Ausriss DGV

Bizarre Annäherung an die Entfernung

Ausriss DGV

Es ist manchmal schon erstaunlich, wie traditionell beziehungsweise innovationsfeindlich der Golfsport doch in manchen Dingen so ist. Zum Beispiel, wenn es um die Kleiderordnung in den Clubs geht. Eine Runde im T-Shirt? Womöglich mit Aufdruck? Und die Baseball-Mütze (Man beachte das Wort “Baseball”) falsch herum aufgesetzt? Undenkbar für viele Clubgolfer. Als Totschlag-Argument dient dann in den meisten Fällen die gute alte Tradition. Ich meine allerdings, man könnte da ein wenig mit der Zeit gehen. Aber das habe ich in diesem Blog ja schon ausführlich geschrieben.

Umso erstaunlicher ist es allerdings, wie innovationsfreudig der Golfsport dann doch manchmal sein kann – nehmen wir zum Beispiel die optischen Entfernungsmesser und GPS-Geräte. Seit diesem Jahr ist nämlich die Benutzung dieser Hilfsgeräte mehr oder weniger legal im Wettspiel. Der Deutsche Golf Verband hat sie in Anlehnung an die Regelhüter vom Royal & Ancient in St. Andrews und vom US-amerikanischen Gegenstück, der USGA, für Turniere freigegeben. Die hiesigen Clubs dürfen nun selbst entscheiden, ob die elektronischen und optischen Gimmicks erlaubt sind. Man geht also ein wenig mit der Zeit. Ich meine allerdings, dass genau hier Traditionsbewusstsein angesagt ist.

Zunächst sollte man sich einmal die Frage stellen, warum diese Zielhilfen plötzlich erlaubt sind, wo es doch schon ein fieser Regelverstoß ist, wenn mir ein Mitspieler aus Versehen erzählt, wie weit es von meiner Position zur Fahne ist. Also: Warum werden diese Geräte, die mich per Regeldefinition konstant belehren, für den Turnierbetrieb legalisiert? Ich habe eine kleine Vermutung: Weil eine millionenschwere Lobby dahintersteckt.

Zurzeit teste ich für meinen Arbeitgeber mehrere GPS-Geräte, was eigentlich relativ viel Spaß macht. Das kleinste Maschinchen ist so groß wie eine Schogette, hat nicht wirklich viele Features – und kostet knapp 200 Euro. Und in dieser Preisklasse liegen alle Muster, die sich derzeit auf meinem Schreibtisch tummeln. In meinen Augen war der Kaufanreiz für die digitalen Entfernungsmesser noch vor kurzem relativ gering. Das hat sich 2012 schlagartig geändert.

Jetzt ist es erlaubt, sich mit Golf-Navis und Laser-Ferngläsern einen Vorteil zu erkaufen. Und wie ich viele meiner Mitgolfer kenne, werden diese zumindest mit dem Gedanken spielen, sich solch ein Gerät zuzulegen. Im Kampf um ein besseres Handicap sind schließlich alle Mittel (Hallo CSA!) recht. Der Umsatz dieses Golfindustriezweiges sollte also zulegen – und das freut nicht nur die Hersteller, sondern auch die Magazine und Internetseiten, die sich über mehr Anzeigen aus diesem Segment freuen. Soweit meine Milchmädchenrechnung.

Doch warum habe ich etwas gegen die Freigabe der Zielhilfen für Wettspiele? Ganz einfach: Es widerspricht meiner Auffassung des Golfsports. Für mich gehören das Gefühl für die richtige Entfernung und Augenmaß genauso zum Spiel wie der korrekte Schwung und das Erkennen der Puttlinie. Ich gehe da eher mit dem famosen Jedimeister Obi Wan Kenobi konform, der schon Luke Skywalker sagte, dass er sich von seinen Gefühlen leiten lassen sollte. Luke vertraute ebendiesen, schaltete seinen Zielcomputer aus und zerstörte den Todesstern. Gleiches verlange ich in Turnieren auch von meinen Mitspielern. Nicht die Sache mit dem Todesstern, sondern die Nummer mit dem Zielcomputer. Ich halte Entfernungsmesser jedweder Art für eine Wettbewerbsverzerrung. Zumindest wenn es ums Handicap geht. Auf der Privatrunde soll jeder glücklich werden. Da drücke ich – selbst wenn es schwer fällt – auch bei Ballangeln ein Auge zu.

