Open Championship 2012: Statistiken und Randnotizen zur Finalrunde

Wie gewinnt man ein Major?

Offensichtlich ist der psychologische Druck eines Major-Sieges so groß, dass die Spieler reihenweise darunter zusammenbrechen. Doch es gibt einen Trick: Wenn man nie führt, muss man keinem Druck standhalten. Ernie Els hat von seinem ersten Abschlag bis zu seinem letzten Putt nicht einmal das Leaderboard der Open angeführt. Erst als er bereits im Clubhaus war, überreichte ihm Adam Scott die Claret Jug auf einem Präsentierteller – so wie es Jim Furyk, Graeme McDowell und unzählige andere mit Webb Simpson bei der U.S. Open getan haben. Für einen Open-Sieg scheint es zudem nicht schlecht zu sein das richtige Alter zu haben. Mit Darren Clarke und Ernie Els ritzten zuletzt zwei 42-Jährige ihren Namen auf die Claret Jug. Top-Kandidat für 2013 damit: Thomas Björn, der 2002 in Muirfield Achter war und nächstes Jahr im Februar 42 wird. Und wenn die Open Championship wieder in Royal Lytham stattfinden sollte gilt nach wie vor: Um zu gewinnen sollte man entweder eine (ehemalige) Nr.1 der Weltrangliste sein oder fünf Majors gewinnen. Ernie Els ist der zehnte von elf Siegern, der diese Voraussetzung erfüllt hat.

Lang, lang ist es her

Zehn Jahre und einen Tag musste Ernie Els warten um wieder die Claret Jug zu küssen – die zweitlängste Zeitspanne der Open Championship Historie. Einzig Henry Cotton hatte eine längere Durststrecke zwischen zwei Siegen – zumindest in Kalenderjahren gerechnet. Nach seinem zweiten Open-Sieg 1937 reckte er noch einmal 1948 die Kanne in die Höhe. Allerdings fielen dazwischen sechs Open Championships wegen des Zweiten Weltkrieges aus, so dass er spielerisch nur vier Jahre warten musste. Insofern kann man Ernie Els inoffiziell diesen Rekord fast geben, da ohne Kriegsunterbrechung die bisher längste Pause bei neun Jahren lag, gehalten von Willie Park Sr (1866-1875), Bob Martin (1876-1885), John Henry Taylor (1900-1909) und Gary Player (1959-1968).
Noch länger ist die Zeit wenn man von Ernie Els’ erstem Major-Erfolg, der U.S. Open, rechnet. Allerdings reichen die 18 Jahre längst nicht aus um in Rekordnähe zu kommen. Dafür müsste Els noch einmal im Jahr 2018 ein Major gewinnen, denn Jack Nicklaus legte 24 Jahre zwischen seinen ersten U.S. Open- und seinen letzten Masters-Erfolg.

Der Schlüssel zum Erfolg

Alle haben vor der Open Championship gesagt man muss Fairways treffen um eine Chance auf den Sieg zu haben. Ernie Els hat das Gegenteil bewiesen. Mit 62,5% Fairwaytreffern belegte der Südafrikaner gerade einmal den 43. Platz in der Statistik. Der Schlüssel zum Erfolg waren hingegen wie immer die Greens in Regulation, die Els mit fantastischen 79,17% anführte – drei Grüntreffer mehr als der nächste Verfolger. Der Grund dafür war, dass Els eine aggressive Strategie an den Tag legte. An Loch 16, dem kurzen Par 4, zog er beispielsweise in jeder Runde den Driver, lag zwei Mal im Grünbunker und einmal Pin-High im Rough. Sein Ergebnis von -1 an dem Loch war zwar genau wie bei Tiger Woods, doch Els hatte dabei zwei Mal weitere riesige Birdie-Chancen, die er nicht lochen konnte. Warum Els so vorging? 1996 spielte Els auf Sicherheit mit einem Eisen an dem Loch, was ihm am Ende eine Lage in einem Fairwaybunker einbrachte und den Open-Sieg kostete.
Tiger Woods hingegen ging das gesamte Turnier ultra-konservativ vor – sei es weil er sklavisch an einer geplanten Startegie festhielt oder weil er bereits das Zittern bekommt wenn Joe LaCava nur die Haube vom Driver zieht. Resultat waren mit 82% die meisten Fairwaytreffer des gesamten Feldes, aber auch extrem weite Schläge ins Grün. Konsequenterweise traf Woods gerade einmal 64% der Grüns in Regulation, was vermutlich seinen Sieg zunichte machte.

