Heute begann im grandiosen Royal Melbourne Golf Club der World Cup of Golf – der einzige Nationenwettstreit im Golfsport. Oder zumindest war es das einmal, bevor sich die Golf-Oberen entschlossen, auch diesen Wettkampf mit allen anderen, ewig selben Turnieren gleichzuschalten.
Seit 2000 fand der World Cup als Teamwettbewerb statt, in dem zwei Vertreter eines Landes gemeinsam im klassischen Vierer und Vierer Bestball antraten. Eine schöne Abwechslung zum schnöden Strokeplay, das uns European Tour und PGA Tour die übrigen 50 Wochen im Jahr bescheren. Und ein Format, das dafür sorgte, dass ein bunter Strauß an Nationen die Siegerlisten des World Cups ziert: von Superstars wie David Duval und Tiger Woods oder Paul Casey und Luke Donald bis hin zu krassen Außenseitern wie den Japanern Toshimitsu Izama und Shigeki Maruyama oder den Walisern Stephen Dodd und Bradley Dredge.
Das Problem an der Sache: Nachdem sich die Neugierde gelegt hatte, zogen es die Superstars vor, dem Turnier fern zu bleiben. Schließlich gab es keine Weltranglistenpunkte zu holen, und – gepaart mit den Unsicherheiten eines Teamwettbewerbs – war das garantierte Preisgeld war nicht hoch genug, um sie zum Verschieben ihrer Winterpause zu locken. Als Reaktion beschlossen die Tourchefs in diesem Jahr den Modus dahingehend zu ändern, dass das Turnier zu einem Individualwettbewerb mit angeschlossener Teamwertung wird.
Entsprechend kann man erwarten, dass Cinderella-Stories in Zukunft noch seltener werden. Schließlich kann ein gut funktionierendes Duo – besonders beim klassischen Vierer – individuelle Defizite immer noch mal kaschieren. In gewisser Weise ist es vergleichbar mit der 4×100 Meter Staffel in der Leichtathletik, wo vermeintlich schwächere Teams durch perfektionierte Wechsel manchmal selbst übermächtige Nationen schlagen können. Was wohl die Reaktion wäre, wenn die IAAF plötzlich beschließt, dass die 4x100m-Staffel in Zukunft nur noch durch Aufaddieren der Einzelergebnisse entschieden wird?
Doch die Entscheidung der International Federation of PGA Tours kommt nicht überraschend, wenn man bedenkt, wie sehr die Tourwarte darauf bedacht sind, alles zu eliminieren was nicht der Norm entspricht. Im Grunde genommen ist es ein Wunder, dass so etwas wie das Accenture Match Play überhaupt noch existiert. Zu groß ist die Angst vor einem Finale zwischen Kiradech Aphibarnrat und Jamie Donaldson, dem damit verbundenen Absturz bei den Einschaltquoten und der Reaktion von Titelsponsor und TV-Stationen. Aus diesem Grund kehrt die PGA Championship beispielsweise nicht wieder zum Matchplay-Modus zurück – und fristet weiterhin ein Nischendasein als widerwillig toleriertes Major.
Und auch andere, aus dem Zählspiel-Einerlei ausbrechende Turniere, wurden in den letzten zehn Jahren aussortiert. So etwa die im modifizierten Stableford-System ausgetragene ANZ Championship auf der European Tour und ihr Gegenstück auf der PGA Tour, The International. Dessen Wettkampfmodus findet man mittlerweile nur noch bei der Reno-Tahoe Open, wo er keinen Schaden anrichten kann, weil sich die Golfwelt ohnehin nur für das zeitgleich ausgetragene Bridgestone Invitational interessiert.
Doch es sind nicht nur Außenstehende, die auf das standardisierte 72-Loch-Zählspiel-Turnier drängen: auch die Spieler selber tragen dazu bei, indem sie bei Turnieren außerhalb der Norm einfach nicht antreten – sei es weil das Preisgeld zu niedrig ist, die Strapazen zu hoch sind, oder weil sie glauben der jeweilige Modus würde andere Spieler ungerecht bevorteilen. Und um diesen Diskussionen auszuweichen, drücken sich Tim Finchem, George O’Grady und ihre Kollegen auf den anderen Touren davor neue, originelle und vielleicht auch hochinteressante Wettkampfformen auszuprobieren. Den besten Beleg dafür werden wir in zweieinhalb Jahren sehen.
Wenn der Golfsport 2016 in Rio de Janeiro auf die olympische Bühne zurückkehrt, werden dieselben Spieler, die man Woche für Woche sieht (oder zumindet eine kleine Delegation von ihnen) dasselbe Format spielen, das man Woche für Woche sieht. Die Chancen, dass der olympische Einheitsbrei in Golfzirkeln und darüber hinaus für Aufsehen sorgt, sind dementsprechend gering. Besonders die Tatsache, dass es keine Nationenwertung geben wird, ist ein Desaster. Denn wie aufregend es sein kann, wenn Golfer statt um die üblichen Millionen für Ruhm, Ehre und ihre Heimat spielen, kann man alle zwei Jahre beim Ryder Cup sehen, der – welch Zufall – so ziemlich das populärste Ereignis ist, das der Golfsport zu bieten hat. Doch weil sie Angst vor dem Echo haben wenn Tiger Woods, Rory McIlroy oder Phil Mickelson nur unter ferner liefen landen oder gar nach einem Tag ihr Zimmer im Copacabana Palace Olympischen Dorf räumen müssen, gehen die Herren Tourwarte den Weg des geringsten Widerstands und schrecken vor Innovationen zurück. Eine traurige Entwicklung.