Barrierefreies Golf

Arizona Sedona

In Sachen “Wie generieren wir mehr Golfspieler” fühle mich inzwischen wie eine tibetanische Gebetsmühle, aber man kann es eigentlich nicht oft genug sagen, schreiben und schreien: Wer hierzulande auf den Platz möchte, dem wird noch immer das Leben schwer gemacht. Beispiele gefällig? Sehr gerne.

Der Klassiker: die Platzreife

Die Platzreifeprüfung ist ein grausames Relikt deutscher Bürokratie. Sie gehört abgeschafft. Der “Führerschein” für Neu-Golfer soll dafür sorgen, dass diese ein Minimum an golferischen Können an den Tag legen, die Regeln und die Etikette kennen. Soweit die Grundidee. Und die Realität? Bullshit.

Die Platzreife erhält, wer einen entsprechenden Kurs absolviert und/oder den Teaching-Pro ordentlich bucht. Eine wirklich ernstzunehmende Prüfung findet in den meisten Fällen nicht statt. Einen Schutz vor Hackern, Schummlern und Trödlern stellt die PE in keinem Fall dar. Vielmehr ist das ganze nur eine großangelegte Geldbeschaffungsmaßnahme. In Großbritannien und den USA erntet man beim Thema Platzreife deshalb nur verständnisloses bis mitleidiges Kopfschütteln.

Die Blockade: der DGV-Ausweis

Geld stinkt nicht, heißt es. Trotzdem wollen die meisten deutschen Golfclubs es offiziell nicht mehr von mir haben. Warum? Ich bin in diesem Jahr nur passives Mitglied meines Vereins. Damit habe ich mein volles Spielrecht verwirkt und darf sage und schreibe viermal im Jahr gegen Greenfee in meinem Heimatclub aufteen.  Man verzichtet also freiwillig auf weitere Kohle aus meiner Tasche.

Ein Kumpel von mir ist ein ehemaliger Jugend-Auswahlspieler. Sein letztes offiziell geführtes Handicap war ein einstelliges. Trotzdem darf er in vielen Clubs dieses Landes kein Geld für eine Runde Golf ausgeben. Er ist nicht im Besitz eines DGV-Ausweises.

Dementsprechend bringen wir unsere Penunsen inzwischen regelmäßig zu einem der wenigen “Public Courses” im Speckgürtel von Hamburg. Dort fragt niemand nach PE oder DGV-Ausweis, sondern nur nach der Greenfee.

Auch hier lohnt sich der Blick ins Ausland: Ich habe in den USA, Großbritannien und sonst wo auf der Welt inzwischen eine Menge Plätze gespielt. Einen DGV-Ausweis oder den Nachweis einer Clubmitgliedschaft wollte bislang niemand sehen.

Die Angst vieler deutscher Clubs, dass ihnen die Mitglieder weglaufen, wenn man sich gegenüber den hologramm-freien Menschen öffnet, teile ich nicht. Warum mögliche Greenfee-Mehreinnahmen immer klein gerechnet werden, ist mir auch ein Rätsel. Gott sei dank,  gibt es inzwischen einige namhafte Clubs, die zwar nach außen hin die DGV-Treue beschwören, aber in der Praxis gerne auch Graugolfer auf den Platz lassen. Schöner wäre es allerdings, wenn diese Clubs mal die Klappe aufmachen würden – und klar kommunizieren, was bei ihnen Sache ist.

Das Handicap: das Handicap

Nur mit einem vom DGV anerkannten Handicap darf man hierzulande bei den meisten Turnieren antreten. Dessen Berechnung ist inzwischen so aufgebläht und voller wenn und aber, dass man nur noch debil grinsen kann. Wieder ein Fall von furchtbarer Bürokratie. Und auch hier wieder der Zwang, irgendwo einzutreten. “Irgendwo” ist dabei relativ, denn ein Handicap darf nur von einem ordentlichen Mitglied des DGV beziehungsweise der VcG (an der der DGV kräftig mitverdient) verwaltet und vergeben werden. Und ordentliches Mitglied im DGV darf nicht jeder werden. Siehe hier.

