Am morgigen Dienstag wird Corey Pavin bekannt geben, welche vier Spieler das amerikanische Ryder-Cup-Team komplettieren werden. Wie sein europäischer Kollege Colin Montgomerie steht er dabei vor einem Dilemma – allerdings ganz anderer Art. In Europa stritten sich 4 1/2 erstklassige Spieler in Topform um die drei Plätze. Beim US-Team gibt es momentan vielleicht einen Spieler, den man als Verstärkung zählen kann. Verletzt, außer Form, zu unerfahren. Die Argumente, die gegen die rund ein Dutzend Kandidaten sprechen sind vielfältig. In der Reihenfolge der amerikanischen Ryder Cup Points List sind dies:
Anthony Kim
Vor wenigen Monaten war Kim aus dem U.S. Team nicht wegzudenken. Er spielte super, war in den Top 10 der Welt und bewies bereits beim letzten Ryder Cup, dass er den nötigen Enthusiasmus und die Matchplay-Qualitäten für den Ryder Cup besitzt. Dann kam die Handverletzung. Seither verpasste er bei fünf Starts vier Mal den Cut – und das auch nur weil beim Bridgestone Invitational ohne Cut gepielt wurde. Kim wurde Viertletzter. Es wäre geradezu fahrlässig von Pavin ihn am Dienstag ins Team zu berufen.
Lucas Glover
Seit er 2009 die U.S. Open gewann, war Glover lange Zeit fest im Ryder Cup Team. Dass er es trotz eines dritten Platzes bei der Players Championship dennoch nicht geschafft hat, spricht klar gegen seine Konstanz. Auch die aktuelle Form ist kein Argument für ihn. Ein verpasster Cut bei der Barclays und zwei miese Schlussrunden bei der Deutsche Bank Championship haben ihn gerade aus den Playoffs um den FedEx cup geworfen. Ein weiterer Spieler, dessen Teilnahme nur die Europäer freuen würde.
Zach Johnson
Wer sein Geld auf einen Captain’s Pick setzen will, sollte Zach Johnson nehmen. Pavin braucht dringend erfahrene Spieler und Johnson passt da optimal. Zwar nahm er nur an einem Ryder Cup (2006) teil und hatte dort noch nicht einmal eine positive Bilanz, aber als Majorsieger schauen die jüngeren Spieler zu ihm auf. Zudem zeigte er in den letzten Wochen als einer der wenigen Amerikaner Konstanz und dürfte damit die einzige sichere Wahl für Pavin sein. Schließlich hat das amerikanische Team Johnsons heißen Draht zu Gott bitter nötig.
Tiger Woods
Die zentrale Frage – Wird Tiger Woods dabei sein oder nicht – ist keine Frage. Natürlich wird Tiger Woods dabei sein. Der Grund dafür sind nicht die Spekulationen, dass NBC aus Quoteninteresse Corey Pavin unter Druck setzen wird. Der Grund wird sein, dass es keine vier Spieler gibt, die derzeit so deutlich besser in Form sind als Woods, dass man die Nummer 1 der Welt zu Hause lassen könnte. Das Einzige was Pavin von Woods sehen musste, ist, dass er auf dem Weg der Besserung ist. Und das hat er mit drei Runden unter Par in Folge bei der Deutsche Bank Championship getan. Das Argument gegen Woods ist, dass ihm der Ryder Cup am Allerwertesten vorbei geht und dass er Gift für die Moral ist. Doch das war einmal. Woods ist nicht doof. So schön individuelle Triumphe auch sind, er weiß genau wieviel es seinem Ansehen und seiner Rückkehr in die Normalität bringen würde, wenn er als aktiver Führungsspieler den Ryder Cup in die USA holt. Woods wird sich reinhängen wie nie zuvor. Und wenn er etwas unbedingt will, ist er immer noch eine Bedrohung. Und wenn er das von alleine nicht schafft, muss Corey Pavin ihn einfach mal mit Michelle Wie zusammenbringen für die der Solheim Cup ein ähnliches Erwachen war.
