Die europäische Q-School: Vergebene Liebesmüh

In der kommenden Woche findet die zweite Runde der Qualifying School für die European Tour statt. 300 Spieler, darunter 16 Deutsche, sind noch im Rennen um die gut 30 Tickets für die Saison 2011. Als 1976 das erste Mal die Q-School stattfand, wurde lediglich um die Berechtigung gespielt, am Montag vor den eigentlichen Turnieren um die Qualifikationsplätze spielen zu dürfen. Erst 1984 sicherte man sich tatsächlich die Spielberechtigung für die European Tour. Damals wurden noch exakt 50 Tickets vergeben, was zu nervenaufreibenden Playoffs um den letzten Startplatz führte. 1995 ändert man die Vergabe dahingehend ab, dass jeder mit dem gleichen Ergebnis auch eine Karte erhielt. Über diesen Weg nahmen u.a. José-Maria Olazábal, Colin Montgomerie, Ian Poulter, Justin Rose, Darren Clarke, Vijay Singh, Angel Cabrera und Robert Karlsson den ersten Schritt zu internationaler Berühmtheit.

Es ist ein erfolgreiches System – oder zumindest war es das einmal. Denn wer sich heutzutage ein geregeltes Einkommen über den europäischen Profisport sichern will, sollte sich lieber über die Challenge Tour qualifizieren. Nicht nur weil die Q-School-Tourkarten mittlerweile auf 30 (und Geteilte) reduziert wurden. In der Exemption-Reihenfolge liegen die Qualifikanten hinter den Aufsteigern aus der Challenge Tour – ein entscheidender Faktor wenn es darum geht, ob man in wichtigeren Turnieren einen Startplatz erhält.

Das Problem ist besonders in den letzten Jahren imminent geworden. Die European Tour veranstaltet aus wirtschaftlichen (und Wetter-) Gründen immer mehr Turniere außerhalb Europas, sei es in Afrika, Asien oder im Nahen Osten. Die meisten davon finden in Kooperation mit den lokalen Touren statt, was dazu führt, dass nur eine begrenzte Zahl europäischer Spieler Zutritt erhält. Selten wurde dies deutlicher als bei der Singapore Open. Über 200 Spieler waren im Feld, nur 77 davon qualifizierten sich als Mitglieder der European. 99 Spieler kamen über asiatische Touren ins Turnier,. hinzu kamen Sponsoreneinladungen, die mehrheitlich ebenfalls nach Asien gingen. Kein Qualifikant der Q-School, kein Challenge-Tour-Aufsteiger (so sie nicht schon in der Saison auf der European Tour gewonnen hatten) war spielberechtigt. Nicht das einzige Turnier, bei dem es besonders für die Q-School-Absolventen unmöglich war mitzuspielen wie ein Blick auf die letzte Saison zeigt.

Turnier Race to Dubai Challenge Tour Q-School
Alfred Dunhill Championship 134 20 30
South Africa Open 120 15 19
Africa Open 150 20 30
Joburg Open 150 20 30
Abu Dhabi Golf Championship 120 1 0
Qatar Masters 120 0 0
Omega Dubai Desert Classic 120 3 0
Avantha Masters 120 15 26
Malaysian Open 120 15 21
Trophee Hassan II 120 15 5
Open de Andalucia 120 18 30
Madeira Open 150 20 30
Volvo China Open 120 5 0
Ballentines Championship 150 20 30
Open de Espana 150 19 30
BMW Italian Open 150 20 30
Mallorca Open 150 20 30
BMW PGA Championship 120 10 0
Madrid Masters 120 20 30
Wales Open 133 20 30
Open de Portugal 150 20 30
Saint Omer Open 120 20 30
BMW Open 120 10 (10) (29)
Open de France 120 10 (6) (6)
Scottish Open 120 10 (10) (11)
Scandinavian Masters 150 20 30
Irish Open 120 10 (10) (27)
Czech Open 150 20 30
Johnnie Walker Championship 150 20 30
European Masters 120 10 (8) (8)
KLM Open 120 10 (10) (30)
Austrian Open 150 20 30
Vivendi Cup 150 20 30
Alfred Dunhill Links Championship 120 10 (10) (10)
Portugal Masters 120 10 (5) (5)
Castello Masters 120 10 (10) (17)
Andalucia Valderrama Masters 92 0 0
Singapore Open 78 0 0
Hong Kong Open 65 0 0

