Schneckenplage auf dem Golfplatz

150 Minuten. So lange sank in etwa die Titanic. So lange ließ Michael Bay die Welt von einem Asteroiden bedrohen (“Armageddon”). Und so lange musste ich gestern einem Mitspieler beim Wagglen zuschauen. Egal, ob mit dem Driver, mit dem Eisen, mit dem Wedge oder – in leicht abgewandelter Form – mit dem Putter. Der gute Mann wackelte nicht nur einmal, er wackelte auch nicht fünf- oder zehnmal. Nein, er schlenkerte vor jedem Schlag sage und schreibe fünfzehn bis zwanzig Mal den Schläger hin und her. 90 Sekunden lang! Vor JEDEM Schlag. Vor jedem seiner 100 Schläge – und manchmal auch doppelt, wenn er aufgrund einer leichten Brise den Schläger wechselte.

Ja, immer diese Anfänger mag jetzt manch einer denken. Schön wär’s. Dann gäbe es vielleicht noch Hoffnung. Doch der gute Mann spielt schon seit Jahren und hatte zumindest auf dem Papier ein Handicap von 14 aufzuweisen. Was uns wieder einmal zu der leidigen Frage bringt, warum eigentlich im Golfunterricht niemand mehr zu schnellem Spiel erzogen wird? Ist es denn wirklich so schwierig, sich eine kurze Schwungroutine auszusuchen oder in zügigem Tempo über die Fairways dieser Welt zu eiern?

Eine Mitschuld an dieser leidigen Entwicklung tragen sicherlich die Profis und das Fernsehen. Mit ihren meist 5-6 Stunden dauernden Runden liefern Tiger, Phil und Co. ein äußerst schlechtes Beispiel. Warum soll der gemeine Freizeithacker in vier Stunden über den Platz “hetzen”, wenn die Profis in Zweier-Flights viel länger brauchen? Und so wird wie bei den Großen jeder Putt aus allen Himmelsrichtungen angeschaut, der Putter aufs Grün gestellt, minutiös ausgerichtet – und der Ball vorbeigeschoben. Anschließend beginnt für den Tap-In-Putt das ganze Prozedere noch einmal. Wenn man in Augusta putten würde, könnte ich ja noch ein gewisses Verständnis aufbringen, aber im Golfclub Kleinkleckersfeld wo die Grüns ein Stimpmeter von 5 haben?

Wer sich so etwas auf schottischem Territorium erlaubt, wird spätestens an Loch 5 geteert und gefedert. Ich würde es noch nicht mal ausschließen, dass eine lokale Platzregel dem örtlichen Jagdpächter den Abschuss von verspäteten Golfern gestattet. Und ganz ehrlich: Nach meiner Runde mit der langsameren Version von Sergio Garcia bin ich ernsthaft am Überlegen, eine ähnliche Petition an unser Präsidium zu geben. Schließlich sorgte Waggle Boy dafür, dass unser Viererflight nach zwei Loch bereits einen Rückstand von ebenso vielen Löchern auf den Vorflight hatte. Das war aber noch nicht mal die Krönung der Langsamkeit: Der hinter uns gestartete Dreierflight (!) wurde dabei nicht einmal von uns aufgehalten.

Leider nehmen die meisten Spieler eine solche Situation als Anzeichen dafür, dass sie alles richtig machen. “Wir haben ja niemanden aufgehalten”, ist die Standard-Ausrede auf der Clubhaus-Terrasse, wo der durch das Affentempo erlittene Flüssigkeitsverlust mit fünf Hefeweizen ausgeglichen wird. Und wenn man dann freundlich darauf hinweist, dass man sich beim Golf nie nach hinten orientiert und den Vorflight in Sichtweite behalten soll, kontern sie ganz keck damit, dass sie das sehr wohl getan haben. “Als wir auf der 10 waren, haben wir sie auf der 13 gesehen”.

So muss man sich nicht wundern, dass die Runden in Deutschland immer länger dauern. So brauchten die letzten Starter bei einem Turnier in unserem Club heute beispielsweise 5 Stunden und 40 Minuten. In Dreierflights. Mit Stableford. Zugegeben, es war ein Anfängerturnier, aber das entschuldigt längt noch keine Spielzeit von fast sechs Stunden. Auch wer 140 Schläge für eine Runde braucht, kann in weit weniger als fünf Stunden fertig sein. Zum Vergleich: Ich bin heute morgen vor besagtem Turnier alleine 18 Loch gegangen: Spieldauer 110 Minuten – und dabei musste ich sogar noch zehn Minuten (natürlich in respektvollem Abstand) auf ein Rentner-Trio warten, das partout nicht durchspielen lassen wollte.

Nun erwarte ich ja gar nicht, dass diese Zeit als Maßstab genommen wird, schließlich habe ich die Beine in die Hand genommen und so wenig Schläge wie noch nie zuvor gebraucht. Doch wer es – unabhängig vom Handicap – zu dritt nicht schafft innerhalb von 5 Stunden (und das ist noch großzügig bemessen) ins Clubhaus zurückzufinden, sollte zur Strafe noch mal die Platzreifeprüfung machen. Und wenn man sich dabei ganz doll Mühe gibt und Besserung gelobt, nennen wir es noch nicht einmal Idiotentest.

Gamezeen is a Zeen theme demo site. Zeen is a next generation WordPress theme. It’s powerful, beautifully designed and comes with everything you need to engage your visitors and increase conversions.

Kategorien