Zum Vergleich: Der USGA, dem US-amerikanischen Gegenstück zum DGV, reichen zehn Kumpels aus, die ihren eigenen Club gründen wollen und von denen mindestens einer an einer Handicap-System-Schulung (geht auch online bei der USGA) teilgenommen hat. Einen eigenen Golfplatz (oder einen Nutzungsvertrag mit diesem) muss keiner der Kapeiken besitzen.

Das US-Handicap-System verhält sich übrigens in Sachen Verständlichkeit zum deutschen Gegenstück wie ein Flaschenöffner zum Flux-Kompensator. Aber das nur nebenbei.

Apropos: Für deutsche Clubs ist die VcG ungeliebte Konkurrenz, die ihnen die Mitglieder wegnimmt. Doch das Problem ist auch ein wenig hausgemacht. Wenn die hiesigen Golfplatzbetreiber reine Handicap-Mitgliedschaften anböten (und diese nicht verschämt als Fernmitgliedschaften titulieren), dann würde man der VcG die geschäftliche Grundlage entziehen – und im Idealfall im Laufe der Zeit neue Vollmitglieder gewinnen. Denn – Achtung, Überraschung! – wer ständig auf Greenfee spielt, stellt schnell fest, dass eine reguläre Mitgliedschaft auf Dauer betrachtet meist günstiger ist.

Und das Ganze noch einmal in aller Kürze:

1.)   Weg mit der Platzreife!

2.)   Menschen ohne Clubmitgliedschaft auf die Runde lassen!

3.)   Einfache und preiswerte Handicap-Führung anbieten!

Fortsetzung folgt. Das nächste Mal zum Thema “Rohrkrepierer Schulgolf”.

  1. Ich bin durchaus ür eine Platzreifeprüfung, allerdings nicht in der aktuellen Form. Denn im gelobten Land (Schottland) bin ich einige Male von blutigsten Anfängern auf public courses fast abgeschossen worden, das ist mir hier noch nie passiert.
    Den Handicapquatsch kann man auch nur bedingt dem DGV in die Schuhe schieben, denn der kommt von der EGA, oder? Da sind die Amis im Vorteil. Lustiger Nebeneffekt des US Systems: während hierzulande alle einstellug werden wollen, gibt es dort eher den Hang zum Sandbagging, weil es viel mehr private Zockerrunden gibt. Und mit dem US System sind diesem Betrug natürlich Tür und Tor geöffnet.
    Aber ansonsten hast Du Recht, das ist echt lächerlich, was hierzulande für ein Bohai ums Golf gemacht wird.

    1. Ich bin hier auch schon abgeschossen worden. Und zwar von “bloody” Fortgeschrittenen. :-) Welche Form der Platzreife schwebt dir denn vor?
      Beim Handicap stößt mir hauptsächlich der sanktionierte Umgang in Bezug “Wer darf es verwalten und ausgeben” übel auf. Da hätte der DGV durchaus die Möglichkeit, das zu vereinfachen. Liegt allerdings nicht im Interesse der Verantwortlichen. Der DGV ist halt kein Verband der Golfspieler, sondern der Golfanlagen. (und außerdem bringt die VcG so tolle Überschüsse ins Haus) :-)

      1. Naja, so wie es bei uns früher war: man ging mit dem Pro 9 Loch übern Platz und musste ihm demonstrieren, daß man ready golf spielen konnte (Score erst am nächsten Abschlag aufschreiben, auf dem Weg zum Ball überlegen, welcher Schläger es sein soll, Karre/Bag am Weg zum nächsten Abschlag abstellen etc.), die Etikette drauf hatte (nicht mit der Karre übers Vorgrün, oder zwischen Grün und Grünbunker durch, Pitchmarken ausbessern etc.) und maximal Doppelpar pro Loch spielte.

        1. Aber so ist offiziell auch heute gedacht – nur überprüft das keiner. Und es ist den meisten auch scheißegal. Dann kann man es auch lassen.

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