Wer nach St. Andrews fährt, wird Ladybank vermutlich ignorieren. Im Council Fife will man Linksgolf spielen. Und hier gibt es für jedes Portemonnaie das passende Angebot. Vom Strathtyrum und Eden Course bis hin zum Old Course und Kingsbarns. Ladybank ist das krasse Gegenteil von diesen Plätzen. Denn es ist ein Heidelandplatz, den man eher im Londoner Bereich vermuten würde. Und dennoch hat der 1879 gegründete Club schon einiges an Historie auf dem Buckel.
Teil der Golfgeschichte wurde Ladybank spätestens 1983. Frank Sheridan hatte gerade das legendäre Old Course Hotel erworben und sich zu Werbezwecken zwei Legenden des Golfsports gesichert. Jack Nicklaus und Seve Ballesteros sollten die Werbetrommel rühren. Es gab nur ein Problem: Sheridan hatte sich keine Startzeiten auf dem Old Course gesichert. Und der R&A hatte keine Lust, sich den Zorn der altehrwürdigen Mitglieder zuzuziehen, indem sie die Legenden in die Startliste drücken. Also musste Sheridan improvisieren. Seine Wahl fiel auf das 15 Meilen entfernte Ladybank. Ballesteros gewann das Match und trug sich so in die Annalen des Clubs ein.
Seit 2010 steht darin auch ein weiterer Topstar. Der heutige Weltranglisten-16. Tyrell Hatton gewann als 18-jähriger das Final Qualifying für die Open Championship mit Runden von 67 und 69. Seit 1978 findet die Endausscheidung für das älteste Major der Welt regelmäßig hier statt, wenn es in St. Andrews gastiert. Auch 2018 ist es wieder so weit – dieses Mal allerdings für die Senioren, die sich Ende Juli auf dem Old Course messen.
Der Par 71 Platz mit einer Länge von 6237 Metern von den Championship Tees (Amateure spielen ihn maximal mit 6050 Metern) wirkt auf den ersten Blick nicht wie eine besonders große Herausforderung. Doch hier ist Präzision gefragt, denn die von Kiefern und Birken umrandeten Fairways sind teilweise nicht leicht zu treffen. Und mancher Spieler macht auf der Runde daher öfters Bekanntschaft mit dem realen Vorbild für das Clublogo, das sich hier überall herumtreibt: ein rotes Eichhörnchen.
Aus diesem Grund sollte man es sich gründlich überlegen, am ersten Loch den Driver zu zücken. Mit 341 Metern sieht das Loch wie eine verführerische Birdie-Chance aus, aber hier ist es wichtiger, den Ball links im Fairway zu platzieren, um nicht durch eine Baumreihe zum Vorlegen gezwungen zu werden. Auch Loch 2 flößt vom Tee erst einmal Angst ein bevor sich zum Grün hin eine Lichtung öffnet. Nach der 3, einem netten kleinen Dogleg nach rechts, bekommt man zum ersten Mal zu sehen, welche negativen Folgen es hat, ein Local Qualifying Platz zu sein. Denn die Abschläge der 4, wie auch der 5, der 14 und der 16 wurden jenseits einer öffentlichen Straße verlegt, um den Längenrausch der Golfindustrie zu kompensieren.
Das Highlight auf den Front 9 ist Bahn 7. Das 499 Meter lange Par 5 verläuft in einem kleinen Doppel-Dogleg und hat eines der wenigen interessanten Grüns. Es steigt von vorne nach hinten langsam an und fällt dann stark ab. Da die meisten Grüns von Ladybank kaum Ondulierungen haben, bleibt dieses länger im Gedächtnis. Auch die Bunker sind für britische Verhältnisse ungewöhnlich zahm. Sie sind sehr flach und haben keine bemerkenswerten Formen oder Konturen.
Es ist diese leichte Monotonie, die den Platz in der Qualität zurückhält. Dabei sind die Grundvoraussetzungen eigentlich gut. Der Boden ist sehr entwässerungsfreudig und gewährleistet das ganze Jahr über gute Spielbedingungen. Und den Grundstein für Ladybank legte kein Geringerer als der legendäre Old Tom Morris. Die ersten 6 Löcher stammten vom vierfachen Open-Gewinner und Greenkeeper von St. Andrews. 1910 erweiterte ein Unbekannter den Platz auf 9 Löcher, 1962 kamen die zweiten Neun hinzu. Was genau vom Schaffen von Old Tom Morris übrig geblieben ist, war leider nicht herauszubekommen.
Die Back 9 sind zumindest der interessantere Teil von Ladybank. Besonders das Finish ist äußerst gelungen. Die 15, ein 357 Meter langes Par 4, ist ein wunderbares sanftes Dogleg und hat einen recht spannenden Grünkomplex. Auf der rechten Seite ist ein Bunker vorgelagert, den man attackieren sollte. Denn direkt dahiner gibt es einen kleinen Hang, der alle Bälle automatisch auf das Grün befördert. Hier hilft Platzkenntnis (oder ein Blick ins Birdiebook). Die 16 ist ebenfalls ein Dogleg von gleicher Länge, aber ein schärferes, bei dem es möglich ist, mit aggressivem Spiel abzukürzen oder im Wald zu landen. Auch die 17 hat die gleiche Länge, ist dafür aber kerzengerade. Da rechts Out of Bounds ist, neigt man dazu, sich links zu halten. Dann sollte man aber die Länge haben, um an einem Baum im Fairway vorbei zu kommen, da man sich ansonsten den Schlag ins Grün verbaut.
Und mit der 18 folgt schließlich der reizvollste Tee-Shot. Er führt über eine wild bewucherte Senke und ist gleich doppelt eine optische Illusion. Zum Einen wirkt die zu überbrückende Grube länger als sie ist. Zum anderen verschlanken Bäume auf der linken Seite optisch die Landezone, die dann aber viel großzügiger als gedacht ist. Ein schönes Finale. Sollte man also St. Andrews links liegen lassen und nach Ladybank fahren? Nicht unbedingt. Aber wenn es extrem windig ist, kann man hier etwas geschützteres Golf spielen. Und das Spieltempo ist angenehm schnell. Obwohl der gesamte Platz bei meinem Besuch von 4er-Flights besetzt war, absolvierte ich die 18 Löcher in 3 Stunden 40 Minuten ohne auch nur ein einziges Mal durchzuspielen.
Gespielt am: 22.4.2017