Der Confidential Guide to Golf Courses von Tom Doak ist hier im Hause Spieltgolf der Brockhaus der Golfplatzkritik. Bereits vor einigen Jahren haben wir das Buch vorgestellt. Das Sammlerstück erzielte bei ebay und Antiquariaten Höchstpreise, war es doch das einzige Werk wo ein Golfplatzarchitekt – noch dazu einer der weltbesten – über seine Arbeit und die seiner Kollegen urteilte ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Doch jetzt ist das Werk auch für vernünftige Preise zu erhalten, denn seit 2014 hat Doak zusammen mit einigen Vertrauten (Ran Morrissett von Golf Club Atlas, Darius Oliver von Planet Golf und Golf Magazin Rater Masa Nishijima) eine Neuauflage seines Kompendiums herausgebracht – oder besser gesagt eine Reihe von Neuauflagen, denn er hat das Buch jetzt in fünf Regionen aufgeteilt. Jedes Jahr erscheint eines davon im Direktvertrieb und kann zum Preis von 60 Dollar (plus Versand) auf der Website von Doaks Firma Renaissance Golf geordert werden. Natürlich haben sowohl der Reisegolfer als auch ich dieses sofort getan und sind nicht nur stolze Besitzer der ersten beiden Bände, sondern haben jeweils zu einem davon ein Bild beigetragen. Band 1 beschäftigte sich mit Großbritannien und Irland, Band 2 mit den Winter-Destination der USA. Im Spätsommer erscheinen die US-Sommer-Ziele und 2017 ist endlich Kontinentaleuropa dran. Wir haben mit dem Amerikaner per e-mail-Interview über sein Buch gesprochen, warum er es neu aufgelegt hat und ob er auch Pläne hat, sich deutsche Plätze anzuschauen.
Herr Doak, wann haben Sie beschlossen, den Confidential Guide to Golf Courses neu aufzulegen?
TOM DOAK: Ende 2012. Ich habe realisiert, dass ich anders als früher nicht mehr genügend herumkomme um mir andere Plätze anzusehen und neue Inspirationen zu bekommen.
Haben Sie viele Plätze aus dem alten Confidential Guide to Golf Courses neu besucht?
Explizit aus diesem Grund keinen. Aber in den 20 Jahren seit der letzten Auflage habe ich vermutlich ein Drittel der 750 Plätze aus dem alten Buch neu besichtigt. Und natürlich haben meine Co-Autoren ihre eigenen Besuche gemacht.
Sie kennen unzählige Leute in der Golfindustrie und reden vermutlich viel mit ihnen über die besten Golfplätze und versteckte Juwelen. Können Sie überhaupt noch von Plätzen überrascht werden?
Ich denke nicht, dass da draußen irgendwelche 9er oder 10er [Anm. d. Red.: Doak benutzt ein Bewertungssystem von 0-10] sind, die ich nicht kenne – es sei denn, sie sind ganz neu. Aber es gab schon einige tolle Überraschungen in den letzten Jahren. In Ausgabe 2 waren Audubon Park in New Orleans, Laurel Country Club in Mississippi und El Potrerillo de Larreta in Argentinien großartige Entdeckungen. Im letzen Herbst habe ich in Frankreich den Valliere-9-Loch-Platz von Morfontaine gespielt, den ich vor 30 Jahres verpasst hatte – der besitzt einige der spektakulärsten Grüns, die ich je gesehen habe. Und vermutlich die größte Überraschung überhaupt war der Himalayan Golf Club in Nepal, der eine lebensverändernde Erfahrung für mich war. Aber der muss noch bis Ausgabe 5 in 2018 warten.
Sie waren bei der ersten Ausgabe wütend darüber, dass sich die Medien auf Ihre Negativ-Bewertung des Castle Course von St. Andrews fokussiert haben. Aber ist diese Reaktion nicht im Grunde genommen die perfekte Rechtfertigung für das Buch? Denn anders als bei Filmen oder Musik gibt es nur wenige ehrliche, kritische Golfplatzbewertungen. Warum findet auf diesem Gebiet keine ehrliche Diskussion statt?
Ich war wütend weil die Golfmagazine versucht haben aus meiner Kritik des Castle Courses eine persönliche Attacke auf David Kidd zumachen – was komplett im Widerspruch zu dem steht, was die Kritik sagt. Aber es gefällt ihnen nun mal Kontroversen heraufzubeschwören und ich glaube insgeheim mochten viele von ihnen selber den Platz überhaupt nicht und waren früh darüber, dass sie mich dafür als Schutzschild benutzen konnten.
