Man soll ja nicht schlecht über die Toten reden, aber im Fall von Royal Obidos muss man dies leider tun. Der 2012 eröffnete Championship Kurs ist das letzte Design von Severiano Ballesteros. Der Spanier hat zweifelsohne für das europäische Golf mehr als jeder andere getan. Aber wie bei so vielen Kollegen hat ihn die Genialität am Golfschläger nicht automatisch zum Genie am Zeichentisch gemacht. Und so bestätigt das von schwarz 6692 Meter lange Monstrum einen schon häufiger geäußerten Verdacht. Nur die wenigsten Profigolfer sind noch in der Lage, einen Platz aus Sicht eines normalen Golfers zu bauen.
Die Versäumnisse von Royal Obidos sind noch exklatanter, wenn man sich seinen Nachbarn anschaut. Man erreicht das Clubhaus über einen Kreisverkehr, bei dem sich die Spreu vom Weizen trennt. Eine Ausfahrt führt nach wenigen hundert Metern zu West Cliffs. Die nächste Ausfahrt zu Royal Obidos. Es ist die Wegscheide zwischen Spitzenklasse und Möchtegern. Zugegeben: die Voraussetzungen waren deutlich schwächer. Das Gelände liegt weiter inländisch und hat das Meer nur als ferne Hintergrundkulisse. Aber dass man sich das Land durch eine Straße und eine Hotelanlage zerschnitten hat, war eine bewusste Entscheidung.
Seltsame Hindernisplatzierung
Und so muss man nach der Auftaktbahn, einem langweiligen Dogleg nach rechts, erst einmal eine Straße überqueren. Nach 150 Metern zum erhöhten Abschlag der 2 wartet eines der Signature Holes. Das Par 5 zieht sich rechts von einem Teich entlang, der exakt auf Drivedistanz breiter wird und die Landezone durchschneidet. Und so ist der Durchschnittsgolfer gezwungen, auf eine semi-großzügige Landezone vorzulegen. Kein Abschlag, der für einen Amateur mehr Gefahren birgt als für einen Profi, ist ein guter Abschlag.
Auf dieser Seite der Straße hält man sich bis zur Bahn 7 auf, darunter sind zwei austauschbare Par 3s deren Grün von Wasser umgeben sind, ein langes Par 4 sowie zwei Par 5s. Das beste darunter ist die Bahn 5, bei der vom Tee links ein enormer Bunker lauert, der gleichzeitig auch die Spitze des hügelartig verlaufenden Fairways markiert. “The most experienced player now has the option of attacking the green in two” verspricht die Webseite, wobei das dann doch weniger mit Erfahrung als mit Länge zu tun hat. Immerhin ist die Vorlegeoption reizvoll und klug verteidigt.
Die nachfolgenden Bahnen haben dann wenig Eindruck hinterlassen, was auch daran liegen kann, dass ich über den Platz geflogen bin. Drei Gruppen nacheinander winkten mich durch, bis ich an der 8 – einem soliden Downhill Par 3 von 190 bis 125 Metern – auf ein golfbegeistertes Paar aus den Niederlanden traf. Mit ihnen bestritt ich die letzten zehn Löcher (und verzweifelte an der vor uns spielenden Herrenmannschaft aus Bayern). Ähnlich frustrierend war allerdings auch der Platz. Klar, das ist alles superseriös, hat Hand und Fuß und dürfte vor allen Dingen Marcel Schneider gefallen haben, der hier 2021 die Open de Portugal gewonnen hat. Aber wie bei so vielen Turnierplätzen fehlt es an Originalität.
Ein Platz für Tourgolfer
Nahezu kein Loch von Royal Obidos hat eine eigene Identität. Jede Designcharakteristik lässt sich auch auf hunderten anderen Plätzen finden. Und wenn dann doch mal ein Loch in Erinnerung bleibt, dann nur wegen seiner sinnbefreiten Ideen wie an der 11. Das 520 bis 410 Meter lange Par 5 hat nach rund 230 Metern (von den am häufigsten gespielten gelben Tees) ein stark abfallendes Fairway zu einem Teich, der das Grün verteidigt. “More experienced players can choose to attack the green” verspricht die Webseite erneut im völligen Unverständnis der Wortbedeutung. Das Problem: selbst wer die Länge hat, hat mit dem erforderlichen Schläger nicht zwangsläufig die Höhe, um den Ball auf dem schmalen Grün zum Halten zu bringen. Und so bleibt nur ein Layup, den man völlig unmotiviert mit einem kurzen Eisen nach vorne schubsen kann.
Auch auf der 14 hat Severiana Ballesteros nicht verstanden, wie man einen Platz für alle Handicapklassen designt. Jedes Kind kennt die alte Maxime Hard Par, Easy Bogey. Wie kann man also auf der 405 bis 312 Meter langen 14 eine Layup-Zone einbauen, deren Anspiel genauso gefährlich ist, wie der Angriff des von einem weiteren Teich verteidigten Grüns? Wer gerne einen Platz von European-Tour-Qualität spielt, kommt hier vielleicht auf seine Kosten, aber als Tourismusdestination funktioniert er nur unzureichend. Erstaunlich ist vor allem, dass Severiano Ballesteros aufgrund der ungewöhnlichen Konstellation mit fünf Par 5s und nur acht Par 4s fünf Mal die Chance hatte, ein erinnerungswürdiges Par 3 zu gestalten. Und obwohl die spanische Ryder-Cup-Legende in seiner Karriere schon zahlreiche Redans, Postage Stamps und Biarritz’ gespielt hat, ist nicht ein One-Shotter mit Charakter dabei herausgesprungen.
Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken süßer
Vor einigen Jahren wäre das vielleicht noch in Ordnung gewesen, da es abgesehen von Praia d’el Rey in unmittelbarer Umgebung keinen Platz mit einer vergleichbaren Atmosphäre, hohem Pflegezustand und sportlichen Anspruch gegeben hat. Doch jetzt geht der Blick immer wieder wehmütig ein paar hundert Meter weiter zu West Cliffs, wo sich ein abwechslungsreicherer, anspruchsvollerer und klüger konzipierter Platz befindet, der zu allem Überfluss auch noch ein paar Euro Greenfee weniger kostet. So ist Royal Obidos letztlich nur die dritte Wahl, wenn man in diese Gegend kommt. Und ehrlich gesagt: hätte ich drei Runden zur Auswahl, würde ich lieber West Cliffs doppelt spielen.
Gespielt am: 21.11.2021