Petra Himmel ist die Allzweckwaffe des deutschen Golfjournalismus: Nach jahrelangen Kolumnen und Blogeinträgen für golf.de und die Golfbeilage der SZ hat die Ehefrau des Golfarchitekten Thomas Himmel jetzt bei der Welt eine neue Heimat gefunden. In ihrer originell betitelten Kolumne Hole in One schreibt sie jeden Dienstag über Dinge, die die Golfwelt bewegen. Unglücklicherweise hat sie sich dabei ab und an eine Unart bewahrt: Zu schreiben ohne zu recherchieren. Jüngstes Beispiel: Die heutige Ausgabe, die vermeintlich David Duval zum Thema hat, tatsächlich aber ein Kommentar über die verschiedenen Möglichkeiten ist, wie man auf der PGA Tour und auf der European Tour die Tourkarte gewinnt, beziehungsweise behält.
“Die Qualifying School für Spieler ohne feste Tourkarte, wie sie früher auch in den USA ausgetragen wurde und in Europa noch immer Standard ist, hat die PGA Tour abgeschafft”, schreibt Petra Himmel – auch wenn das so nicht korrekt ist. Denn die Q-School gibt es sehr wohl noch in den USA, doch werden dort keine Karten mehr für die PGA Tour vergeben sondern nur für die zweite Liga der web.com-Tour. Die PGA-Tour-Karten werden hingegen in einer Serie vergeben, die sich Web.com Tour Finals nennen. Über vier Qualifikationsturniere werden zusätzlich zu den 25 Qualifizierten über die web.com Jahresliste 25 weitere Plätze für die kommende PGA-Tour-Saison vergeben. Ein Prozess, den Frau Himmel als “deutlich fairer” bezeichnet, weil eine Q-School ja nur ein Glücksspiel ist und echte Golfer nur über eine lange Saison herausgefiltert werden, wie es die web.com Tour oder die Challenge Tour tun.
Die Ironie des Ganzen: exakt mit diesem Argument von Petra Himmel lässt sich ganz leicht zeigen, dass der neue Modus unfairer ist. Wieso? Nun, durch die Tour Finals wird das Priority Ranking bestimmt: das heißt die Reihenfolge nach der die Spieler in der kommenden Saison in Turniere rutschen können. Je höher man platziert ist, desto mehr Turniere kann man spielen. Abgesehen vom Gewinner der regulären web.com-Tour werden alle anderen 49 Plätze durchgewürfelt, was dazu führt, dass im letzten Jahr beispielsweise der achtbeste und der fünftbeste der regulären Saison am Ende auf Platz 45 und 46 durchgereicht wurden. (im alten System hätten sie die Plätze 9 und 15 belegt). Zwei exzellente Saisons verdorben durch vier willkürliche Wochen. Ja, ein wirklich faires System. Doch die steilste These der Kolumne findet sich einige Zeilen später:
Eine Veranstaltung über sechs Runden in Folge hat auch viel mit Glück zu tun, sie filtert keineswegs jene Spieler heraus, die über einen längeren Zeitraum kontinuierlich hohem Spielniveau gewachsen sind. – Petra Himmel
Wer solche Sätze heraushaut, sollte auch handfeste Belege dafür haben und nicht einfach nur willkürlich zwei Beispiele nennen (in diesem Fall Moritz Lampert und Stephan Gross auf der European Tour), die nach einem Jahr wieder ihre Karte abgeben mussten. Mich zumindest hat dieser Satz stutzig gemacht, weshalb ich ihn überprüft habe. Das Ergebnis? Nunja, da hier dieser Artikel steht, dürfte es klar sein.
Ausgangsbasis der Überprüfung kann natürlich nur die PGA Tour sein, auf der das Qualifikations-System nun mal geändert wurde. Wenn das neue System wirklich bessere Spieler herausfiltert, müsste sich das in diesem Jahr an der Zahl der gehaltenen Tourkarten zeigen. Natürlich kann man als Vergleichswert nicht alle 50 Spieler nehmen, die eine Tourkarte gewonnen haben – schließlich haben die Top 25 der web.com-Tour auch schon im alten System ihre Tourkarte bekommen. Vergleichen muss man daher die 25+ Spieler, die sich früher über die Q-School qualifiziert haben und die 25 Spieler, die erst durch die web.com Tour Finals ihre Karte erhalten haben. Von diesen 25 Spielern haben im Jahr 2014
- fünf Spieler die Top 100 der Geldrangliste erreicht: Seung-yul Noh (43.), Will MacKenzie (44.), Russell Knox (67.), Ryo Ishikawa (77.) und Billy Hurley III. (83.)