  1. WAS?!!! Du hast die Dinger und sagst mir nichts? jetzt wird mir klar warum du heute früh so präzise gespielt hast :-)
    Möge der Slice mit dir sein.

  2. Ja, Ja und nochmal JA! Du hast so Recht und bringst es mit deinen Hinweisen auf die strafschlagbewehrte Belehrung und die bigotten Bekleidungstradition auf den Punkt. Dankeschön.

  3. Ich hab kein Problem mit den Geräten. Es gibt doch auch Birdiebooks, Entfernungsmesser am und auf dem Fairway und und und. Nach Gefühl hat auch vor den Geräten keiner gespielt, dafür geht es mit ihnen schneller – wenn man mit ihnen umgehen kann.

    1. Rüdiger, du verstehst mich anscheinend falsch. Ich habe nichts gegen die Geräte. Ganz im Gegenteil. Die Dinger machen sogar recht viel Spaß. Ich habe etwas gegen die Regeländerung, die in meinen Augen nur aus wirtschaftlichen Gründen und dank der Überzeugungskraft der Industrie zustande gekommen ist.

      Weiterhin kritisiere ich, dass die Regeländerung im Widerspruch zu anderen Golfregeln steht. Sprich: Ein Mitspieler darf mir keine Entfernung verraten, ein schlaues Gerät schon. Aber dieses Gerät darf mir keinen Schläger vorschlagen, aber meinem menschlichen Caddie (auch Ausrüstung) ist dieses erlaubt.

      Entfernungsmarkierungen und Birdiebooks in allen Ehren, aber das sind nur Anhaltspunkte und diese sind nicht mit GPS-Geräten zu vergleichen.

      Und natürlich spiele ich nach Gefühl. Damit meine ich – wie bereits im Text ausgeführt – das Gefühl für Entfernung. Deine Behauptung, dass es mit den Geräten schneller geht, sofern man mit ihnen umgehen kann, halte ich für eine interessante These.

      Normalerweise sollte man sich schon auf dem Weg zum Ball überlegen, welchen Schläger man nimmt. Das spart tatsächlich Zeit. Dies entfällt nun, denn erst wenn du am Ball stehst, guckst du auf dein GPS oder ins Fernglas(das erst mal aus dem Bag gekramt wird). Ob die Schlägerentscheidung dann tatsächlich schneller geht, wage ich zu bezweifeln.

      Und was den in der Metaebene etwas arrogant klingenden Nebensatz “wenn man mit ihnen umgehen kann” angeht: Zwei der drei Geräte, die ich gerade teste, sind komplett idotensicher. Zumindest wenn es um die Entfernung zum Grün geht. Du musst überhaupt nix machen. Nur draufgucken, Zahl ablesen, fertig. Bei einem entfällt sogar das – es hat eine Sprachausgabe.

      BTW Bis du am 1. Juni mit deiner Milchstraßenbande am Treudelberg am Start?