An acht der 39 regulären Turniere (plus die vier Majors, vier World Golf Championships und den Saisonabschluss) konnte kein Spieler aus der Q-School teilnehmen. Und wer die wenigen Chancen nicht sofort nutzt, bekommt bei den jährlichen Re-Rankings noch mal eins übergebraten (die Q-School-Absolventen sowie Platz 11-20 der Challenge Tour werden nach bisherigem Erfolg neu numeriert) und darf noch öfter aussetzen. In der Tabelle ist die Anzahl der theoretisch maximal möglichen Plätze nach den Re-Rankings in Klammern gesetzt. Zählt man dies durch, kann ein Langsamstarter unter Umständen gerade mal in 18 der 48 zum Race to Dubai zählenden Turniere starten. Eine Verteidigung der Tourkarte ist damit so gut wie unmöglich. Das belegt auch ein Blick auf die diesjährige Wertung. Von den 31 Q-Schülern schaffen es vier bis zum Saisonfinale, zwei weitere verteidigen ihre Tourkarte und die restlichen 25, oder 80% (!) müssen wieder von vorne anfangen. 2009 sahen die Zahlen ganz ähnlich aus. Q-School-Absolventen, die sich mit einem Turniersieg eine zweijährige Spielberechtigung holen wie Fredrik Andersson Hed und Simon Khan in diesem oder Michael Hoey und Oskar Henningson im vergangenen Jahr sind zwar Erfolgsgeschichten aber nicht viel mehr als die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Doch wo liegen die Gründe?

Vergleicht man das nötige Preisgeld zur Verteidigung der Tourkarte mit dem gesamten Preisgeld der European Tour sieht es auf den ersten Blick so aus als hätte sich in den letzten 15 Jahren nichts geändert. 2010 reichen 0,17% des Gesamtpreisgeldes zum Halten der Spielberechtigung, genau wie 2005. 2000 waren es 0,14% und 1995 lag die Marke bei 0,18% – zu vernachlässigende Differenzen. Doch bei diesen Zahlen sind noch nicht die limitierten Felder berücksichtigt. Das Problem ist dabei weniger die Anzahl der Turniere, die den Frischlingen verwehrt bleibt. Es ist die Höhe der Preisgelder, die dort ausgeschüttet werden. Rechnet man die Preisgelder für die Turniere heraus in die Rookies nicht hineinkommen, werden aus den 121 Millionen Euro Preisgeld – die Dubai World Championship nicht eingerechnet – auf einmal nur noch 56 Millionen. Das heißt die Spieler von der Q-School können gerade einmal um 46% des Preisgeldes spielen. Vergleicht man nun diese Zahl mit früheren Jahren stellen sich dabei signifikante Unterschiede heraus.

2005 waren von den 104,5 Millionen Euro Gesamtpreisgeld etwa 54 Millionen (oder knapp 52%) auch für Spieler von der Q-School verfügbar. 2000 waren es etwa 45 von 85 Millionen Euro (=53%). Und 1995, als die drei in den USA gespielten Major-Turniere noch nicht offiziell für die European Tour gewertet wurden, durften sich auch die Neulinge um 20 Millionen Euro von den insgesamt 25,2 Millionen Euro balgen. Sage und schreibe 80%. Die Rechnung ist also ganz einfach: Je mehr Turniere außerhalb Europas stattfinden, umso schwieriger wird es jungen Spielern gemacht, sich auf der European Tour zu etablieren.

