Mit 55 Jahren, da fängt das Golfen an ODER Die merkwürdige Denke des DGV-Präsidenten HJ Nothelfer

Die Überschrift des golf.de-Interviews mit DGV-Präsident Hans Joachim Nothelfer macht eigentlich Hoffnung. „Golf sollte einfach normal sein“ steht dort. Der Artikel ist jedoch keineswegs eine kritische Analyse des Status Quo in Deutschland. Vielmehr ist es jede Menge unreflektierte Verbands-PR, die vor allem eines deutlich macht: Der Deutsche Golf Verband hat kein Interesse an Reformen und setzt auf das falsche Pferd.

Petra Himmel hat das Interview geführt. Natürlich in gewohnt weichgespülter Weise. Kein Wunder. Echter Journalismus ist in diesem Fall nicht zu erwarten, da golf.de mit dem DGV eine enge Koop hat und quasi ein Verbandsorgan ist. Golf.de gehört der Deutsche Golf Online und dort ist der DGV über seine Wirtschaftstochter Deutsche Golf Sport GmbH Gesellschafter. Man beißt halt nur ungern die Hand, die einen füttert. Der Leser wird allerdings über dieses Abhängigkeitsverhältnis im Unklaren gelassen.

Grund genug zum Nachfragen hätte Frau Himmel reichlich gehabt. Nothelfer redet sich um Kopf und Kragen. Zumindest wenn man ein wenig zwischen den Zeilen liest. Ein paar Beispiele gefällig?

Bereits die erste Frage, wofür ein Golf-Neueinsteiger eigentlich den DGV brauche, kann Nothelfer nicht schlüssig beantworten. Da erweckt er lieber den Eindruck, dass es ohne den Verband keine Golfplätze und Regeln in unserem Land geben würde. Was ja nun bekanntermaßen totaler Mumpitz ist.

Frau Himmel fragt daraufhin, ob sich die Funktion des DGV „seit der Öffnung des Golfsports“ deutlich geändert hat. Nein, sagt Nothelfer, es hat sich nichts Großartiges geändert  – außer das der DGV sich beim Europäischen Golfverband für einen Vereinfachung des Handicap-Systems bemüht.

Als ich von der „Öffnung der Golfsports“ las, musste ich sofort an Ronald Reagan denken, der Gorbatschow einst aufforderte, die Berliner Mauer einzureißen. Himmel und Nothelfer stören sich an dieser Formulierung jedenfalls nicht, die noch einmal die guten Zeiten beschwört, als Golf ein Spiel der Eliten war. Viel schlimmer finde ich allerdings das Eingeständnis des Präsidenten, dass man auf den Wandel der Klientel überhaupt nicht reagiert hat.

Für Nothelfer ist klar, wer sich um neue Mitglieder kümmern muss: die Clubs. Der Dachverband habe dabei eher eine unterstützende Funktion. Der DGV-Präsident stiehlt sich damit vollkommen aus der Verantwortung. Auch hat Nothelfer bei der Mitgliederakquise eine recht merkwürdige Zielgruppe vor Augen. „Ich bin ganz klar der Meinung, dass die “Generation 55+” künftig die wirtschaftlich wichtigste ist“, sagt er im Interview.

Dabei ist diese Aussage der größte Unsinn überhaupt. Der deutsche Golfsport hat ein Nachwuchsproblem. Dieses kann man nicht mit Neugolfern der Kategorie „Best Ager“ beheben. Es braucht vielmehr mehr Familien, die den Sport für sich entdecken und ihren Nachwuchs in die Clubs bringen.

Clubs müssen Angebote schaffen, die es Mütter und Vätern ermöglichen, regelmäßig zu golfen und zeitgleich die Kinder an den Sport heranführen. Der DGV könnte zum Beispiel ein Kinderbetreuungskonzept für die Clubs entwickeln – und dieses auch fördern. Doch daran denkt Nothelfer nicht. Er möchte lieber die Themen Gesundheit, Bewegung, Natur und Sportlichkeit pushen.

Interessant in diesem Zusammenhang sind auch seinen Aussagen zur Vereinigung clubfreier Golfer und dem Projekt „Abschlag Schule“. „Abschlag Schule“ sei ja im Grunde kein Einstiegsprogram. Es ginge in erster Linie darum Golf als Schulsportart zu etablieren, sagt Nothelfer. Eine Imagekampagne. Die heutige Jugend ist für ihn eine verlorene Zielgruppe. „Der Kampf um die Kids ist …abenteuerlich geworden, wenn wir an die demographische Entwicklung, das Freizeitverhalten der Jugendlichen und die politische Entwicklung mit Ganztagesschulen und G8 denken“, lässt Nothelfer durchblicken. Schuld sind also die anderen. Also die Politik und die blöden Kinder.