Spitzen-Reiter

Apropos Tiger Woods: Sein dritter Platz war seine sechste Top-5-Platzierung bei einer Open Championship. Nicht schlecht, aber gerade an dieser Zahl wird deutlich wie weit er noch hinter seinem großen Ziel Jack Nicklaus hinterherhinkt. Wie Woods nie müde wird zu betonen, muss man sich einfach immer nur in eine gute Position bringen, dann springen auch Major-Siege heraus. Das Bizarre ist, dass ihm diese Beinahe-Ergebnisse jedoch fehlen. Jack Nicklaus hat neben seinen drei Open-Siegen noch 13 (!!!) weitere Top-5-Ergebnisse (Rekord mit John Henry Raylor), Woods nur zwei. Sogar Ernie Els hat mit zwei Siegen und sieben weiteren Top-5s fast eine eindrucksvollere Karriere-Bilanz bei der Open als Woods – besonders wenn man es auf die Top 10 erweitert bei denen Woods auf insgeamt 8, Els auf 13 und Nicklaus auf 18 kommt.

Die Rache von Royal Lytham

Nachdem es drei Tage lang so aussah als würde fast jeder Scoring-Rekord der Open-Historie geknackt, kam am Finaltag endlich mal Wind auf. Kombiniert mit der zu großen Nervenbelastung für einige Spieler schossen die Ergebnisse dementsprechend nach oben. Els’ Gesamtergebnis von 273 Schlägen war lediglich das 13-beste der Open-Geschichte und weit weg von den 266 Schlägen mit denen Greg Norman 1993 Royal St. Georges auseinandernahm. Nur neun Spieler blieben am Finaltag unter Par, entsprechend muss man vermutlich konstatieren, dass die 65 von Nicolas Colsaerts am Sonntag die mit Abstand beeindruckendste Runde des gesamten Turnierverlaufs war – allerdings lag der Schlagdurchschnitt für das gesamte Feld gar nicht so viel höher wie man anhand der Ergebnisse der Führenden vermuten würde. 72,86 Schläge bedeuteten, dass sich der Platz ziemlich genau einen Schlag schwerer spielte als in der dritten Runde.

Fussballer bleib bei deinen Leisten

Als Adam Scott an der Spitze einen Schlag nach dem anderen abgab, stand Steve Williams nahezu teilnahmslos daneben. Der Neuseeländer, der ja bekanntermassen großartig ist, wenn er an der Spitze liegt drückte seinem Schützling an der 18 sogar das Holz 3 in die Hand was zu seinem endgültigen Untergang führte – und zog sich dann auch noch auf dem Grün mal wieder die Caddyschürze aus. Und dennoch war Steve Williams noch lange nicht der schlechteste Caddy am Finaltag. Diese Ehre gebührte dem Fussballer Carlos Tevez. Der argentinische Stürmerstar, der sich gerade zwischen zwei Vereinen befindet, trug am Sonntag die Schläger seines Landsmannes Andres Romero und schien dabei keinen besonders guten Einfluss zu haben. Denn Romero spielte mit einer 82 die mit Abstand schlechteste Runde des Tages, verlor 13 Plätze und wurde auf den letzten Rang aller Wochenendteilnehmer durchgereicht. Doch immerhin zeigten die beiden auf der Runde steigende Tendenz. Nach einer 42 auf den ersten 9, die drei Doppelbogeys enthielt, brauchte das argentinische Duo auf den zweiten 9 nur 40 Schläge und spielte sogar ein Birdie dabei.

