Im Golfsport geht es um immense Summen. Und oft sind sie nicht nachvollziehbar. Wenn sich ein Dutzend Spieler im Urlaub treffen, ein bisschen Spaß haben und dabei entscheiden “Wer wird Millionär” und welcher Versager sich vom garantierten Preisgeld nur ein Einfamilienhaus leisten kann, fehlt mir schlicht und einfach aus sportlicher Sicht das Verständnis dafür. Auch ein anderer regt sich jetzt über die Gehälter einiger Spieler auf: Sky-Kommentator Irek Myskow.
In seiner Kolumne im aktuellen “Golf Magazin” Januar 2013 echauffiert sich Mr. “Wahnsinn” darüber, wieviel Geld Golfer kassieren nur damit sie die Schläger und die Kleidung einer bestimmten Marke zur Schau tragen. Wobei: das stimmt nicht ganz. Eigentlich echauffiert er sich nur darüber, wieviel Geld zwei bestimmte Golfer dafür bekommen: Ryo Ishikawa und Rory McIlroy.
Fangen wir einmal mit dem Japaner an. Bei ihm empört sich Myskow erst einmal über die angedachte Methodik der Schlägerwahl.
Wenn ich höre, dass in Japan das Management von Ryo Ishikawa einen Sponsoringwettbewerb veranstaltet hat, dann frage ich mich ernsthaft, wohin die Reise geht (…) man nehme drei bis fünf der großen Schlägerausrüster (…) und lässt den armen Ryo durch die Reihen gehen und die Produkte ausprobieren.
Anschließend jammert er dann darüber, dass dieser Test angeblich dann doch nicht maßgeblich war und Ishikawa ab diesem Jahr zu Callaway wechselt, weil er finanziell dafür fürstlich entlohnt wird (man munkelt mit 7 Millionen Dollar pro Jahr). Dann ist der Weltranglisten-Erste McIlroy dran. Und der, sowie sein neuer Sponsor Nike, bekommen eine solche Breitseite, dass man meinen könnte Myskow sei letztes Jahr mit einem großem “We are the 99 Percent”-Plakat auf der Straße rumgelaufen.
Ganz offensichtlich muss die Division von Nike Golf in die Finanzschatulle der Muttergesellschaft greifen, denn die Zahlen, die im Raum stehen, sind exorbitant und passen nicht in die heutige Landschaft.
Die im Raum stehenden Zahlen (die vermutlich nicht einmal stimmen) schwanken zwischen 200 und 250 Millionen Dollar für McIlroy und gelten für einen Vertragszeitraum von 10 Jahren. Was genau die Firma aus Oregon dafür bekommt, werden wir wohl am 14. Januar bei einer großen Ankündigung in Abu Dhabi erfahren. Nun ist ein Jahresgehalt von 20-25 Millionen Dollar tatsächlich so hoch, dass selbst Peer Steinbrück über einen Wechsel in den Golfsport nachdenkt. Doch Nike ist ein Unternehmensgigant und tatsächlich macht diese Summe gerade einmal 0,1% ihres Jahresumsatzes aus. Wer dennoch nicht verstehen kann, warum ein Unternehmen soviel in einen Sportler investiert, schaut am besten in die Vergangenheit des Marketings.
So kalkulierte das Fortune Magazine 1998 in einer Analyse, der positive Einfluss der Basketball-Legende Michael Jordan auf die Bilanz von Nike hätte bei 5 Milliarden Dollar gelegen. Mit anderen Worten: Selbst wenn Nike Jordan seit der Vertragsunterzeichnung 1984 jedes Jahr 200 Millionen Dollar gezahlt hätte, wäre das Investment noch immer nahezu verdoppelt worden.
Auch über den Effekt von Tiger Woods gibt es eine Studie nach der das Sponsoring von Woods alleine durch Golfballverkäufe in den USA einen zusätzlichen Gewinn von 6 Millionen Dollar pro Jahr gebracht hat – also fast 1/3 des Gehalts von Woods. Nimmt man nun noch die Einnahmen für Golfschläger und insbesondere -kleidung, sowie den zusätzlichen Gewinn außerhalb der USA hinzu, war für Nike – die ja erst durch Woods in den Golfmarkt eingestiegen sind – das Sponsoring durchaus erfolgreich.
