Frauen gehören vom Golfplatz verbannt! Nein, keine Angst. Das hier wird kein Macho-Artikel gegen weibliche Golfer. Die Dame, die mir den Aufenthalt auf Sylt vermieste, war keine Golferin sondern ein Sturmtief. Mit weit über 100 km/h raste Imogen im September über die Insel und verblies tagelang jeden Gedanken an Golf. Ärgerlich, wenn man eine Wohnung bezogen hat, die nur einen Driverschlag vom Golfplatz Budersand entfernt liegt. Die im Juli 2008 eröffnete Anlage hat sich schnell einen herausragenden Ruf erworben. Schließlich kommt man nirgendwo in Deutschland dem Erlebnis von echtem Linksgolf so nahe wie hier. Glücklicherweise schien an einem der sieben Tage dann doch noch die Sonne, so dass das Einpacken der Golfschläger am Ende nicht ganz vergebens war.
Es wäre auch eine Schande gewesen diesen Platz zu verpassen, denn so etwas bekommt man hierzulande nur sehr selten geboten. Eingebettet zwischen zwei unter Naturschutz stehenden Dünen, die zahlreiche Out-of-Bounds-Zonen erforderlich machten, ließ Architekt Rolf-Stephan Hansen für sein erstes eigenes Design eine aufregende Dünenlandschaft entstehen. Denn auch wenn der Platz aussieht, als sei diese Landschaft schon ewig vorhanden, ist sie ein komplett künstliches Design. Bis vor kurzem war dies noch das Reich der Bundeswehr. 28 Gebäude wurden für den Platz abgerissen – leider hat man einige übrig gelassen. Die zu Jugendheimen und Appartements umfunktionierten ehemaligen Kasernen sorgen an einigen Stellen des Platzes für einen nicht ganz so ansehnlichen Hintergrund. Nach Loch 4 muss man sogar kurzfristig das Gelände des Golfplatzes verlassen und durch eine solche Anlage zum fünften Tee wandern.
Ein anderer Kompromiss aufgrund des geringen Platzes (42 Hektar standen insgesamt zur Verfügung) und zugunsten der Natur ist das Fehlen einer Drivingrange. Zwei Fangnetze am Clubhaus sind die einzige Möglichkeit, ein paar Bälle vor der Runde zu schlagen. Dazu gibt es direkt gegenüber dem Pro Shop ein kleines, aber feines Putting Green. Von hier hat man nicht nur einen spektakulären Blick über die Nordsee sondern auch über den größten Teil des Platzes. Und bereits hier beginnt einem das Wasser im Munde zusammenzulaufen.
Danach geht es einen schmalen Weg hinunter zum Starterhäuschen, das hier auch immer besetzt ist. Denn in Budersand konzentriert man sich voll und ganz auf Greenfee-Spieler, eine Mitgliedschaft ist nicht möglich. Derart beäugt wird die erste, ohnehin nicht leichte Spielbahn, zu einer echten Herausforderung. An dem 370 Meter langen, leicht nach links knickenden, Bergauf-Par-4 lauert links Aus und geradeaus ein Bunker. Hat man das Fairway gefunden, ist man zuerst einmal begeistert über die Qualität des Untergrundes. Trotz beginnendem Herbst wartete dichtes, saftig grünes Gras. Und die Grüns sahen sogar noch besser aus. Ein erstes Highlight ist dann die dritte Bahn, für die man auf einen erhöhten Abschlag hinaufkraxeln muss. Die leichte Anstrengung wird mit einem spektakulären Blick und einem traumhaften (und bei günstigem Wind mit dem zweiten Schlag erreichbaren) Par 5 belohnt in dessen Fairways einige Topfbunker lauern. Knapp 100 von diesen erwarten den Spieler auf den 18 Bahnen. Sind sie um das Grün herum nur eine Herausforderung, so bedeuten sie im Fairway aufgrund ihrer Tiefe einen sicheren Schlagverlust.