Eingelocht

Leider gibt es noch immer kein qualitativ anständiges, einbettbares Video vom einzigen Hole-in-One der Open Championship, aber zumindest in Worten soll Anirban Lahiri gewürdigt werden. Dem Inder gelang an Loch 9 das vierte Hole-in-One der Open-Geschichte von Royal Lytham – an fast der gleichen Fahnenposition wie es Paul McGinley 1996 schoss, wie ein Videovergleich der offiziellen Open Seite schön zeigt. Die zwei anderen Hole-in-Ones von Lytham gelangen Frank Lickliter II 2001 an Loch 5 und Lanny Wadkins 1988 an Loch 1. Weiterhin jungfräulich ist damit Bahn 12.

Vijay Singh, Parstraße 18, 78462 Konstanz

Die beeindruckendste Runde der Open Championship gelangen nicht etwas Adam Scott oder Brandt Snedeker mit ihren 64ern, Ernie Els mit seinem Schlussspurt oder Nicolas Colsaerts mit seinem Finale Furioso. Die beeindruckendste Runde spielte Vijay Singh. Dem Mann von den Fiji-Inseln gelang das, was niemand sonst schaffte: er spielte seine komplette Schlussrunde in Even Par. Bahn für Bahn, Loch für Loch. Eine Konstanz, die sich auszahlte, denn Singh katapultierte sich mit seiner Schlussrunde noch in die Top 10 des Turniers.

Bremser

Auch bei der Open Championship 2012 war das unvermeidliche Thema Slow Play mal wieder an der Tagesordnung. Die Ankündigung des harten Durchgreifens gegen Bummler wurde zwar nicht in Strafschläge umgemünzt, aber in der Schlussrunde wurden ausgerechnet die Führenden auf die Uhr genommen weil sie über ein Loch Rückstand aufgebaut hatten. Eine Maßnahme, die bei Freizeithackern auf Twitter zu einem Aufschrei der Entrüstung führte: “Die sind der letzte Flight, wen halten die denn auf”, war vorherrschende Meinung der Möchtegern-Golfer, die damit quasi forderten, dass Golfregeln für die letzte Gruppe einfach mal ausgesetzt werden. Dass Graeme McDowell danach sogar noch seinen Ball in die Wicken feuerte ohne einen provisorischen zu spielen, schien dagegen niemanden zu stören. Doch die bizarrste Slow Play Geschichte wurde nicht in der Spitze sondern am anderen Ende des Feldes geschrieben. In der dritten Runde musste Joost Luiten aufgrund der ungeraden Spielerzahl alleine auf die Runde gehen und entschied sich, einen Playing Marker mitzunehmen, damit er im üblichen Fluss des Spiels bleibt. Eine Wahl, die nach hinten los ging. Nach nur zwei Loch hielt Luiten die dahinter spielenden Tom Watson und Lee Westwood auf weil sein namenloser Partner nicht in die Gänge kam und sich daraufhin einen Anpfiff eines Offiziellen einfing. Martin Laird, der in der Schlussrunde alleine spielen musste, entschloss sich daher lieber ohne Marker zu gehen (vermutlich auch um vor dem stärkeren Wind fertig zu sein), rauschte ohne zu hetzen in zweieinhalb Stunden über den Platz und spielte eine beachtliche Even-Par-Runde: “Es zeigt, das man gleichzeitig schnell und gut spielen kann”, bewertete Laird seine Runde. Ein Kommentar, den sich alle Profis hinter die Ohren schreiben sollten.

