Open Championship 2012: Statistiken und Randnotizen zur ersten Runde

Von Bogeys und Birdies

In jedem Jahr gibt es einen Wettstreit zwischen der USGA und der R&A wer den schwierigeren Golfplatz her richten kann. Dank der perfekten Scoring-Bedingungen in Großbritannien – feuchte Fairways und Grüns sowie völlige Windstille – haben die Amerikaner in diesem Jahr die Nase vorn. Lagen im Olympic Club nach der ersten Runde nur 6 Spieler unter Par, sind es in Royal Lytham 36. Nicht dass der Platz keine Tücken hätte: Von 156 Spielern, die die erste Runde in Angriff nahmen, kamen nur drei ohne Schlagverlust durch: Bob Estes (69), der Inder Anirban Lahiri (68) und Brandt Snedeker (66). Die guten Ergebnisse waren vielmehr Folge eines sagenhaften Birdie-Festivals: alleine Adam Scott versenkte auf dem Weg zu seiner 64 acht von ihnen. Gerade einmal acht Spieler konnten überhaupt kein Birdie verzeichnen: Kevin Na, Trevor Immelman, KT Kim, Tadahiro Takayama, Ian Keenan, Richard Finch, Morten Orum Madsen und…Martin Kaymer.

Tiger Tracker

Die idealen Verhältnisse brachten natürlich für viele Spieler einen individuellen Open-Rundenrekord ein. Doch die wenigsten werden sich dafür interessieren, dass Toshinori Muto seine beste Open-Runde um 7 Schläge verbesserte, alle Augen sind wieder einmal auf Tiger Woods gerichtet. Dessen 67 bedeutete die drittbeste Open-Eröffnung seiner Karriere nach einer 65 im Jahr 1998 und einer 66 im Jahr 2005. Gewonnen hat er in beiden Jahren jedoch ebensowenig wie in 2010 als er eine 67 in der ersten Runde spielte. Einzig 2000 und 2006 war eine 67 gleichbedeutend mit dem Sieg. Erstaunlich ist, dass Woods seine -3 mit 30 Putts auf der Runde spielte (Paul Lawrie brauchte nur 23) – ohne dabei einen einzigen 3-Putt zu haben.

Schnarchnase

Dass Ben Crane auf dem Platz langsam ist, ist mittlerweile bekannt. Aber auch sonst scheint der Amerikaner nicht besonders schnell zu schalten. Als Bester der Weltrangliste, der sich nicht für die Open qualifizieren konnte, führte er die Liste der Nachrücker an. Da er bereits 2009 auf diese Weise ins Feld nachrücken konnte, brüstete er sich via Twitter damit auf jeden Fall seine Chance nutzen zu wollen.



Als Robert Karlsson absagte, dachten alle Crane sei im Feld – allerdings kommt die Nachrückerliste erst in Effekt wenn das Feld unter 156 Teilnehmer ist und die waren es trotz Karlssons Absage noch. Dann jedoch zog kurz vor dem Start der Open Russ Cochran zurück. Und wer war anders als angekündigt nicht vor Ort um den Platz wahrzunehmen? Ben Crane! Und so rückte Michael H. Thompson ins Feld der Open. Als Crane das dann endlich merkte, twitterte er dieses hier:



Wie es scheint ist Crane nicht nur nicht der Schnellste, er ist auch nicht der Hellste. Zumindest den Berechnungsmodus der Weltrangliste hat er nicht kapiert. Denn da bei ihm kein Turnier aus der Wertung fällt, wird sein Divisor abrutschen.

Kopfball

Eine Schrecksekunde erlebte ein Zuschauer als Rory McIlroy an der 15 seinen Abschlag nach rechts verzog. (Video bei Deadspin), denn der Ball landete “right on the noggin”, wie der britische Kommentator es so schön formulierte. Doch auch Rory McIlroy erlebte eine Schrecksekunde nachdem er den Fan mit einem unterschriebenen Handschuh getröstet hatte: sein Ball war Out of Bounds gelandet. “Er hätte ihn ja auch in die andere Richtung köpfen können”, witzelte McIlroy nach der Runde, war dem jungen Fan aber nicht böse. Er sorgte sogar dafür, dass der 16-Jährige, der mit einem Freund zeltete, die Nacht in einem Hotel verbringen konnte.

