Morgen nachmittag muss Colin Montgomerie eine folgenschwere Entscheidung treffen: Welche drei Spieler nimmt er als Captain’s Picks mit zum Ryder Cup nach Celtic Manor. Bereits vor diesem Wochenende hatte der Schotte die Qual der Wahl – und seine Spieler machen es ihm mit guten Leistungen dies- und jenseits des Atlantiks nicht gerade einfacher. Eines schon einmal vorweg: Bernhard Langer wird und darf nicht zum europäischen Ryder Cup Team gehören. Erfahrung hin oder her: Nur weil jemand den Senioren (die zu 90% noch mal deutlich älter als Langer sind) die Schläger links und rechts um die Ohren haut ist er noch lange nicht eine sichere Bank im Ryder Cup – schon gar nicht auf einem extrem langen Platz, der sich bei den zu erwartenden Wetterbedingungen noch länger spielen wird. Stattdessen wird Montgomerie das folgende Dutzend auf seinem Spickzettel haben. Doch welches Trio sollte er mitnehmen? Spielen wir doch einfach mal Monti, dessen Team sicherlich bereits heute Nacht feststehen wird – ganz unabhängig davon wie die Schlussrunde in Gleneagles ausgeht.
Paul Casey
Der Engländer ist als Neunter von allen Nicht-quailifizierten Europäern der Bestplatzierte in der Weltrangliste und dazu mit drei bisherigen Teilnahmen auch einer der erfahrensten Ryder Cupper – bei einer leicht positiven Punktebilanz. Vor allen Dingen aber ist er ein herausragender Match-Play-Spezialist. Bei den letzten beiden Accenture Match Plays erreichte er jeweils das Finale und mit Platz 12 nach drei Runden beim Barclays zeigte er auch aktuell starke Form. An Paul Casey wird kein Weg vorbei führen.
Rhys Davies
Der Heimvorteil ist der einzige Grund, dass der Waliser überhaupt noch im Rennen ist. Vor einigen Monaten hatte er eine gute Phase, doch die brach genauso schnell wieder ab. In den letzten zwei Monaten fuhr er gerade mal 7 Weltranglistenpunkte ein und sein aktueller 45. Platz in Gleneagles ist auch nicht gerade ein Empfehlungsschreiben. Davies wird den Ryder Cup nur als Zuschauer erleben – aber immerhin ist sein Anfahrtsweg nicht weit.
Luke Donald
Kann Colin Montgomerie wirklich jemanden zu Hause lassen, der in den Top 10 der Weltrangliste steht? Dass Luke Donald keinen Platz sicher hat spricht für die Dichte der europäischen Spitzenspieler. Ein schlagkräftiges Argument für den Engländer ist sicherlich seine Ryder-Cup-Bilanz. Bei seinen zwei bisherigen Teilnahmen gewann er 79% der möglichen Punkte – Spitze aller Kandidaten für den Captain’s Pick. Hinzu kommt, dass er als 5. der Worlds Point List eigentlich der erste automatische Nachrücker sein sollte und wenn Montgomerie darauf bestanden hätte sogar nach Gleneagles gekommen wäre um seinen Platz zu sichern. Kaum vorstellbar, dass ihm Monti dann noch in den Rücken fällt.
Simon Dyson
Der potentielle Ryder-Cup-Rookie ist aktuell Dritter in Gleneagles. Sollte er das Turnier gewinnen, dürfte er als automatisch Qualifizierter ins Team aufrücken. Verpasst er den Sieg, sollte er jedoch nicht allzu viele Hoffnungen auf einen Captain’s Pick setzen. Neun der anderen Kandidaten stehen in der Weltrangliste vor ihm und in den letzten zwei Monaten fuhr er lediglich 18 Weltranglistenpunkte ein.
Padraig Harrington
Bereits fünf Mal durfte Harrington die europäischen Farben beim Ryder Cup vertreten. Diese Erfahrung ist sein großer Vorteil im Rennen um einen Captain’s Pick, weshalb er bei den Wettbüros auch als sichere Wahl gilt. Wenn man sich jedoch die nüchternen Zahlen anschaut, ist es vielleicht besser wenn der Ire daheim bleibt. Gerade einmal 40% der möglichen Punkte verschaffte er Europa, und seine Matchplay-Schwäche wird auch beim Accenture Match Play deutlich, wo er regelmäßig in der ersten Runde raus fliegt. Hinzu kommt, dass er Montgomerie erst in diese Kandidaten-Zwickmühle gebracht hat: Nur wenige tausend Euro hinter einem festen Platz im Team liegend, zog Harrington einen Start in den USA dem Start in Gleneagles vor – und brachte so Spieler ins Team, die nicht in den Planungen von Montgomerie einkalkuliert waren. Eine Nicht-Berücksichtigung wäre nur die gerechte Konsequenz.