  4. Hallo Golfnerd,

    entschuldige, wenn ich mich mal zu Deinem Blog einmische und mit einem Kommentar versehe. Ich bin nämlich in diesem Fall mal nicht Deiner Meinung, da dieser z.T. auf Fehl-Information bzgl. der nicht ganz korrekten Interpretation der Golfreglen geht. Ich will diese mal kurz auflisten und überlasse die Interpretation weiterhin Deiner Interpretation:

    1) Korrekt ist, dass der DGV in dieser Saison die Wettspielbestimmungen (sprich Platzregeln) für Ligaspiele geändert hat (siehe Information unter golf.de vom 26.03.2012), indem er als Zusatz zu R14-3 die Nutzung von Enferungsmessern (die auschliesslich) Entfernungen messen und keine anderen Umstände) zugelassen hat. Hiermit zieht er gleich mit vielen Landesverbänden, die diese Regelung schon Jahre in ihren Wettspielbestimmungen haben. Aber wie gesagt – die Regelung bezieht sich auf offizielle DGV-Mannschafts- und Einzelmeisterschaften. Insofern kann also nicht von “plötzlich” gesprochen werden, weil die Option der Clubeigenen Erweiterung der Platzregeln zur Nutzung der Entferungsmessern bereits mit der Regeländerung 2009 (s. R14-3/0.5) aufgenommen wurde.

    2) Entferungsmessungen mit einer “Belehrung” gleichzusetzen ist leider nicht korrekt. Hier solltest Du mal in R8-1 schauen, ganz besonders die Decision: 8-1/2. Dort steht unter dem Titel “Austauschen von Entfernungsangaben”: “Informationen über die Entfernung zwischen zwei Objekten sind allgemein zugängliche Informationen und nicht Belehrung. Somit ist es Spielern erlaubt, Entfernungsangaben über die Entfernung zwischen zwei Objekten untereinander auszutauschen. Ein Spieler darf von jedermann, einschließlich seines Gegners, Mitbewerbers oder beider Caddies, die Entfernung zwischen seinem Ball und dem Loch erfragen. (Revidiert – 2012)”.

    Unter Berücksichtigung dieser beiden Regeln solltest Du Deinen Blog-Eintrag noch einmal lesen. Ich denke, dass sich dadurch einige von Deinen Argumenten selbst ad-absurdum führen. Letztendlich muss jeder Spieler doch für sich entscheiden, welche (legalen) Hilfsmittel er für sein Spiel nutzt – Angefangen vom einfachen Handschuh, Birdiebooks, Nutzung von Elektro-Trollies bis hin zum Entferungsmesser. Das Todschlagargument “es geht langsamer mit Entferungsmesser” kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen nicht teilen – aber auch hier gibt es natürlich auch immer wieder Ausnahmen.

    Bzgl. Deiner “Auffassung vom Golfsport” gibt es hier sicherlich viele unterschiedliche Meinungen – ich akzeptiere Deine Einstellung. Aber doch bitte auf Basis der richtigen Fakten und der korrekten Anwendung / Interpretation der geltenden Golfregeln…

    1. Lieber Thomas,

      du darfst dich jederzeit einmischen.

      Zur Erklärung: “Plötzlich” bezieht sich auf die überall publizierten (zum Beispiel bei golf.de) Regeländerungen 2012, die jedermann betreffen.

      Und: Dass der Austausch von Entfernunungsangaben zwischen zwei Objekten in Ordnung ist, ist mir bekannt. Wir reden hier aber von der Entfernung zwischen einem Spieler und einem Ziel. Wenn mir ein Mitspieler da auf die Sprünge helfen will, ist das doch eine Belehrung? Oder bin ich da auf dem Holzpfad?

      Bezüglich meiner “Auffassung vom Golfsport” … warum die Anführungszeichen? :-)

      1. Hallo,

        Kurze Rückmeldung:

        1) die Anführungszeichen haben keine Bedeutung – kannst Du einfach ignorieren
        2) Ja, Du bist auf dem Holzweg. Die Frage, Beantwortung oder die Diskussion über Entfernungen waren noch nie strafbar (s. R8-1).
        3) Die angesprochene Regeländerung bezieht sich prinzipiell auf “jedermann” – allerdings sind die aktiven Golfer/-innen in DGV-Ligaspielen je eher in der Minderheit.

