Das, was Eddie “The Eagle” Edwards für das Skispringen war, war Maurice Flitcroft für den Golfsport: ein liebenswerter Loser, den die eine Hälfte verdammte und die andere Hälfte für seine Hartnäckigkeit liebte. Offensichtlich inspiriert von dem Amerikaner Walter Danecki, der sich 1965 als angeblicher Pro in ein Qualifikationsturnier für die Open Championship einschlich und Runden von 108 und 113 – 81 über Par – spielte, versuchte Flitcroft 1976 einen ähnlichen Coup. Mit einem Schläger-Halbsatz aus dem Katalog, einem Golfschwung, den er sich per Anleitungsvideos erarbeitete und gerade mal 18 Monaten Golferfahrung meldete sich der 46-jährige Ex-Stuntman und Hafenarbeiter als Professional für die Open-Qualifikation an – schließlich hatte er noch nie 18 Loch gespielt und somit kein Handicap, das er in die Spalte für Amateure eintragen konnte.
Weil die R&A zur damaligen Zeit recht achtlos mit den Anmeldungen umging, lud man Flitcroft zum Qualifikationsturnier in Formby ein, wo er einen Rekord für die Ewigkeit aufstellte: 121 Schläge, oder 49 über Par. Zwar hatte er gute Begründungen für seine Runde – einen angeblichen Hexenschuss und die Tatsache, dass er seinen Lieblingsschläger im Auto vergessen hatte – doch das schützte ihn nicht vor dem Zorn des obersten Golfherren Keith Mackenzie. Fuchsteufelswild, dass Flitcroft mit seiner Runde die Schlagzeilen der Tageszeitungen diktierte, schloss Mackenzie ihn auf Lebenszeit von den Open aus. Doch von so etwas lässt sich ein echter Golfer nicht aufhalten.
Als seine Anmeldung im kommenden Jahr abgelehnt wurde, forderte er Mackenzie in einem aberwitzigen Briefwechsel zu einem Match Play auf dem Old Course von St. Andrews heraus. Als dieser Vorschlag wenig überraschend unbeantwortet blieb, änderte er einfach seinen Namen. Mit an Absurdität kaum zu überbietenden Pseudonymen wie Gerald Hoppy, Graf Manfred von Hoffmanstal, Gene Pacecki (gesprochen Paycheck-i) und James Beau Jolley bewarb er sich zwischen 1978 und 1990 für weitere Open-Qualifikationen – und erschien bei Erfolg mit immer kreativeren Verkleidungen. So färbte er sich für seine Nummer als schweizer Golfprofi Hoppy die Harbe und legte sich einen falschen Zwirbelbart zu.
Insgesamt noch drei Mal gelang es ihm die R&A zu foppen. In welchem Jahr er welche Pseudonyme benutzte, ist mittlerweile nicht mehr glaubwürdig nachzuvollziehen. Dafür jedoch das Ergebnis. 1978 wurde er nach wenigen Löchern des Platzes verwiesen, 1983 schaffte er es immerhin mit einer 63 über die Front Nine und bei seinem letzten Coup im Jahr 1990 ertappten ihn die Offiziellen bereits auf Loch 3 – laut Flitcroft angeblich nur weil er keinen amerikanischen Akzent konnte, schließlich lag er mit 3 über Par noch gut im Rennen. Es war Flitcroft finaler Versuch einer Open-Qualifikation. Das letzte Mal, dass man ihn auf einem Golfplatz sah – er hatte fast überall in Großbritannien Platzverbot – war 1993, als er einem Reporter des Daily Telegraph seine irrwitzige Lebensgeschichte erzählte. Anschließend stellte er der Zeitung ein Dutzend verlorene Golfbälle in Rechnung.
Die absurde Lebensgeschichte von Flitcroft schreit eigentlich förmlich nach einer Verfilmung. Dass es dazu bisher nicht gekommen ist, liegt vielleicht daran, dass viele Details seines Treibens bis heute im Dunkeln geblieben sind oder mittlerweile durch die bei Legenden üblichen Übertreibungen verschwommen erscheinen. Flitcroft selber ist dazu leider nicht mehr zu befragen. Er starb am 24.März 2007 im Alter von 77 Jahren bevor seine Memoiren veröffentlicht werden konnte. Ihr kinoreifer Arbeitstitel: “Das Phantom der Open”
PS: Vielen Dank an Earl aus dem Spicy Golf Forum für die Inspiration zu dem Artikel