- ein weiterer Spieler die Tourkarte gehalten: Troy Merritt (102.)
- sechs Spieler die eingeschränkte Tourkarte gehalten: Ricky Barnes (126.), Bud Cauley (129.), Brad Fritsch (140.), Heath Slocum (141.), Andrew Loupe (142.) und Hudson Swafford (146.)
Und wie sah es im Jahr zuvor aus als die 26 Tourkarten noch quasi nach dem Lotto-System willkürlich verteilt wurden:
- sechs Spieler haben die Top 100 der Geldrangliste erreicht: Billy Horschel (13.), Patrick Reed (35.), Matt Jones (48.), Derek Ernst (66.), Richard H. Lee (89.) und DH Lee (95.)
- zwei weitere Spieler haben die Tourkarte gehalten: Steven Bowditch (118.) und Erik Compton (122.)
- sechs Spieler haben die eingeschränkte Tourkarte gehalten: Chez Reavie (126.), Scott Langley (127.), Fabian Gomez (128.), Brad Fritsch (142.), Robert Karlsson (143.) und Tag Ridings (147.)
Nicht nur haben mehr Spieler es geschafft, die Tourkarte zu halten, die Platzierungen waren auch allesamt deutlich beeindruckender mit insgesamt drei Toursiegern (verglichen mit einem in 2013). Natürlich kann man jetzt völlig zurecht einwenden, dass 2012 viele Spieler noch panisch schnell ins Profilager gewechselt sind um nicht ein Jahr später den Umweg über die zweite Liga nehmen zu müssen wodurch das Niveau in dem Jahr außergewöhnlich hoch gewesen ist. Nun gut, gehen wir noch ein Jahr zurück zur Q-School 2011 als sich 29 Spieler für die PGA-Tour-Saison 2012 qualifizierten:
- zehn Spieler haben die Top 100 der Geldrangliste erreicht: John Huh (28.), Seung-yul Noh (49.), Charlie Beljan (63.), William McGirt (74.), Harris English (79.), Sang-moon Bae (83.), Greg Owen (85.), Brian Harman (87.), Daniel Summerhays (92.) und Bob Estes (99.)
- vier weitere Spieler haben die Tourkarte gehalten: Colt Knost (109.), Will Claxton (117.), Roberto Castro (118.) und Jeff Maggert (123.)
- fünf Spieler haben die eingeschränkte Tourkarte gehalten: Alexandra Rocha (131.), Richard J. Lee (138.), Vaughn Taylor (139.), Bobby Gates (141.) und Brendon Todd (150.)
Siehe da: Im Jahr zuvor war die Qualitäts-Aussiebung durch die Qualifying School also noch besser. Vielleicht wird, wenn man noch weiter zurück geht, irgendwann ein Jahr kommen, in dem weniger Spieler die Karte gehalten haben als 2014. Fakt ist aber eindeutig, dass die Aussage, das neue System sei fairer und würde bessere Spieler herausfiltern, vorne und hinten nicht haltbar ist. Dabei hatte Petra Himmel theoretisch eine richtige Idee, wie vor einigen Jahren an dieser Stelle schon stand. Das Problem ist nur, dass das neue System einfach noch schlechter ist, als die traditionelle Q-School. Einerseits wegen der oben beschriebenen Verwässerung des Priority Rankings, andererseits weil es hochtalentierten Jungstars ein Jahr ihrer Karriere raubt da sie den Umweg über die web.com-Tour gehen müssen, statt direkt via Qualifying School ihre Qualitäten auf der PGA Tour zeigen zu können. Ein Grund, warum exzellente Spieler wie Brooks Koepka oder Peter Uihlein lieber erst einmal nach Europa gegangen sind statt sich dieses ach so faire System anzutun.