Gestern ging es im Rahmen meiner “Abschiedstournee” nach Woking. Der Club hat eine Menge Geschichte zu bieten, die man auch auf dem Gelände spüren kann. 1893 gründeten rund 100 Londoner Anwälte Woking. Das Land war günstig von der Londener Stadtverwaltung zu erwerben. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man bei Woking in (damals) unbewohnter Umgebung sehr viel Land erworben, um Verstorbene aus London begraben zu können. London platzte damals aus allen Nähten und man wusste nicht mehr, wohin mit den Verstorbenen. Krematorien waren gesetzlich verboten. Viele Jahrzehnte ging jeden Tag ein Zug in Waterloo Richtung Woking ab. An Bord Särge und Angehörige.
Um 1890 erkannte man dann, dass man so viel Land gar nicht brauchte und suchte einen Käufer. Ein paar Anwälte kamen in ihrem Barrister Club auf die glorreiche Idee, das Land zu erwerben und dort einen Golfclub zu gründen. Die Lage war für damalige Verhältnisse perfekt. Direkt an der Bahnverbindung London – Southhampton. Tom Dunn wurde engagiert um den Platz zu “designen”. Der Club führte Pionierarbeit für den Golfsport um London herum aus. Das Gründstück bestand meist aus Sandboden und Heidekraut. Kein Mensch wäre davor auf die Idee gekommen, dort einen Golfplatz zu bauen. Das Gelände erwies sich aber als perfekt für den Sport. Es hatte eine gute natürliche Drainage und war recht einfach zu pflegen. Faszinierend, wie man mit damaligen Mitteln dort einen Golfplatz bauen konnte.
Anfang des 20. Jahrhundert war Woking DER Golfplatz für Golfer aus London, die etwas auf sich hielten. 1904-05 war übrigens ein regierender Premierminister (A.J. Balfour) Captain im Woking GC. Es gibt Geschichten, dass er sogar Parlamentssitzungen schwänzte, um eine Runde in Woking zu spielen. Später kamen dann andere Clubs in der Region dazu, die Woking entlasteten: West Hill, Worplesdon, Sunningdale und Swinley Forest.
Auch auf dem Gebiet der Golfarchitektur wurde in Woking etwas neues geleistet. Zwei Mitglieder waren irgendwann nicht mehr mit dem Verlauf von Loch 4 zufrieden. Kurzerhand wurde das Course Committee überzeugt, in die Mitte des Fairways einen Bunker zu bauen. Da der Bunker auf Höhe der Drivelänge der guten Golfer platziert wurde, waren die Spieler mit einem Male mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Diese Idee wurde anschließend von Woking aus mehrfach weltweit übernommen und gehört heute fast schon zum Standard. Damals war es aber nicht normal.
Nun aber auch kurz zu meinen eigenen Erlebnissen dort. Es war gut, dass wir keine Shorts anhatten. Es liefen dort zwar viele mit kurzer Hose herum, aber jeder trug knielange Socken. Tradition hin oder her. Aber das sah wirklich albern aus. Eine andere Tradition fand ich ganz hervorragend. Die Grüns in Woking galten immer schon als herausragend. Und das waren sie auch wirklich. Sehr onduliert und unglaublich schnell. Der Boden war so hart, dass man kaum mit der Pitchgabel die Ballmarken entfernen konnte. Der Platz war nicht zu lang (6300 Yards), was mir als Shorthitter entgegen kam. Dazu kam noch der Preis (35 Pfund ab 15.30Uhr), der Woking an die Spitze meiner Kurse bezüglich Preis-Leistung führte. Einen Nachteil gab es aber doch. Wir bekamen nach unserer Runde kein Bier. Warum? Wir hatten kein Sakko und keine Krawatte dabei.