Ein Abend mit Carlo Knauss und Irek Myskow

Es soll noch Mönche geben, die sich mit Schlägen auf den Rücken selbst kasteien. Wenn es in ihren Abteien einen Fernsehanschluss gäbe, würden sie vermutlich die deutschsprachigen Golfübertragungen von Premiere in ihr Leidensprogramm aufnehmen. Für gewöhnlich schalte ich sofort auf den englischen Kommentar sobald ich Premiere einschalte, aber für die Auftaktrunde des Masters habe ich mich gezwungen, einen Abend lang Carlo Knauss und Irek Myskow zuzuhören. Es hat sehr viel Selbstdisziplin gekostet, die Finger von der Fernbedienung zu lassen.

Den ersten Faux Pas des Abends leistete sich die Grafik-Abteilung von Premiere, die mit ihrem DeLorean einen Tag in die Zukunft geflogen ist und die Übertragung als “US Masters. Augusta. 2. Runde” ankündigte. Doch wenn Carlo Knauss eines nicht mag, dann wenn ihm jemand anderes die Show stiehlt. Und so verkündete er nach einer Minute, Augusta sei “die Stätte des größten Erfolgs von Bernhard Langer, dem größten Golfer aller Zeiten.” Das folgende laute Geräusch war das heftige Rotieren von Ben Hogan, Byron Nelson, Bobby Jones und Sam Snead in ihren Gräbern (Tiger Woods und Jack Nicklaus wollten sich anschließend nicht zu dem Vorfall äußern). Danach verkündete Knauss die sensationelle Nachricht, dass Alt-Champion Larry Mize nach 16 gespielten Löchern bei 5 unter Par liegt. Dumm nur, dass die Grafik ihn wenige Sekunden früher schon mit 17 absolvierten Löchern auswies. Ein Problem, das sich wie ein roter Faden durch den Abend zog, denn Premiere hat seinen Kommentatoren aufgrund der Sparmaßnahmen offenbar nur einen C 64 in die Reporterkabine gestellt. Jedes Birdie und Bogey von Martin Kaymer meldeten Knauss und Myskow mit 20-30 Minuten Verspätung (im Vergleich zur Scorekarte auf der offiziellen Masters-Seite). Erst um 0.34 Uhr, nach zweieinhalb Stunden Übertragung, merkte Myskow, dass die Ergebnisse, die er verkündet vielleicht, nicht ganz so aktuell sind, wie er dachte.

Der zweite Running Gag des Abends war die völlige Ahnungslosigkeit Carlo Knauss bezüglich Gary Player. Offenbar völlig überrascht, dass der südafrikanische Ex-Champion desöfteren gezeigt wurde, fabulierte der unvorbereitete Kommentator davon, dass Player Jahr für Jahr entscheidet, ob er noch einmal das Masters spielt. Dass Players diesjähriger Auftritt sein letzter als Spieler beim Masters sein wird, ist ja auch nur kreuz und quer durch die Presse gegangen. Auch mit seiner Aussage, dass Players letzter Masters-Sieg (1978) der am längsten zurückliegende aller Teilnehmer ist, lag Knauss zielsicher daneben. Raymond Floyd gewann 1976 das erste und einzige Mal das Masters.

Offensichtlich hat sich das dynamische Duo Knauss und Myskow mehr darauf konzentriert, Phrasen aufzuschreiben, als tatsächlich über die Spieler zu recherchieren. Einige Beispiele gefällig?

    “Man braucht inzwischen auch lange Schläge um hier bestehen zu können” (im Gegensatz zu den 40ern, wo man nur mit dem Putter über den Platz ging)

    “Birdies und Eagles bringen einen nach vorne, ein Ball im Wasser Bogey oder Doppelbogey” (gut zu wissen)

    “Es gibt einen Unterschied zwischen der japanischen Tour und einer Welttour” (wirklich?)