Robert Karlsson
Der Schwede kämpft sich nach seiner langen Verletzung langsam wieder zurück und zeigte bei seinem World Cup Sieg 2008 mit Henrik Stenson, dass er ein guter Vierer-Spieler ist. Hinzu kommt, dass mit Peter Hanson ein Landsmann im Team steht. Doch bei seinen zwei bisherigen Teilnahmen konnte Karlsson nur 43% der Punkte eintüten. Wenn er noch Chancen auf einen Captain’s Pick gehabt hat, hat er sie mit dem verpassten Cut in Gleneagles endgültig verspielt.
Martin Laird
Ein interessanter Name, der erst seit gestern wieder im Rennen ist. Weil er kein Mitglied der European Tour ist, hatte Martin Laird keine Chance sich direkt für den Ryder Cup zu qualifizieren. Jetzt führt er plötzlich das großartig besetzte The Barclas in den USA an – nachdem er Ende letzten Jahres bereits schon einmal ein Turnier auf der PGA Tour gewann. Zu gerne würde Colin Montgomerie einen Landsmann ins Ryder-Cup-Team hieven. Doch da Laird vor seiner überraschenden Führung in den Gedankenspielen von Monti kaum noch stattfand, dürfte das Aufbäumen zu spät kommen.
Ross McGowan
Lange Zeit hielt McGowan einen festen Platz im Ryder-Cup-Team inne, dann ging es bergab. Grund war eine Handverletzung wegen der er jetzt auch nach der ersten Rund ein Gleneagles zurückzog. Die schwache Form zuletzt und die unsichere Gesundheitssituation dürfte einen Captain’s Pick ausgeschlossen machen.
Edoardo Molinari
Nachdem Montgomerie vor zwei Jahren Nick Faldo dafür scholt, dass dieser zu wenig auf European-Tour-Spieler setzte, kann Monti es kaum bringen drei Spieler der PGA Tour als Captain’s Picks zu benennen. Seine Rettung heißt Edoardo Molinari. Gemeinsam mit seinem Bruder Francesco, mit dem er schon den World Cup gewann, wäre er ein eingespieltes und herausragendes Vierer-Team. Kein anderer Kandidat spielte in den letzten zwei Monaten besseres Golf und mehr Weltranglistenpunkte (113,7) ein – und dazu zeigt er mit seinem aktuell zweiten Platz weiterhin starke Form. Wenn Montgomerie den sechsten der World Points List nicht mitnimmt, gehört ihm das Amt entzogen.
Alvaro Quiros
Martin Kaymer hätte seinen Kumpel Alvaro gerne dabei, aber machen wir uns nichts vor: dieses Szenario ist mehr als unwahrscheinlich. Es gibt eigentlich nichts, was für den Spanier spricht: Er ist ein Rookie, holte in den letzten zwei Monaten nur 22 Weltranglistenpunkte, dümpelt in Gleneagles auf Platz 53 rum und flog beim Accenture Match Play zwei Mal in der ersten Runde raus. Da die Amerikaner mit Powerhitter antreten wird Montgomerie Celtic Manor sicherlich so präparieren, dass man ihn nicht überpowern kann – schlecht für Alvaro.
Justin Rose
Unglaublich, aber ewei Siege auf der PGA Tour könnten für eine Ryder-Cup-Teilnahme zu wenig sein. Roses Matchplay-Bilanz ist durchwachsen: 2007 erreichte er beim Accenture Match Play das Viertelfinale, danach flog er zwei Mal in der ersten Runde raus. Bei seiner einzigen Ryder-Cup-Teilnahme holte er zwar 75% der verfügbaren Punkte, die meisten davon aber an der Seite des damaligen Überfliegers Ian Poulter. Mit seiner starken dritten Runde beim Barclays hat er Montgomerie noch einmal gezeigt was er kann. Aber Roses totale Konzentration auf die USA könnte ihm für einen in Europa stattfindenden Ryder Cup zum Verhängnis werden.
Oliver Wilson
Beim letzten Mal rutschte Oliver Wilson überraschend ins Ryder-Cup-Team und gab dort eine gute Figur ab. Offensichtlich plant er dieses Jahr ähnliches, wie sein aktuell dritter Platz in Gleneagles zeigt. Doch das ist nur ein leichtes Aufflackern seiner Kunst. Gerade einmal 11 Weltranglistenpunkte konnte er in den letzten acht Wochen seinem Konto gut schreiben. Angesichts der Alternativen ist es schwer vorstellbar, dass Wilson dieses Jahr wieder für Europa antritt.
Wenn ich Colin Montgomerie wäre… würde ich Paul Casey, Edoardo Molinari und Luke Donald mitnehmen.
Da ich aber nicht Colin Montgomerie bin… fürchte ich, dass Padraig Harrington letztlich statt Edoardo Molinari mitkommen wird.