Eine weitere „schöne“ Frage von Frau Himmel ist diese hier:

„Genauso häufig wird über das System der deutschen “Platzreife” diskutiert, das international nicht weit verbreitet ist. Eine überholte deutsche Eigenart?“

„Ich bin der Meinung, dass sie nicht grundsätzlich überholt ist, denn sonst würden die Clubs ja keinen Gebrauch davon machen“, antwortet Nothelfer darauf und führt dann noch aus, dass die Platzreife ja nur ein Angebot des DGV an die Clubs sei. „Ich selbst habe einfach Schwierigkeiten damit, mir vorzustellen, dass man jeden Neugolfer überall einfach so auf den Platz lässt.“

Aha. Funktioniert zwar in anderen Ländern (Schottland, USA etc.) auch ohne Platzreife, aber was soll’s…

Ich kann einfach nur jedem Golfer unter 55 Jahren empfehlen, sich das Interview von HJN genau durchzulesen. Es ist hanebüchen.

PS: Ein Fehler meinerseits… es gibt in Schweden eine Platzreife. Ich hatte in anderen Version des Textes das Gegenteil behauptet. Sorry dafür.

  1. Herr NOT helfer.
    Ist in großer NOT und überflüssig wie: DGV, VCG, Golf.de und der ganze Klüngel der dazu gehört.
    Aber nein, er hilft sich und seinem Gefolge nicht mehr lange. Es wird Zeit, das sich die Golfplatzbetreiber zusammen tun um gegen diese Selbstdarsteller vorzugehen.
    Wieviele Mitglieder hat dieser Clan den Clubs zugeführt? Geht eher Richtung Null!!!
    9 Loch Anlagen dürfen 700 Mitglieder aufnehmen!!!
    Wie kann es sein das ein Verein 21000 Mitglieder hat und denen nicht einmal ein Übungsgrün zur Verfügung stellt? Das ist eigentlich ein ganz schlechter Witz!
    Bei ca. 700 Golfanlagen nimmt die Tochter des DGV demzufolge jedem Betreiber ca. 30 Mitglieder weg, die wiederum VCG Mitglieder willkommen heißen sollen( am besten noch für’n halbes Greenfee).
    Ich könnte mich noch mehr auslassen, bei diesem Gedanken wird mir aber schlecht.
    Mike

  2. moin moin,
    kannst du mir bitte den link geben, wo ich die Aussagen von Nothelfer nachlesen kann?
    –>„Der Kampf um die Kids ist …abenteuerlich geworden, wenn wir an die demographische Entwicklung, das Freizeitverhalten der Jugendlichen und die politische Entwicklung mit Ganztagesschulen und G8 denken“, <–

    bis denne
    rebel

  3. Golf hat ein Nachwuchsproblem – stimmt
    Golf ist bei jungen Menschen uncool – stimmt
    Golf gilt als unsportlich und teuer – stimmt
    Wenn die gewünschte Zielgruppe also einfach nicht 20- ist warum dann nicht auf 55+ setzen?
    Da kann man sich noch solange die Nachwuchsarbeit wünschen – vielleicht ist der potentielle Nachwuchs bei uns halt einfach schon älter! In Zeiten wo wir Menschen immer älter werden (Natur und Gesundheit wichtiger werde) ist das ja eigentlich positiv und sogesehen hat der Präsident (zumindest in diesem Fall) nicht wirklich Unrecht.

    1. Ich weiss sich selbst zu kommentieren ist “nerdig”, aber ich habe gerade im letztwöchigen Spiegel die Graphik über die weltweite Altersentwicklung gesehen.

      Die UNO erwartet bis zum Jahr 2050 einen weltweiten Zuwachs bei den Über-60-Jährigen von jetzt gut 10 % auf dann knapp 22 % bei gleichzeitigem Rückgang des Bevölkerungsanteils der Kinder bis 15 Jahre von jetzt knapp 30 % auf knapp 20 %.

      Ich würde sagen der DGV-Präsident ist ein Visionär und voll im Trend :-) Die Nachwuchs der Zukunft ist 55!

      1. Lieber Stephan,
        du machst es dir leider genauso einfach wie Herr Nothelfer.
        “Golf ist bei jungen Menschen uncool – stimmt
        Golf gilt als unsportlich und teuer – stimmt”

        Dann muss man genau dort ansetzen und diese Punkte ändern.

        Die Zielgruppe 55+ ist schon jetzt die Zielgruppe der Clubs. Diese Strategie ist also sehr bequem für den DGV.

        Die wichtige Zielgruppe sind Familien. Nur so kommt frisches Blut in die Clubs – und echter Nachwuchs entsteht.

        Ein Blick in die Zukunft/Kristallkugel (2050!!!) als Argument dagegen anzuführen, ist schon ziemlich abenteuerlich.

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