Great Scott

17 Loch lang hatte Steve Williams perfektes Golf gespielt, doch dann verzog Adam Scott – der Mann, der die Anweisungen des Neuseeländers befolgt – an der 18 seinen Abschlag ins Gemüse und die Chance auf einen Eintrag in die Geschichtsbücher war perdu. Denn mit einem Birdie an der 18 wäre es die erste 62 der Major-Geschichte geworden. Bisher hatte es 25 63er Runden gegeben, neun davon bei der Open Championship (zuletzt Rory McIlroy 2010 in St. Andrews). Dabei blieb es auch am Donnerstag, denn Scott konnte nur ein Bogey spielen und musste sich damit trösten mit einer 64 den Platzrekord von Tom Lehman aus dem Jahr 1996 eingestellt zu haben.

Sixties Man

Ernie Els hat zwar nur einmal die Open gewonnen, aber mit seiner 67 in der ersten Runde gehört er dennoch zu den ganz Großen der Open-Historie. Denn die Auftaktrunde war die 46. Open-Runde unter Par für den Südafrikaner womit er den legendären Tom Watson passierte, der bei 45 steht. Nur noch Nick Faldo mit 53 und Jack Nicklaus mit 59 stehen vor ihm. (Tiger Woods hat bisher läppische 31 zu Buche stehen).
Noch besser sieht es für Els aus, wenn man nur die Runden unter 70 zählt. Da kommt Els auf 36. Sollte er die restlichen drei Tage auch noch unter 70 spielen, würde er in der Bestenliste Nick Faldo (37) passieren und mit Jack Nicklaus (39) gleichziehen.

Par 3 Contest

Wäre Royal Lytham & St. Annes ein reiner Par-3-Platz, würde Thorbjörn Olesen heute vermutlich die Open mit einem uneinholbaren Vorsprung anführen. Der Däne schaffte es als einziger Spieler alle vier Par 3s des Platzes in Birdie zu absolvieren. Damit war er alleine an diesen Löchern acht Schläge besser als der Australier Brad Kennedy, der sie in Bogey-Doppelbogey-Par-Bogey spielte, auf dem Rest des Platzes aber zwei Schläge besser als Olesen gewesen ist.

Leicht, leichter, Lytham

“Das hat mit Linksgolf nichts zu tun”, echauffierte sich Kommentatorenlegende Peter Alliss am Mikrofon über die weichen und windstillen Verhältnisse von Royal Lytham, die den eigentlich schwierigen Linkskurs in einen Target-Golfplatz verwandelten. Der Beweis: Weil Michael Hoey am letzten Loch ein Birdie spielte und mit einer 79 einkam, blieben alle 156 Spieler unter 80 Schlägen – zuletzt passierte dies in der ersten Runde eines Majors in Royal Birkdale 1998. Eine eindrucksvolle Serie von 55 Turnieren. Der Schlagdurchschnitt für das gesamte Feld lag bei 71,583. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 wurde die erste Runde in Lytham (damals als Par 71) noch mit einem Schlagdurchschnitt von 73,128 Schlägen gespielt. Aber auch damals schafften es nur zwei Spieler, Angel Cabrera und Simon Vale, nicht unter 80 zu bleiben.

Slow Play

Es ist wie immer: Vor dem Turnier spucken die Offiziellen große Töne sich des Slow Plays annehmen zu wollen, doch dann unternimmt niemand etwas. In einer Pressekonferenz vor der Open Championship kündigte Jim McArthur, der Turnierverantwortliche der R&A, an, das Thema Slow Play als Priorität zu betrachten. Sogar ein Zeitlimit wurde gesetzt: 4 Stunden 30 Minuten sollten die Spieler in den ersten beiden Runden maximal brauchen, 3 Stunden 45 Minuten an den Finaltagen wo sie nur noch zu zweit unterwegs sind. Doch was passierte? An einem Tag mit absoluter Windstille, ohne große Herausforderungen für die Spieler, kamen die letzten Gruppen in knapp unter 5 Stunden ins Clubhaus – Strafen wurden jedoch nicht verteilt. Nirgends wurde das Dilemma besser illustriert als nach Rory McIlroys irrgeleitetem Drive an der 15. Nachdem sich der Nordire um den verletzten Fan gekümmert hatte, minutenlang mit einem Offiziellen versuchte zu evaluieren ob der Ball Out of Bounds liegt und McIlroy zum Tee zurückkutschiert werden musste, musste die Gruppe des Weltranglistenzweiten allen Ernstes am Abschlag der 16 schon wieder auf die davor spielende Gruppe warten. Entsprechend angepisst war Rory auch: “Dieses Thema muss angegangen werden, denn die Fans wollen nicht am Fernsehen sehen wie die Jungs ewig über dem Ball stehen.” Wie wahr, Rory, wie wahr.

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