So langsam komme ich mir vor, wie das Bildblog für Golfzeitschriften. Eigentlich kann es mir ja egal sein, wenn die Kollegen irgendwelchen Blödsinn verzapfen. Doch unglücklicherweise gibt es immer wieder Golfer, die den dort niedergeschriebenen Unsinn für bare Münze nehmen und es dann auch noch in den Clubhäusern unserer Nation weiterverbreiten. Und wenn man es dann wagt, die Erzählung anzuzweifeln, kommt als Antwort: Aber es stand doch in der Golf(…), also muss es wahr sein. Jüngstes Beispiel ist ein Leserbrief aus der Golf Time-Ausgabe Juli/August 2009. Ein Anton Pohl schreibt dort via e-mail:
Ein Leserbrief, der mich doch sehr überrascht hat. Denn obwohl ich täglich die Golfnachrichten dieser Welt abklappere, hatte ich von dieser Strafe noch nichts gehört. Na gut, man kann ja nicht allwissend sein, und wenn die Redaktion der Golf Time dazu keine gegenteilige Stellungnahme abgibt, wird schon was Wahres dran sein. Oder etwa nicht? Denn wenn man sich den Leserbrief durchliest, gibt es mehrere Stellen, an denen die Alarmglocken schrillen.
Fangen wir doch mal an mit dem interessanten Konstrukt USPGA, das in dieser Form so nicht existiert. Offensichtlich hat hier jemand die PGA of America und die USGA zusammengeworfen. Beide haben in diesem Fall allerdings keine Handhabe. Die einzige Organisation, die Sanktionen ausgesprochen haben könnte, ist die PGA Tour. Allerdings gibt es da ein kleines Problem: Wenn Herr Pohl nicht zufällig im Board der PGA Tour sitzt, kann er von einer Strafe nichts wissen. Denn es ist Politik der PGA Tour, verhängte Strafen gegen Spieler nicht öffentlich zu machen. Bestes Beispiel dafür ist die Auszeit von John Daly auf der PGA Tour. Zwar hat John Daly gesagt, dass er sechs Monate gesperrt wurde. Die PGA Tour hat dies aber bis heute nicht bestätigt.
Der zweite Fauxpas in der mail sind die “Anrufe empörter TV-Zuschauer”. Denn welcher TV-Zuschauer beschwert sich beim Sender über etwas, das überhaupt nicht im Fernsehen zu sehen war? Als jemand, der die CA Championship komplett live verfolgt hat, kann ich nicht bestätigen, dass der nackte Stenson im TV zu sehen war. Darüber hinaus gibt es zu der Unterhosen-Aktion selbst im Internet nur den Fotobeweis, Bewegtbilder waren trotz intensiver Recherche und verschiedenen Gerüchten über die Existenz eines Videos nirgends zu finden. Hinzu kommt, dass bei “moralischen Verstößen” im US-Fernsehen die Federal Communications Commission tätig würde, die beispielsweise für Janet Jacksons Nipplegate dem übertragenden US-Sender 500.000 Dollar Strafe aufdrückte. Aber auch dieser Weg ist eine Sackgasse, die FCC trat nicht auf den Plan. Daher kann ich hier mit hundertprozentiger Gewissheit den Leserbrief von Herrn Pohl ins Reich der Fabel verweisen. Denn selbst wenn man diesen aufwändigen Weg der Widerlegung nicht gehen will, sollte einem der gesunde Menschenverstand sagen, dass selbst die Amerikaner keinen Verstoß gegen die Etikette auf dem Golfplatz mit 120.000 Dollar Strafe belegen würden.