Das zweite Highlight der Front-9 ist die schwierigste Bahn des Platzes. Loch 5 ist etwa 400 Meter lang, geht bergauf und endet in einem in die Budersand-Düne eingebetteten Grün – Out of Bounds wohin man blickt. Ansonsten sind die ersten 9 Löcher ansprechend, gefällig und faszinierend zu spielen, ein echtes Wow-Erlebnis bleibt allerdings aus. Das ändert sich dann allerdings auf den Back-9 gewaltig. Zum Einen, weil man der Nordsee hier näher kommt und sie besonders auf den letzten Löchern sogar das eine oder andere Mal zu sehen bekommt (die Dünen sind ein effektiver Sichtschutz). Zum Anderen weil das Design noch einmal kräftig anzieht. Ab Bahn 12 reiht sich ein Glanzstück an das Nächste. Die 12 ist ein kurzes Par 4, bei dem man entweder mit dem Drive risikoreich bis ans Ende des gut mit Bunkern verteidigten Fairways spielt, oder den Schlag ins erhöhte Grün blind spielen muss. Auch die 13, ein mittellanges Par 3, spielt sich bei rechts gesteckter Fahne blind. Denn abgesehen von einem schmalen Eingang liegt das Grün in einem gut 2 Meter hohen Dünenkessel. Es folgen ein kerzengerades, 400 Meter langes Par 4 (dank rückenwindunterstütztem 300-Meter-Drive an diesem Tag nicht wie Handicap 2 spielend), ein 100 Meter kurzes Par 3, das als Herausforderung Windanfälligkeit, zahlreiche tiefe Topfbunker und einen gut besuchten Wanderweg bietet, sowie zwei Löcher, die etwa in Drive-Entfernung von einem Burn (golfisch für Graben) durchzogen werden. Man sieht: es wurde an alles gedacht, was klassische Linksplätze auszeichnet. In erster Linie natürlich das Dünengras. Das dichte, widerspenstige Kraut ist auch die größte spielerische Herausforderung. Verirrt sich ein Ball dort, ist er zu 80% verloren. Man sollte also möglichst gerade bleiben. Wenn dies gelingt, erhält man ein herausragendes Golferlebnis, das lange in Erinnerung bleibt.
Der Reisegolfer sagt:
Nun habe ich es endlich geschafft. Ich habe den bisher einzigen 18-Loch Linkskurs in Deutschland gespielt. Zusammen mit 16 Golffreunden aus unserem Heimatclub plus ein Gast aus Sachsenwald. Das ganze war eine Low-Budget-Tour mit Schöne-Wochenend-Ticket und Linienbus auf Sylt. Man stelle sich 18 Golfer mit Tragebag unterwegs in Westerland vor. War schon witzig. Gab auch tolle Kommentare von Passanten (“Du. Guck mal. Die haben alle keinen Sex mehr…” und andere schlaue Sprüche). Aber es war schon ein tolles Bild mit 18 Golfbags auf der Friedrichstrasse neben Gosch…
Nun aber zum Hauptzweck der Tour. Der Golfplatz. Wir waren schon vom ersten Blick auf den Platz beeindruckt. Dazu muss man wissen, dass wir wahnsinniges Glück mit dem Wetter hatten. Meist blauer Himmel mit Sonnenschein (wenn Engel reisen). Das Clubhaus (ist das ein Clubhaus?) mit dem Restaurant ist auf einer Anhöhe oberhalb des Platzes. Von dort kann man den ganzen Platz überblicken. Und der Blick war toll. Auf die Schnelle fällt mir auch kein anderer Linkskurs ein, bei dem man von der Terrasse des Restaurants den ganzen Platz sehen kann (ich kenne aber auch erst 29). Das war also schon mal toll.
Der Platz an sich hat alle Eigenschaften, die einen Linkskurs ausmachen. Er hat viele Topfbunker, er hat auf den zweiten 9 ein paar Burns, er ist von Dünen umgeben und bei entsprechendem Wind kommt dieser bei fast jedem Loch aus einer anderen Richtung. Ich möchte hier nicht jedes einzelne Loch beschreiben. Man muss den Platz unbedingt selber gespielt haben, um sich ein Bild zu machen. Die Mischung stimmt auf jeden Fall. Gute Par 3 Löcher mit unterschiedlichen Längen. Kurze und längere Par 4 Löcher. Und bei einem Par 5 Loch war sogar ich (der Shorthitter) in der Lage, mit dem zweiten Schlag auf das Grün zu kommen (Loch 3). Man braucht ja mal Erfolgserlebnisse…
Was etwas negativ war, war die Spieldauer. Vom Gefühl her spielten wir recht zügig. Am Ende hatten wir aber fast 5 1/2 Stunden auf der Uhr. Das fand ich etwas viel. Aber dies war auch der einzige Kritikpunkt. Es war ein toller Tag auf einem tollen Golfplatz. Ich muss dem Architekten (Rolf-Stephan Hansen) meinen Glückwunsch aussprechen. Ein gelungenes Design. Es war immerhin der erste Linkskurs, wie ich annehme.
Nun aber noch ein paar Tipps für die, die es uns gleich tun wollen und einen Tagesausflug nach Budersand unternehmen möchten:
- Anfahrt am günstigsten von HH-Altona mit dem Schöne Wochenend Ticket der Bahn
- ab Mitte September wird das Greenfee günstiger
- von Westerland die Linie 2 bis Hörnum nehmen (Gruppen ab 5 beim Fahrer nach Gruppenticket fragen)
- Startzeit bei Tagesausflügen nicht zu spät nehmen. Könnte eng werden mit dem Fischbrötchen nachher in Westerland