Es ist der Traum vieler Funktionäre Golfer: Olympia 2016 mit Golf als Ergänzungssportart. 1904 war unser schöner Sport zum letzten Mal olympisch. Seither gab es immer wieder Anstrengungen, zurück in die Auswahl zu kommen. Der aktuelle Versuch ist der bisher Ehrgeizigste. Alles begann mit einer Reihe von Videobotschaften, in der Golfer aus aller Welt erzählen, wie sehr sie davon träumen, an den Olmpischen Spielen teilzunehmen und warum Golf die ideale Sportart im Zeichen der Ringe wäre.
Gut, wenn man von Ehre und Integrität redet, würde es einen besseren Eindruck machen, wenn Mickelson, Garcia und Co. ihre fett gesponserten Mützen abgenommen hätten. Andererseits sagen Zyniker ja, dass die Olympischen Spiele mittlerweile genau auf diese Vermarktungsmöglichkeiten degeneriert sind. Ob Sergio Garcia das damit meint, wenn er sagt “Golf fits the olympic spirit very well”?
Das größte Problem an der Kampagne ist, dass sie komplett auf Name Dropping angelegt ist. Tiger Woods? Check. Phil Mickelson? Check. Annik Sorenstam? Check. Sergio Garcia? Check. Ernie Els? Check. Nur wie würde die Realität aussehen? Nach einem Auftritt, spätestens nach einem Sieg, hat sich das Thema Olympia für sie erledigt. Und dann? Es fehlt das Konzept, Golf bei Olympia unabhängig von den teilnehmenden Superstars attraktiv zu machen.
Daher ist es auch wenig effektiv, dass Woods, Garcia, Vijay Singh, Padraig Harrington, Colin Montgomerie und Bernhard Langer dieser Tage einen Brief an das Internationale Olympische Komitee bzw. ihr Nationales Olympisches Komitee geschrieben haben, in dem sie noch einmal die Essenz der Videos in Schriftform zusammenfassen. Wäre es nicht viel sinnvoller, Studenten mit Golf-Stipendien, internationale Top-Amateure und Nachwuchsspieler flammende Plädoyers halten zu lassen?
Ein weiterer Schwachpunkt der Bewerbung liegt aber in der Form, wie sich Golf bei Olympia präsentieren will. Denn worum geht es bei Olympischen Spielen? In erster Linie doch um einen Kampf Mann gegen Mann und Frau gegen Frau, wo nach begrenzter Zeit ein Sieger festgestellt werden kann. Selbst Teamsportarten, bei denen der Goldmedaillengewinner erst nach Tagen feststeht, finden in jedem Einzelspiel einen Sieger und einen Verlierer. Doch was sieht Peter Dawson, Vorsitzender des Royal and Ancient Golf Club of St. Andrews, vor? Ein ganz normales viertägiges Turnier soll über Gold-, Silber- und Bronzemedaille entscheiden. Ein Ansatz, der auf so vielen Ebenen falsch ist, dass es schon nicht mehr lustig ist.
Indem man das Olympische Golfturnier identisch zu allen anderen Turnieren auf den Profitouren macht, wird es ein absolut austauschbares Event, was in krassem Gegensatz dazu steht, dass die Olympischen Spiele ein besonderes Ereignis im Leben eines jeden teilnehmenden Sportlers sein sollen. Dazu eliminiert das Format jede Chance, den Sport für den Nicht-Golfinteressierten Fernsehzuschauer interessant zu machen. Denn machen wir uns nichts vor: In einer Zeit wo die Aufmerksamkeitsspanne auf die Länge eines Musikvideos reduziert ist, ist ein vier Tage andauerndes Golfturnier, dass täglich 8-12 Stunden dauert, nicht einmal in Zusammenfassungen spektakulär zu gestalten. Vergleicht man es mit bereits olympischen Sportarten, fällt einem nur Segeln als ähnlich gestaltetes Event ein – allerdings lässt man dort die Boote nicht in zehnminütigen Abständen starten.
Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, Golf für jeden schmackhaft zu machen. Warum macht man nicht ein Matchplay-Event daraus? Gerade einmal zwei bedeutende Turniere (Accenture Match Play und Volvo World Match Play Championship) – die auch noch einem exklusiven Kreis vorbehalten sind – folgen diesem Modus. Würde man ihn für die Olympischen Spiele adaptieren, hätte man a) ein besonderes Event geschaffen und b) die immer reizvollen Duelle Spieler gegen Spieler, nach denen der Verlierer die Koffer packen muss (oder in eine Trostrunde geschickt wird).
Eine andere Möglichkeit wäre ein Modus ähnlich dem Omega Mission Hills World Cup, wo die Spieler nicht für sich, sondern für ihr Land die Medaillen gewinnen könnten. Wie faszinierend dies sein kann, sieht man alle vier Jahre, wenn NBA-Millionäre wie Dirk Nowitzki mit Leib und Seele ihre Heimat präsentieren. Sogar ein Team-Wettbewerb mit einer gemischten Mannschaft aus Männern und Frauen wäre dabei möglich. Damit hätte Golf dann tatsächlich einen einzigartigen Status bei den Olympischen Spielen. Die Tatsache, dass diese Möglichkeiten in den Überlegungen nicht einmal stattfinden, lässt befürchten, dass wohl doch eher kommerzielle als altruistische Gründe hinter der Bewerbung stecken.