Jeder verbindet Harbour Town mit dem rot-weiß gestreiften Leuchtturm, der anlässlich der RBC Heritage auch schon mal ein Schottenkaro übergestreift bekam. Und so ist es nur natürlich, dass auf dem Parkplatz der erste Blick nach oben geht, um das Wahrzeichen zu sehen. Allein: es nicht. Zwar ist der Harbour Town Lighthouse im Clubhaus omnipräsent (eines der coolsten Mitbringsel ist eine Pitchgabel in Leuchtturm-Form). Real ist er allerdings erst auf dem Grün der 17 erstmals zu sehen. Doch das tut dem Vergnügen überhaupt keinen Abbruch.
Seit 1969 ist der von Pete Dye gestaltete Platz des Sea Pines Resorts fester Bestandteil des PGA Tour Kalenders. Normalerweise wäre das für mich ein Argument gegen einen Platz. Monsterplätze mit langen Wegen zwischen Grün und nächster Teebox, die meist nur mit Cart gespielt werden können? So etwas ist für mich die Definition von Anti-Golf. Doch Harbour Town ist anders. Die auf der exklusiven Hilton Head Island gelegene Anlage hat nicht unbegrenzt Platz zur Expansion. Schließlich sind die Grundstückspreise auf dieser Millionärs-Enklave gigantisch. Und so hat sich der Harbour Town Golf Links als ein Shotmaker-Kurs etabliert, der präzises Spiel und flexible Flugkurven belohnt. Dadurch bleibt er für alle Spielklassen und – wie Bernhard Langer gerade erst wieder bewiesen hat – für alle Altersklassen spielbar.
Nun soll hier keinesfalls der Eindruck erweckt werden, Harbour Town sei ein Minigolf-Platz. Von den Championship-Tees misst er immerhin 6500 Meter, von blau 6110 Meter und von den am häufigsten gespielten weißen Tees 5717 Meter. Eine Länge, die mehr als ausreichend ist, um auch bessere Amateure zu fordern. Denn wer vom Tee nicht gerade ist, muss entweder Kunstschläge fabrizieren oder den Stolz runterschlucken und heraus chippen. So ging es mir gleich am ersten Tee als mein Drive oben einen Ast traf und 80 Meter zurück kam. Ärgerlich, aber der wunderschöne Anblick der mit spanischem Moos behangenen Bäume neben den Fairways ist mehr als nur ein schwacher Trost.
Und selbst bei schwächeren Schlägen oder gar einer schwachen Runde, kann man immer noch voller Respekt auf das Layout blicken, das Dye mit Jack Nicklaus als konsultierender Spieler gestaltet hat. Dies zeigt sich insbesondere bei den vier herausragenden, variabel gestalteten Par-3-Löchern. Die von den weißen Tees 150 Meter lange 3 ist für aggressive Spieler auf der linken Seite durch einen Teich verteidigt. Auf der rechten Seite gewährt sie allen anderen allerdings die Möglichkeit, defensiv vorzulegen. Die 7 sieht auf den ersten Blick ähnlich aus: auch hier muss vom Tee mit der nahezu identischen Länge ein Wasserlauf überwunden werden. Allerdings kommt das Wasser hier normalerweise nicht ins Spiel. Die Hauptverteidigung des Lochs sind ein großer Bunker sowie die überhängenden Äste, die absolut präzises Spiel fordern.
Auf den Back 9 setzt sich diese Qualität nahtlos weiter fort. Die von weiß 135 Meter kurze 14 stellt reihenweise auch Profis vor Herausforderungen. Üblicherweise ist sie das schwierigste Loch bei der RBC Heritage, da es rechts von Wasser, links von Bäumen und lang von einem üblen Topfbunker verteidigt wird. Und schließlich ist da noch die 17. Sie führt aus dem Wald heraus und ist damit voll dem Wind ausgesetzt. Es gibt wenige Plätze auf der Welt, die eine so gute Sammlung an Par 3s besitzen. Das Beste Loch auf dem Platz ist allerdings die 13, die wir wieder einmal Pete Dyes Ehefrau Alice verdanken. Wie schon beim Inselgrün in Sawgrass lieferte sie auch hier eine wegweisende Idee. Denn auch das Grün der 13 ist ein Halbinselgrün, allerdings nicht von Wasser sondern von einem durch Cypressenbrettern abgestützten Sandbunker umgeben.
Überhaupt sind die Bunker die wahren Kunstwerke von Harbour Town. Die Platzierung ist strategisch clever und sorgt für immer neue Herausforderungen. Jedes Grün hat eine andere Verteidigung, die individuell angepasst ist. Ein perfektes Beispiel dafür ist die Bahn 9. Mit 303 Metern (272 von weiß) ist es das mit Abstand kürzeste Par 4 auf dem Platz. Doch das äußerst schmale, bumerangförmige Grün ist teuflisch gut verteidigt. Ein Bunker beschützt vorne die ganze Breite und zentral dahinter sind zwei kleine Topfbunker aufgereiht, die man unbedingt vermeiden muss. Und auf der 16, einem Dogleg nach links, nimmt ein Fairway-/Grünbunker das gesamte innere Hundebein ein.
Doch die meisten von Euch wollen sicherlich nur wissen, wie sich die berühmte Schlussbahn spielt. Immerhin sind hier zwei Schläge über Marschland zu spielen. Tatsächlich ist der Drive dabei leichter als es im Fernsehen aussieht. Von weiß reichen 180 Meter carry, um save auf dem breitesten Fairway von Harbour Town zu sein. Das wahre Problem ist der zweite Schlag, der eine ähnliche Distanz erfordert. Wer nicht gerade Weltklassespieler oder ultralang ist, tut gut daran, rechts am Marschland entlang zu spielen und auf ein Par durch Pitch-und-Putt zu hoffen. Zumal es schwierig ist, den Ball zum Halten zu bringen und ihn davor zu bewahren, im Schützengrabenartigen Bunker hinter dem Grün zu landen. Anschließend wird man jedoch jäh in die Realität zurück geholt, denn zum Claubhaus geht es einige hundert Meter durch Wohngebiet zurück.
Lohnt sich Harbour Town also? Definitiv. Wobei Hilton Head Island nicht gerade auf dem Weg liegt. Wer jedoch das wunderschöne Städtchen Savannah in Georgia besucht, sollte auf jeden Fall den Umweg in Kauf nehmen. Allerdings ist die Runde mit Greenfees zwischen 200 und 370 US-Dollar je nach Saison und Tageszeit nicht gerade ein Schnäppchen. Wer es günstiger haben will, holt sich für 8 Dollar beim Pförtner des Sea Pines Resorts einen Zugangspass, klettert auf den Leuchtturm und schaut sich die 18 von erhöhter Perspektive an.
Gespielt am: 10. März 2019