John Daly hat es schon wieder getan. Heute Nacht unserer Zeit hat er bei der Australian Open mitten in der ersten Runde das Turnier abgebrochen und ist in sein Hotel zurückgekehrt. Seine eigene Erklärung für den Zwischenfall ließ er via Twitter folgen: “Mir sind die Bälle ausgegangen”. Turnierdirektor Trevor Herden sah das ein wenig anders. Was war passiert?
An Loch 10 verzog John Daly seinen Abschlag in einen Bunker. Als er weiterspielte, vergaß er eine der wichtigsten Grundregeln überhaupt: verifizieren ob der Ball wirklich der eigene ist. Er war es nicht. Nachdem er nach Notierung von zwei Strafschägen den richtigen Ball gespielt hatte kam er an das elfte Loch des Lakes Golf Club und bretterte eine Handvoll Schläge in den See auf der rechten Seite, bis ihm die Bälle ausgingen – scheinbar mit voller Absicht.
Herden, der betonte kein Antrittsgeld für Daly gezahlt zu haben, bekam durch diesen Moment eine Erleuchtung, die trotz Dalys vieler Eskapaden noch viel zu wenige Turnierveranstalter haben: “Ich würde sagen, das war das letzte Mal, dass wir John Daly hier gesehen haben.” Eine Ankündigung, der man umgehend Taten folgen ließ und Daly für die diesjährige Australian PGA Championship sperrte. Es ist nicht das erste Mal, dass Daly negativ in Australien aufgefallen ist. Vor drei Jahren schlug er während der Australian Open die Kamera eines Zuschauers gegen einen Baum und wurde anschließend wegen diesem und anderer Vergehen von der PGA Tour für ein halbes Jahr gesperrt. Ein ähnliches Vorgehen fordert Trevor Herden auch dieses Mal. “Sie [die PGA Tour] müssen sich damit befassen. Er ist ihr Mitglied und sie müssen sich in aller Ernsthaftigkeit damit auseinandersetzen. Wir können ihn leider nicht bestrafen, aber wir wollen, dass damit richtig umgegangen wird”.
Sollte die PGA Tour also John Daly erneut sperren? Im Alleingang auf gar keinen Fall! Nicht etwa, weil er so ein unverzichtbarer Baustein des Profigolfsports ist. Sondern weil Daly ansonsten die European Tour heimsuchen würde. Denn wenn es um seine Spielmöglichkeiten geht, legt Daly das Verhalten eines Parasiten an den Tag: Stirbt der eine Wirt, sucht er sich einfach einen anderen. Bereits 2009 verbrachte er seine Sperre mit vermehrten Auftritten in Europa. Und wie dankte er es der European Tour? Kaum war die Sperre aufgehoben, machte er sich vom Acker und ward ein Jahr nicht mehr in Europa gesehen. Erst 2011 startete er wieder öfter auf der European Tour – natürlich nur weil die Spielmöglichkeiten in den USA geringer wurden. Und wie immer ließ er sofort auch hier wieder verbrannte Erde zurück als er nach einer Strafe bei der Austrian Open vor Beendigung seiner Runde wutschnaubend vom Platz stürmte.
Das Schlimme ist, dass die Verantwortlichen nicht lernfähig sind. Weil Daly vor Urzeiten mal zwei Major-Turniere gewann und mit seiner Proll-Attitüde ein Liebling der Fans geworden ist, erhoffen sich Turnierveranstalter durch seine Anwesenheit mehr verkaufte Eintrittskarten. Und weil Daly ein Mitglied der PGA Tour ist, darf er diese in unbegrenzter Form in Anspruch nehmen. Obwohl er bereits seit 2007 keinen offiziellen Status mehr auf der PGA Tour hat, bekommt er noch immer unzählige Sponsoreneinladungen. 18 Turniere hat er, der 2010 in der Geldrangliste lediglich Platz 193 belegte, 2011 bestreiten dürfen. Zwei davon – die Open Championship und die PGA Championship – als ehemaliger Sieger und drei – die Mayakoba Golf Classic, die Puerto Rico Open und die Reno-Tahoe Open – aufgrund des schwachen Teilnehmerfeldes. Das macht 12 Veranstalter, die ihn explizit in ihrem Turnier haben wollten. Dazu kommen noch einmal fünf Sponsoreneinladungen auf der European Tour. Ist das nicht ein wenig viel für einen Mann, der in dieser Woche sehr symbolträchtig Platz 666 der Weltrangliste belegte – hinter Golfschwergewichten wie Chiragh Kumar, Knut Borsheim und Guido Van Der Valk.
Es wäre ja noch ein wenig verständlich wenn Daly Golf leben und lieben würde. Aber für ihn ist es einfach die simpelste Art Geld zu verdienen. John Daly ist kein Profigolfer, er ist eine Zirkusattaktion wie die bärtige Frau und passt damit zugegeben ideal zu den Vollpfosten, die auf der PGA Tour nach jedem Schlag “You Da Man” und “Get in the Hole” brüllen. Und wenn er nicht bekommt, was er seiner Meinung nach verdient, schmollt er wie ein kleines Kind, dem man den Lolli weggenommen hat. “Ich sag Euch eins: Ich kehre nie wieder zur Bob Hope Classic zurück und ich kehre nie wieder nach Phoenix zurück”, flennte Daly gegenüber der Associated Press als die zwei Turniere die Dreistigkeit besaßen ihm, dem großen John Daly, eine Einladung zu verwehren.
Dabei hätte er es ja selber in der Hand gehabt, dort teilzunehmen. Schließlich gibt es ja dieses neumodische Ding namens Qualifying School. Seit 2006, dem ersten Jahr in dem Daly seinen Status verlor, hatte er fünf Mal die Chance sich über die Q-School eine feste Exemption zu erspielen. Er trat nicht ein einziges Mal an. “Ich glaube nicht, dass ich das nötig habe”, prahlte Daly noch am Anfang des Jahres im gleichen AP-Beitrag. “Meine Majorsiege bringen mich hoffentlich jedes Jahr in 15 Turniere (…) Und aufgrund der European Tour habe ich nicht das Gefühl, dass ich diesen Weg bestreiten muss.” Eine unfassbare Arroganz, die den Tourverantwortlichen schon längst die Augen hätte öffnen sollen. Insofern wäre es wünschenswert, wenn die PGA- und European Tour, auf der Daly angeblich auch noch einen Status besitzen soll, der Forderung von Trevor Herden nachkommen und in einer konzertierten Aktion Daly auf den Boden der Tatsachen zurück bringen. Oder um in dem vorhin gewählten Bild des kleinen Kindes zu bleiben: die Touren und die Turnierveranstalter müssen dafür sorgen, dass Daly die Stützräder genommen werden, die ihn bisher davon abgehalten haben, in seiner Karriere als Profigolfer die Risiken der Q-School oder der Nationwide Tour einzugehen. Ansonsten wird er es nie lernen. Und wenn er ohne Stützräder umfällt, dann ist das eben so. Es gibt deutlich schlimmere Sportlerschicksale.