Bo Van Pelt
Eigentlich müsste Pelt dabei sein. Wieviele Spieler können schon sechs Top-10-Platzierungen in diesem Jahr aufweisen, darunter so bedeutende Turniere wie das Bridgestone Invitational, das Memorial und die Players Championship. Doch wer kennt Bo Van Pelt? Genau das könnte sein Problem sein. Van Pelt ist einfach ein zu unbeschriebenes Blatt, andere Rookies wie Rickie Fowler oder Sean O’Hair bringen mehr Glamour ein und werden vermutlich auch von Pavin eher wahrgenommen.
Stewart Cink
Der Open Champion von 2009 wird der dritte Spieler sein, den Corey Pavin aufrufen wird. Die Argumente sind ähnlich wie die für Zach Johnson. Major Champion (noch dazu in Europa), noch einmal deutlich erfahrener im Ryder Cup mit vier Teilnahmen, und zur rechten Zeit ein kleines Form-Ausrufezeichen mit drei Runden in den 60ern bei der Deutsche Bank Championship und der vierten Top-20-Platzierung in Folge.
Ben Crane
Das Albtraumszenario jedes Golf-Fans: Ben Crane und Padraig Harrington in einem Vierer beim Ryder Cup. Während die anderen Teams schon ihre Nachmittags-Session beenden, ist ihr Match noch nicht mal mit der Vormittagsrunde fertig. Hoffen wir, dass Corey Pavin ein Einsehen hat und Crane daheim lässt. Letztlich könnte Crane mit seinem verpassten Cut bei der Deutsche Bank Championship selber dafür gesorgt haben, da der letzte Eindruck ja bekanntlich hängen bleibt und seine letzte Top-10-Platzierung schon drei Monate her ist.
Ricky Barnes
Barnes ist nicht in den Top 50 der Welt, verpasste in zwei seiner drei letzten Turniere den Cut und spielte bei der Deutsche Bank Championship drei Runden in den 70ern. Er spielt in Pavins Überlegungen keine Rolle.
Nick Watney / Sean O’Hair / J.B. Holmes / Rickie Fowler
Der vierte Captain’s Pick sollte aus diesem Quartett stammen, das die Plätze 17-20 im amerikanischen Ryder Cup Ranking belegt. Mit seinem verpassten Cut bei der Deutsche Bank Championship hat Sean O’Hair seinen Hoffnungen einen Riesen-Dämpfer verpasst. Das Problem ist, dass er ein Spieler der Extreme ist. In seinem letzten 12 Turnieren verpasste er vier Mal den Cut, andererseits landete er sieben Mal unter den ersten 12.
Das sollte ihn in der Rechnung von Pavin aber dennoch vor Fowler bringen, den viele als angebliche Birdie-Maschine gerne im Team sähen. Doch die Ergebnisse der letzten zwei Monate, in denen Fowler nie die Top 30 knackte, sprechen dagegen. Vielleicht nimmt Pavin ihn mit, dann aber als Gast wie Faldo es 2008 mit Martin Kaymer tat.
J.B. Holmes kommt wohl nur ins Spiel, wenn Pavin ganz auf ein Bomber-Team setzt. Bubba Watson, Dustin Johnson, Mickelson, Woods: da würde ein weiterer Longhitter gut reinpassen. Zudem war Holmes 2008 beim Ryder Cup dabei und holte 83% seiner möglichen Punkte. Nur dass er außerhalb der Top 50 der Weltrangliste steht, spricht gegen ihn.
Bliebe noch Nick Watney. Sechs Cuts in Folge, Top 10 bei der Open Championship, Top 20 bei der PGA Championship und ein solides letztes Turnier. Es spricht viel für ihn. In Prozenten ausgedrückt: Watney 40%, Holmes 30%, O’Hair 25%, Fowler 5%