Senior Champion

Die Senior Open Championship findet zwar erst am kommenden Donnerstag in Turnberry statt, aber auch Royal Lytham hat einen inoffiziellen Senior Champion zu Tage gefördert: Mark Calcavecchia. Der Open-Sieger von Troon 1989 absolvierte die vier Tage in beeindruckenden Even Par und beendete das Turnier trotz seiner 52 Jahre in den Top 10. Damit verbessert er seine Spielberechtigung für die Open zwar nicht (Ex-Champions sind ohnehin bis zum 60. Lebensjahr spielberechtigt und eine Top 10 bringt ihnen nur fünf Jahre ein), aber er spielte sich damit in die Top 15 der ältesten Open-Champions, die in den Top 10 landetn. Hier die komplette Liste:

  • Tom Morris Sr. 62 Jahre, Platz 10 1883
  • Tom Morris Sr. 60 Jahre, Platz 5 1881
  • Tom Watson 59 Jahre, Platz 2 2009
  • Tom Morris Sr. 59 Jahre, Platz 10 1880
  • Sandy Herd 59 Jahre, Platz 10 1927
  • Tom Morris Sr. 56 Jahre, Platz 8 1877
  • Tom Morris Sr. 55 Jahre, Platz 4 1876
  • John Henry Taylor 54 Jahre, Platz 6 1925
  • Greg Norman 53 Jahre, Plaz 3 2008
  • John Henry Taylor 53 Jahre, Platz 5 1924
  • Sandy Herd 53 Jahre, Platz 6 1921
  • Sandy Herd 52 Jahre, Platz 2 1920
  • Tom Morris Sr. 52 Jahre, Platz 7 1873
  • Harry Vardon 52 Jahre, Platz 8 1922
  • Mark Calcavecchia 52 Jahre, Platz 9 2012
  • Tom Morris Sr. 51 Jahre, Platz 4 1872
  • John Henry Taylor 51 Jahre, Platz 6 1922
  • Henry Cotton 51 Jahre, Platz 8 1958
  • Sam Snead 50 Jahre, Platz 6 1962
  • Henry Cotton 50 Jahre, Platz 9 1957

Kurz notiert

  • Das Comeback von Ernie Els war zwar nicht das größte der Major-Geschichte, aber nahe dran. Hier die Spieler, die seit dem Zweiten Weltkrieg in der Schlussrunde die meisten Schläge wettmachten:
    • 10 Schläge: Paul Lawrie, 1999 Open Championship
    • 8 Schläge: Jack Burke Jr., 1956 Masters
    • 7 Schläge: Arnold Palmer, 1960 U.S. Open
    • 7 Schläge: John Mahaffey, 1978 PGA Championship
    • 7 Schläge: Gary Player, 1978 Masters
    • 6 Schläge: Padraig Harrington, 2007 Open Championship
    • 6 Schläge: Ernie Els, 2012 Open Championship
  • Mit seinen beiden 68er Runden am Wochenende hat Ernie Els jetzt 39 Open-Runden in unter 70 Schlägen absolviert und sich an die Spitze der ewigen Bestenliste vor Nick Faldo (37) und Jack Nicklaus (33) gesetzt. Mit 48 Runden unter Par belegt er aber weiterhin Platz drei. Frühestens 2014 kann er Nick Faldo kriegen (53), frühestens 2015 Jack Nicklaus (59).
  • Drei der letzten vier Majors wurden jetzt mit einem Belly-Putter gewonnen. Doch es könnte durchaus sein, dass sie die letzten waren. Die R&A und die USGA denken wohl ernsthaft drüber nach, das verankern der Putter im Körper zu verbieten. Eine Entscheidung darüber soll in den nächsten Monaten fallen. Vielen Spielern wäre dies nicht Unrecht. Open-Sieger Els empfindet sie als Betrug und Padraig Harrington ließ sich zitieren, dass der Belly Putter – wenn er heute erfunden würde, – niemals eine Zulassung von der R&A erhielte. “Der einzige Grund, dass es sie gibt, ist dass die Spieler, die ihn vor 20 Jahren benutzten am Ende ihrer Karrier hatten und die Leute Mitleid hatten und nicht Bernhard Langers Karriere beenden wollten indem sie ihm sagen, dass er seinen Schläger nicht am Arm festdrücken darf.”

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