Das Problem mit Golfplatzbewertungen ist, dass alle neuen Plätze so sehr mit dem Architekten identifiziert werden, dass es zu persönlich wird. Man kann einen Tom-Hanks-Film schlecht finden ohne zu sagen, dass Tom Hanks ein schlechter Schauspieler ist. Aber wenn ich sage, dass ein Jack-Nicklaus-Platz schlecht ist, denke die Leute, dass ich meine Jack Nicklaus ist ein schlechter Architekt. Das ist er nicht. Es ist nur so, dass nicht all seine Plätze die gleiche Aufmerksamkeit bekommen oder die gleichen Möglichkeiten haben. Aber wenn man das sagt, tritt man den “Signature” Designern auf die Füße, die die Welt überzeugt haben, dass alles wo ihr Name drauf steht, die höchste Qualität hat. Es wird als Attacke auf ihr Geschäftsmodell gesehen und sie sind sehr bemüht darum, dieses Modell zu verteidigen.
Das Traurige ist, dass es viele Architekten gibt, die Dir nicht einmal sagen können, wann sie einen richtig guten Platz gebaut haben, weil sie so beschäftigt damit sind, vorzugeben, dass die anderen alle genauso gut sind.
War diese Aufregung die intensivste Reaktion, die Sie je bekommen haben? Oder gab es bei den früheren Ausgaben ähnliche?
Das hier war intensiver, weil ich heute bekannter bin als vor zwanzig Jahren. Damals haben sich zwar auch alle auf die negativen Besprechungen konzentriert, aber sie haben es nicht versucht als persönlichen Angriff zu interpretieren. Die Tatsache, dass ich heute ein Architekt bin, der mit anderen konkurriert, macht ihrer Meinung nach einen großen Unterschied. Natürlich sehe ich das völlig anders. Ich habe immer wieder betont, dass meine Besprechungen mehr Lob für die Arbeit meiner Kollegen beinhaltet, als alles andere was je gedruckt wurde. Und da jeder weiß, dass ich ein Architekt bin, werden die Leser ohnehin einige meiner negativen Kommentare als Neid abtun. Ich habe sehr viele emails über meine Kritik des Castle Course bekommen. Einige von ihnen stellten in Frage ob ich solche Dinge über die Arbeit eines anderen Architekten sagen dürfte. Aber keine von ihnen hat gesagt, dass der Castle Course ein feiner Platz ist und alles was ich geschrieben habe falsch sei.
Anders als Sie haben ihre Co-Autoren in den ersten beiden Ausgaben noch keine 0, nicht einmal eine 1 vergeben. Haben sie mehr Angst jemandem auf die Füße zu treten?
Da bin ich mir sicher. Ich kann sie keinem Lügendetektor-Test unterziehen um festzustellen ob sie einen odeer zwei Plätze aus ihrem Gedächtnis gestrichen haben, damit sie ihn nicht besprechen und schlecht benoten müssen. Eines Tages würde ich gerne in der Lage sein, mich dazuzugesellen. Aber die Doak Skala ist aus gutem Grund bekannt. Deshalb ist es für mich nicht möglich zurückzugehen und sie zu kastrieren. Ich muss alle nach dem gleichen Standard bewerten.
Als jemand mit Handicap 11 finde ich meine Meinung sehr gut repräsentiert in dem Buch weil ich nicht gut genug bin, dass Plätze für mich keine Herausforderung mehr sind und ich immer noch einschätzen kann ob ein Platz fair für höhere Handicaps ist. Denken Sie, dass bessere Spieler weniger mit Ihren Einschätzungen konform gehen?
Ihr Spiel klingt ganz nach meinem eigenen. Viele Architekten sind exzellente Spieler – nicht nur die ehemaligen Profis. Sogar Pete Dye und davor Harry Colt waren sehr gute Amateure, die sogar an Meisterschaften teilgenommen haben. Auf diesem Weg bekommt man normalerweise die Reputation genug über Golf zu wissen, damit die Leute denken, dass man gut beim Gestalten eines Platzes ist. Designer wie Alister MacKenzie und Tom Simpson sind die Ausnahmen – erfolgreiche Architekten die sich mit ihren Ideen statt ihren Spielfähigkeiten einen Namen gemacht haben. Ich versuche mich bei meinen Bewertungen oft zu zügeln und zu sagen, dass bessere Spieler einen bestimmten Platz mehr oder weniger genießen könnten. Aber wenn er alle anspricht, ist die Note höher.
Beim Vergleich mit der alten Aussage habe ich festgestellt, dass viele Plätze geschlossen haben, dafür aber starke neue Plätze hinzugekommen sind. Glauben Sie, dass es heute mehr oder weniger gute Golfplätze als bei der letzten Ausgabe gibt?
Es gibt heute viel mehr gute Plätze als vor 20 Jahren. Darum habe ich auch Co-Autoren angeheuert, weil es keine Möglichkeit gab herumzukommen und mehr als einen Bruchteil der neuen Plätze zu sehen.
