Masters Countdown. Teil 6: Augusta im Zweiten Weltkrieg

Die Anfangstage waren für Bobby Jones und sein Augusta National nicht gerade einfach. Die Mitgliederzahlen waren gering, und das Masters Turnier entwickelte sich zu einem Zuschussgeschäft, weil die Zuschauereinnahmen nicht einmal die Kosten deckten. Doch Ende der 30er Jahre zahlte sich die kontinuierliche Arbeit aus. 1939 verzeichneten die Zuschauerzahlen erstmalig eine steigende Tendenz und ein persönlicher Bittbrief an die Mitglieder führte zu einem sprunghaften Anstieg bei den Beitragszahlern. Doch dann bombardierten die Japaner Pearl Harbor, zogen die USA in den Zweiten Weltkrieg und stellten auch Augusta National vor neue Herausforderungen.

Lange überlegten Bobby Jones und Club-Präsident Clifford Roberts, wie man das Masters-Turnier fortführen kann, ohne bei der veränderten Weltlage das eigene Image zu beschädigen. Sollte man das Preisgeld in Kriegsanleihen auszahlen? Oder für jedes Birdie dem Roten Kreuz spenden? Schlussendlich entschloss man sich, etwas fürs Unterhaltungsprogramm zu tun, und legte mit Teilen der Turniereinnahmen im nahegelegenen Camp Gordon eine Driving Range und ein Putting Green an. Frei nach einem bekannten Sprichtwort ließ der Club in einer Pressemitteilung verlauten “Wenn der Soldat nicht zum golfen kommen kann, kommt Golf eben zum Soldaten.” Dazu verpflichtete man die Masters-Teilnahmer Golfstunden in Camp Gordon zu geben.

Dass man das Masters 1942 nicht absagte, wurde zum Glücksfall für den Sport. Byron Nelson und Ben Hogan lieferten sich ein packendes Kopf-an-Kopf-Duell, lagen nach 72 Loch bei acht unter Par und mussten ins Stechen (was zur damaligen Zeit noch in einer vollen Runde geregelt wurde). Mit einer 69er-Runde gewann Nelson am nächsten Tag mit einem Schlag Vorsprung. Lange Zeit sah es so aus, als ob dies die letzte sportliche Erinnerung an Augusta National sein sollte. Denn mit Rücksicht auf die Ereignisse in der Welt und die Finanzen des Clubs, entschlossen sich Jones und Roberts des Betrieb einzustellen, wie den Mitgliedern in einem offenen Brief am 1. Oktober 1942 mitgeteilt wurde.

Um die jährlichen Instandhaltungskosten von 12000 Dollar zu decken, hoffte man auf Spenden und Kredite der Mitglieder. Als dies nicht funktioniert, schlug Bobby Jones eine radikale Idee vor: Augusta National sollte eine Farm werden. Statt Golfern sollten Rinder die Fairways bevölkern, den Graswuchs unter Kontrolle halten und dabei so fett werden, dass sie mit Profit verkauft werden konnten. 200 Rinder und über 1000 Truthähne wurden in den nächsten Jahren auf dem Augusta National Golf Course aufgezogen – hinzu kamen als dritte Einnahmequelle die clubeigenen Pekannussbäume.

Doch der erhoffte Erfolg stellte sich nicht ein. Weil die Fleischpreise eingefroren wurden, die Futterpreise nach einer großen Dürre jedoch explodierten, musste Bobby Jones – der während dieser Zeit die Geschäfte nur aus der Ferne seiner New Yorker Wohnung beobachtete – im Herbst 1944 einen Verlust von 5000 Dollar in seinen Büchern bilanzieren, der nur in Teilen vom Truthahn-Profit ausgeglichen wurden. Hinzu kamen starke Beschädigungen des Kurses durch den unersättlichen Fresstrieb der Tiere. All das führte dazu, dass Clifford Roberts in seinem jährlichen Schreiben an die Mitglieder bilanzierte, “man habe bessere Überlebenschancen als Golfclub denn als Viehzüchter.”

Also begann man Ende 1944 damit, den Platz wieder so zu präparieren, dass bis Weihnachten der Spielbetrieb wieder eröffnet werden könnte – eine Arbeit, die mit deutscher Hilfe realisiert wurde. Denn die in Camp Gordon inhaftierten deutschen Kriegsgefangenen konnten von interessierten Firmen und Einrichtungen der Region als Arbeitskräfte angeheuert werden. Und so halfen 42 Mitglieder von Rommels Afrikakorps sechs Monate lang Augusta National wieder auf Vordermann zu bringen. Viele von ihnen hatten im Krieg Panzerbrücken errichtet und setzten ihre Kenntnisse unter anderem am 13. Abschlag für den Bau einer Holzbrücke über Rae’s Creek ein, die Ende der 50er durch die heute als Nelson Bridge bekannte Steinbrücke ersetzt wurde.

Doch so gut sich die deutschen Arbeitskräfte auch ins Zeug legte, die letzten Spuren der Vergangenheit als Ranch waren noch Jahre später zu sehen. Der spätere Caddiemaster Fred Bennett, der als Junge in der Nähe des Golfplatzes aufwuchs, kann sich noch genau an diese Zeit erinnern, wie er in Interviews gerne mit einem Augenzwinkern erzählt: “Als der Krieg vorbei war, waren überall auf den Fairways tellergroße Kreise an denen das Gras etwas grüner war, weil es besonders gut gedüngt war.” Doch auch solche Schönheitsflecke konnten den Erfolg von Augusta National nicht mehr aufhalten.

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