        1. Ich bin ja nicht der Hellste, deshalb frage ich noch einmal nach.

          Ich so: “Keine Ahnung, wie weit die *wegen obszönität gelöscht* Fahne entfernt ist.”
          Mein Mitspieler sagt: “Von dir sind es knapp 130 Meter bis zum Grün.”

          Das ist also nicht strafbar? Verdammt, keine Ahnung wer mir das damals erzählt hat, aber dann hätte ich mir solche Sätze wie “Yo, von der Birke davorne sind es ungefähr 80 Meter” echt sparen können.

          Danke Thomas. Mea culpa.

          1. Entfernungsangaben sind allgemein zugängliche Informationen – deren Austausch ist straffrei. Du darfst fragen und Du darfst auch Antworten – überhaupt kei Problem.

            Sind Entfernungmesser erlaubt, dann kann man selbstverständlich auch diese Info im Flight teilen. schwieriger wird es, wenn diese nicht erlaubt sind, und Du Deinen Mitspieler – der so ein Gerät verbotener Weise (ist dann direkt DQ) nutzt. Dann bist Du auch dabei.

            Was Du nicht darfst in Verbindung mit Entfernungen Tipp geben oder einholen. Also zB ” das ist noch ein Eisen 8 weit weg”, oder “von der Birke kann Du ein Holz 5 spielen, dass passt”.

            Jetzt klar?

          2. Hab ich bis hierhin verstanden. Erklärt aber nicht, warum ein Caddie einen Schläger vorschlagen darf und ein GPS nicht. Oder habe ich da auch eine Regelschwäche?

          3. Ganz einfach – weil ein Caddy ein Teil des Teams ist; deswegen arf er Belehrungen erteilen.. Der Caddy ist somit gleichzusetzen mit dem Spieler – auch wenn ein Caddy Regelverletzungen macht, dann haftet der Spieler mit seinem Score.

            Auch ein Mannschaftskapitän in Ligaspielen darf belehren – und das gleich alle Spielr seiner Mannschaft. Der Caddy nur seinen Spieler.

            Und darüber hinaus ist in den Regeln nichts erfasst, was Belehrungen erteilen darf – u.a. auch kein Entfernungsmesser. Außerdem fallen diese Geräte unter R14-3; der Caddy unter R6-4.

          4. Wenn ich mir das noch mal so durchlese kann man vielleicht auch einfach sagen: man darf keine unerlaubten Hilfsmittel benutzen. Und der Caddy ist ein erlaubtes “Hilfsmittel” – deswegen darf er das…

  5. Also finde Entfernungsmesser ja obszön ;-) Genauso, wie das meiste in diesem Blog hier…

    Aber mal ernsthaft. In Schweden sind die schon länger in Wettkämpfen erlaubt und ich wage zu bezweifeln, dass man wirklich einen Wettbewerbsvorteil hat. Wer von uns weiß denn schon genau seine Längen UND kann die dann auch regelmäßig abrufen? Ich spiele immer am besten, wenn mich einfach auf die Grünmitte konzentriere und nicht auf genaue Längen zur Flagge.

    Was ich allerdings beobachtet habe ist, dass bei vielen Leuten das Spiel schneller wird. Die Entfernung ist halt in 10-15 Sekunden gemessen und man muss nicht erst den Marker finden und Schritte zählen und Berechnungen im Kopf anstellen mit dem Pin Sheet.

    1. Ich lasse mich gerne belehren in Sachen Schnelligkeit. Sollte ich da verkehrt liegen und die Turniere plötzliche keine 5 Stunden mehr dauern – ich krieche zu Kreuze.

      Aber darum geht es mir halt nicht. Mir geht es um die Frage, warum diese Regel geändert wurde. Und ob das gut ist.

      Andere Meinungen sind willkommen. Diskussion ist immer gut.

      1. Naja, mittels Entfernungsmessern werden wir wohl keine Revolution erreichen können. Da sind wohl viele andere Dinge entscheidender…

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