Nun haben die letzten Jahre dem Sportartikelausrüster aber gezeigt wie schwer es für sie ist, wenn Woods aufgrund von Verletzungen oder Skandalen als Werbeträger ausfällt. Es ist für sie also ein logischer Schritt, in Rory McIlroy den vermeintlichen Erben unter Vertrag zu nehmen um auch für die Zukunft gerüstet zu sein. Natürlich sind es auf den ersten Blick erst einmal perverse Summen, die hier im Raum stehen. Doch man darf nicht vergessen, dass dies kein golfspezifisches Phänomen ist. Basketball-Star LeBron James kassiert von Nike über 10 Millionen Dollar pro Jahr, adidas zahlt Fußballer Lionel Messi geschätzte 7 Millionen. Und das obwohl man mit ihnen in erster Linie nur Schuhe und Klamotten verkaufen kann und sie Teil einer Mannschaft sind. Golfer sind Einzelspieler und auf ihrem Rücken lassen sich zusätzlich noch Bälle und Schläger losschlagen wodurch sich dieses Premium erklären lässt.
Nun könnte man es sich einfach machen und Irek Myskow einfach als Dummkopf abtun. Aber das ist er nicht, ganz im Gegenteil: Myskow ist ein kluger Kopf. Und er nutzt seine Kolumne in einer großen Golfzeitschrift dafür, um beim Leser Gehirnwäsche zu betreiben. Denn “Irek Myskow ist Golfprofessional seit 1990, Kommentator bei Sky und Spielerbetreuer auf der US sowie der European Tour”, wie das Golf Magazin so schön schreibt. Nur leider vergessen sie zu erwähnen für wen Myskow seit Jahren als Spielerbetreuer arbeitet: für Nikes Haupt-Konkurrenten TaylorMade. Ob er dieses Amt immer noch ausübt, ist mir zwar nicht bekannt, dieser Artikel aus dem letzten Jahr sowie die Homepage von adidas-Spieler Andre Bossert legen allerdigs mehr als nahe, dass er immer noch “Senior Management und Global Sports Marketing” von Adidas ist.
Warum dies ein Problem ist? Zu den Firmen, die hinter Ishikawa her waren, gehörten laut einem leider nicht mehr online verfügbaren Artikel aus Japan neben Nike, Bridgestone und Srixon eben auch TaylorMade. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass Nikes Hauptkonkurrent im Wettbieten um Rory McIlroy ebenfalls die adidas-Tochter gewesen ist. Tritt hier vielleicht einfach nur jemand nach, weil man ausgebootet wurde? Es hat den Anschein. Denn auffällig ist schon, dass der Name adidas-Taylormade in Myskows Rundumschlag mit keinem Wort fällt – schließlich bezahlen die Martin Kaymer, Sergio Garcia oder die Neu-Akquisitionen Ryan Moore und den Ex-Major-Sieger Lucas Glover wohl kaum mit Luft und Liebe.
Wobei: so ganz stimmt das nicht. Tatsächlich fällt der Firmenname doch zwei Mal in dem Artikel. Zum Einen im Zusammenhang mit der von adidas gesponserten McIlroy-Freundin Caroline Wozniacki, die nicht verhindern konnte, dass ihr Mann zum Feind überläuft. Und zum anderen in Verbindung mit dem scheinbar einzigen Mann im gesamten Golf-Geschäft, der Qualität vor Geld steckt: Stewart Cink.
(…)und so geht ein Stewart Cink nach der bislang schlechtesten Saison in seiner Karriere von Nike zu adidas-Taylormade.
Zwar wurde Cink mit Nike auch Major-Sieger und wechselte – wie auch Rory McIlroy – den Ausrüster erst als sein alter Vertrag ausgelaufen ist. Aber das schien für Irek Myskow dann doch nicht in die Schlagrichtung seiner Kolumne zu passen. Wie heißt es so schön: Alles Schlampen außer Mutti.