Was also tun? Die European Tour ist aufgrund der Konkurrenzsituation mit der übermächtigen PGA Tour auf Asien und den Nahen Osten angewiesen um bei den Preisgeldern konkurrieren zu können. Und dass man wie die Amerikaner Turniere wie die HSBC Champions einfach nicht zur Geldrangliste zählt (und keine Spielberechtigung verteilt falls der Sieger aus Asien stammt) fällt auch weg. Es bleibt im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Die erste wäre eine Verknappung der Tourkarten. Dies wäre nicht einmal eine Revolution. Zu Beginn der European-Tour-Geschichte behielten die Top 150 ihre Karte, dies wurde über die Jahre immer weiter reduziert, zuletzt 1996 von 120 auf 115. Auch über die Q-School wurden immer weniger Karten verteilt. Warum nicht also nur den Top 110 im Race to Dubai, den Top 25 der Q-School und den Top 15 der Challenge Tour die volle Spielberechtigung geben?

Eine andere Möglichkeit die Attraktivität der Q-School wieder zu steigern, wäre eine Neuregelung der Exemption Kategorien. Derzeit sieht die Reihenfolge folgendermaßen aus:

  • Top 120 Race to Dubai des Vorjahres
  • Top 10 Challenge Tour des Vorjahres
  • Platz 11-15 Challenge Tour des Vorjahres
  • Q-School-Absolventen
  • Platz 16-20 Challenge Tour des Vorjahres
  • Platz 121-150 Race to Dubai des Vorjahres

Was dies bedeutet kann man ganz einfach an einem Vergleich der Top 10 Challenge Tour Spieler und der ersten 10 von der Q-School zeigen. Die Challenge-Tour-Absolventen kamen im Schnitt dieses Jahr in 28.8 Turniere, ihre Kollegen von der Q-School auf 24.9. Diese vier Turniere können den Unterschied zwischen Verlust und Gewinn der Tourkarte ausmachen. Das acht der 10 Challenge-Tour-Spieler und nur drei aus den Top 10 der Qualifikation die Karte behielten, ist also kein Zufall. Dieses Ungleichgewicht ließe sich ganz einfach wieder in die Waage bringen, wenn man die Exemptions so anordnet:

  • Top 100 Race to Dubai des Vorjahres
  • Top 10 Challenge Tour des Vorjahres
  • Top 10 Q-School-Absolventen
  • Platz 101-110 Race to Dubai des Vorjahres
  • Platz 11-15 Challenge Tour des Vorjahres
  • Platz 11-20 Q-School-Absolventen
  • Platz 111-120 Race to Dubai des Vorjahres
  • Platz 16-20 Challenge Tour des Vorjahres
  • Platz 21-30 Q-School-Absolventen

Die ersten drei würden dabei ihren Rang bis zum Ende der Saison behalten, für die sechs anderen Kategorien könnte man dann wie gehabt ein Re-Ranking einführen. So würden alle drei Quellen für den Spieler-Pool der European Tour halbwegs gleichberechtigt behandelt. Etwas, was das derzeitige System nicht leisten kann – und dies wird sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern. Bereits jetzt steht für 2011 ein zusätzlicher Tour-Stop im Nahen Osten fest, die Tendenz in Kerneuropa ist aufgrund von Sponsorenproblemen hingegen fallend. Die Q-School-Qualifikanten stellt diese vor ein großes Dilemma. Natürlich glaubt jeder von ihnen, dass sie zu den 20% gehören, die sich auf der European Tour etablieren können. Doch wenn sie zu den 80% gehören, die die Karte wieder abgeben, stehen sie ein Jahr später sehr wahrscheinlich komplett mit leeren Händen da. Insofern sollte man auch nicht zu große Hoffnungen darauf setzen wenn einer der 16 Deutschen tatsächlich die Q-School übersteht. Vielleicht sollte man ihnen sogar empfehlen, dass sie auf die European Tour verzichten und stattdessen den gleichzeitig erworbenen Status auf der Challenge Tour dafür nutzen, dort um einen der ersten zehn Plätze zu kämpfen. Das Geld mag geringer sein, aber wenn man auf der European Tour nur unter ferner liefen spielt und kaum in Turniere kommt macht das keinen Unterschied. Bestes Beispiel dafür ist Stephan Gross Jr. 45 Spieler auf der Challenge Tour verdienten im letzten Jahr mehr Geld als die deutschen Nachwuchshoffnung auf der großen Tour.

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