über unglückliche Lagen, etc.) scheitert, sollte sich diese Problematik vor Augen führen und bei dieser Situation vor dem Schlag eine Minute länger warten bis die Konzentration zurück ist. Mal sehen, ob ich es schaffe, meine eigenen Ratschläge einzuhalten.

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