    “Wenn man diese Fehler macht, muss man schauen, dass man die Grüns auf der richtigen Seite verfehlt” (ich werde mich bemühen, meine Fehler in Zukunft zu kontrollieren)

    “Der hätte genauso gut reingehen können” (ja, wenn er ihn anders gespielt hätte)

Das wäre alles halb so schlimm, wenn sie beim Ablesen ihrer Floskeln nicht die Augen fürs aktuelle Spielgeschehen verlieren würden. So zeigte das Weltbild Chad Campbell, als er sich mit seinem vierten Birdie in Folge auf neun unter Par verbesserte. Als kurz danach das Leaderboard eingeblendet wurde, rief Knauss plötzlich völlig überrascht: “Unglaublich. Chad Campbell jetzt schon bei 9 unter Par.”
Ist ja auch viel interessanter, andere Nationalitäten zu beleidigen, als übers Spielgeschehen zu berichten. Anlass war die Schwungtechnik von Jeev Milkha Singh. Zugegeben hat der Inder nicht wirklich den elegantesten Schwung, aber das hat Jim “die Schleife” Furyk auch nicht. Daher ist es etwas gewagt, die Gründe dafür darin zu sehen, dass in Indien das “Wissen über Technik nicht so verbreitet ist”. Jaja, immer diese Dritte-Welt-Länder. Zu blöd nur, dass es in Indien den ältesten Golfclubs außerhalb Großbritanniens gibt und dort mit Singh, Arjun Atwal, Jyoti Randhawa, S S P Chowrasia und Shiv Kapur gleich 5 Spieler eine European-Tour-Karte haben. Und wieviele haben wir Deutsche?

Okay, eine unbedachte Äußerung muss man nicht gleich auf die Goldwaage legen und mangelnde Recherche kann jedem mal passieren (auch wenn es ziemlich peinlich ist, Louis Oosthuizen – dem sechstplatzierten im Race to Dubai – ein “alles andere als rosiges” Jahr zu unterstellen). Dafür sind Carlo Knauss und Irek Myskow immerhin in Golfdingen unfehlbar. Mit dem scharfsinnigen Auge eines Teaching Pros analysiert Knauss, dass das eben ausnahmsweise mal ein stabiler Schwung von Tiger Woods gewesen ist. Dass er zwei Stunden später feststellt, wie “extrem gut ausgebildet der Schwung von Tiger ist”? Schwamm drüber. Denn bald darauf “zeigt Zach Johnson, wie er vor zwei Jahren das Masters gewonnen hat”, als er an der 15 mit dem zweiten Schlag wenige Meter neben der Fahne liegt. Ach, 2007 hat Zach Johnson nicht ein einziges Par 5 angegriffen?

Alles Pille Palle, denn immerhin hat Premiere dieses Jahr eine Weltsensation zu bieten. Man hat den “Next Uri Geller” in der Reporterkabine. Denn Irek “absoluter Wahnsinn” Myskow ist in der Lage, die Gedanken von Tiger Woods zu lesen. “Der gefällt ihm”, sagt Myskow – und Tigers Ball landet 20 Meter hinterm Grün. Dafür ist der folgende Chip von Tiger, der am Ende vom Grün rollt, “Klasse gespielt! Klasse gespielt!” Gedankenleser Myskow wusste vermutlich einfach, dass das genau der Ball ist, den Woods in dieser Situation spielen wollte.
Aber das alles nehmen wir Golffans doch gerne in Kauf. Denn wie sagte Carlo Knauss so schön: “3 1/2 Stunden Masters ist alles was angeboten wird. Mehr gibt es weltweit nicht zu sehen”. Danke Premiere. Dass die BBC im Internet und via ihres Red-Button-Angebotes zusätzlich sechs Stunden von Amen Corner zeigt, widerspricht der Aussage von Carlo Knauss übrigens keineswegs. Die Briten haben schließlich auf der Welt noch nie eine Bedeutung gehabt – schon gar nicht beim Golf.

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