Wie gehen Sie an die Bewertung Ihrer eigenen Plätze heran? Das ist sicher nicht leicht. Der Leser wird denken, dass Sie bei einer guten Beurteilung nicht neutral sind. Aber der Investor könnte sagen “Wenn Sie es nur für eine 6 halten, warum haben Sie es nicht besser gemacht?”
Ich bin mir sicher, dass die meisten Leser die Noten für meine eigenen Plätze mit Vorsicht genießen – das ist ein weiterer Grund warum Co-Autoren hilfreich sind. Das viel Größere Problem sind wirklich die Klienten die denken, ich sollte ihren Plätzen eine 9 oder 10 geben. Aus dieser Sicht sollte es klar sein, dass ich einer meiner härtesten Kritiker bin, genau wie gegenüber anderen Architekten.
Am Anfang Ihrer Bücher haben Sie immer einen Gourmet’s Choice, der die besten Plätze dieser Ausgabe noch einmal besonders hervorhebt. Gibt es viele Diskussionen mit Ihren Co-Autoren welche den Cut schaffen?
Es wird schon ein wenig gefeilscht, besonders da wir idealerweise versuchen Plätze aus verschiedenen Regionen abzubilden und weil ich die Regel vorgegeben habe, dass jeder Designer nur einmal im Gourmet’s Choice vertreten sein darf. Es war schon eine Herausforderung zu entscheiden ob James Braid in Volume 1 nun mit Carnoustie, Pennard oder St. Enodoc vertreten sein soll. Das Schwierigste ist, dass es so viele feine Plätze gibt, die wir in den hinteren Teil des Buches verbannen müssen. Aber wenn wir Zweifel haben, bevorzugen wir es die weniger bekannten Plätze hervorzuheben statt der Top-20-Plätze, die jeder kennt.
Im angesprochenen hinteren Teil ist der Gazzetteer, in der Sie die besten Plätze in den diversesten Kategorien küren. Wie kommen Sie auf Kategorien wie “Plätze mit den besten Bunkernamen” oder “Plätze, die die meiste Munition verbrauchen”?
Das ist für mich der schwierigste Teil des Buches: sich durch all die Plätze durchzuwühlen und 60 verschiedene Listen zu finden. Es ist unvermeidlich, dass wir hier den einen oder anderen offensichtlichen Kandidaten vergessen an den uns dann unsere Leser erinnern.
Können Sie grob beziffern wie viele Plätze Sie in ihrem Leben schon gesehen haben?
Da ich ihnen allen Bewertungen geben muss, kann ich es sogar recht präzise sagen. Ende 2015 war ich bei 1428 Plätze. Es gibt vielleicht ein paar Dutzend mehr, die mittlerweile geschlossen sind und deshalb nicht mehr in den Büchern auftauchen. Es ist allerdings schon lange her, dass ich gezählt habe wieviele davon ich gespielt habe. Als ich es das Letzte Mal gemacht habe, war es in etwa die Hälfte der Plätze. Aber wenn ich in einer Stadt nur einen Tag Zeit habe um mir Golfplätze anzusehen, gehe ich lieber zwei oder drei von ihnen ab als nur einen zu spielen und die anderen gar nicht zu sehen.
Außer den ganz neuen Plätzen: Gibt es noch welche, die Sie gerne sehen würden?
Das ist zur Hälfte der Grund warum ich diese Neuauflage herausbringe – damit ich all die Plätze sehen kann, die ich gerne sehen würde. Ich habe so viele auf meiner Liste, besonders in Europa. Ich würde gerne Tom Simpsons Arbeiten in Belgien sehen, in Spa und Sart-Tilman und dann rüber nach Hubbelrath. In Frankreich gibt es Granville, in Italien Biella und in Schweden Falsterbo – obwohl meine Co-Autoren sie schon alle gesehen haben. Keiner von uns hat bisher Zeit in Marokko verbracht. Dort soll es mittlerweile einige hervorragende Plätze geben. Von den neueren Plätzen sehen am spannendsten Sand Valley in Polen, Thracian Cliffs in Bulgarien und Lofoten Links in Norwegen aus.
Die vierte Ausgabe des Confidential Guide to Golf Courses konzentriert sich auf Kontinental-Europa. Sie waren glaube ich kaum in Deutschland. Werden Sie hier herkommen? Und welche Plätze interessieren Sie?
Meine junge, deutsche Mitarbeiterin Angela Moser stellt eine Liste von Plätzen zusammen, die wir sehen sollten wenn ich nach Deutschland komme – entweder diesen Sommer oder nächsten. Die einzigen Plätze, die ich bisher gesehen haben sind der Hamburger Golf Club und der Club zur Vahr in Bremen, die ich beide sehr interessant fand. Ich war mit meiner Frau vor ein paar Jahren in München, aber es schienen keine Plätze in der Nähe zu sein, die meine Aufmerksamkeit erregt haben.