Mark Frost wurde mit Werken bekannt, die absolut nichts mit Golf zu tun haben. Als Drehbuchautor schrieb er Anfang der 80er Jahre zahlreiche Episoden der wegweisenden Polizeiserie “Hill Street Blues”. Berühmt wurde er schließlich 1990, als er gemeinsam mit David Lynch die legendäre Mysteryserie “Twin Peaks” erschuf. Der Erfolg ermöglichte es ihm, eigene Buchprojekte zu realisieren. Nach drei Romanen aus dem Krimi-Genre, die allesamt historische Wurzeln hatten, widmete er sich 2002 erstmals seinem liebsten Hobby: dem Golfsport.
Mit “Das größte Spiel seines Lebens” erzählte er die Geschichte von Francis Ouimet, dem Urvater des amerikanischen Golfsports, der 1913 sensationell die US Open gewann. Drei Jahre später widmete er sich in “Grand Slam” Bobby Jones. Sein dritter uns bisher letzter Roman zum Thema Golf erschien 2007. “The Match” schildert ein legendäres und heute fast in Vergessenheit geratenes Best Ball Match, das als “The Day the Game of Golf Changed Forever” (Untertitel) in die Geschichte einging. Am 10. Januar 1956 trafen sich im Vorfeld des Crosby Clambake (der stilvollere Vorläufer des AT&T National Pro-Am) die Pros Ben Hogan und Byron Nelson sowie die Amateure Ken Venturi und Harvie Ward auf dem Kurs von Cypress Point zu einem Duell, dass es nie zuvor gegeben hatte und nie mehr geben sollte.
Ausgelöst durch eine Wette zweier exzentrischer Millionäre trafen sich hier zum letzten Mal Pros und Amateure zu einem Match auf Augenhöhe. Als kurz danach der smarte Arnold Palmer die Bildfläche betrat und das Fernsehen Golf in alle Wohnzimmer übertrug, wurde aus dem Gentleman-Sport quasi über Nacht ein so lukrativer Geldverdienst, dass jeder vielversprechende Amateur sofort ins Profilager wechselte. Hier hingegen traten vier Männer auf gleich hohem Niveau gegeneinander an, um ein für alle Mal zu klären, ob bei den Profis oder bei den Amateuren der besser Sport gespielt wurde.
Zwar waren sowohl Hogan als auch Nelson zu der Zeit schon über ihren Zenit hinaus, doch an diesem einen Dienstag drehten sie noch einmal das Rad der Zeit zurück. Gegen das aufstrebende Duo Ward und Venturi kam es zu einem Duell, das an Spannung und Klasse nicht zu überbieten war – und so heute nie wieder möglich wäre. Nicht nur, weil es keine Amateure mehr gibt, die auf dem gleichen Niveau wie die besten Profis spielen, sondern vor allem weil ein derartiges Aufeinandertreffen heute sofort kommerzialisiert und vom Fernsehen übertragen würde. Damals hingegen ging es den vier Beteiligten nur um die Ehre und den sportlichen Wettstreit, weswegen das Match auch unter höchster Geheimhaltung stattfand. Doch kaum hatten sie abgeschlagen, verbreitete sich die Nachricht vom Kampf der Giganten auf der Monterey Halbinsel wie ein Lauffeuer, so dass am Ende Tausende Menschen die Fairways säumten.
Mark Frost gelingt es, die Ereignisse dieses Tages auf mitreißende Weise zu schildern. Doch der wahre Geniestreich seines Romans ist, dass er mehr als nur die Chronik eines 18-Loch-Wettstreits oder die lebhafte Beschreibung des atemberaubenden Cypress Point Golfkurses ist. Zwischen den einzelnen Abschnitten des Matches (Frost teilt es in sechs 3-Loch-Phasen ein) entspinnen sich minutiös recherchierte Biographien der vier Beteiligten, die allesamt irgendwie miteinander verflechtet waren. So erfährt der Leser, dass Ben Hogan und Byron Nelson lange Zeit beste Freunde waren und gemeinsam zu den Turnieren fuhren, bis ein fast schon lächerlicher Streit sie für immer entzweite. Und auch das durch äußere und innere Einflüsse herbeigeführte Ende des Amateurdaseins wird von Frost auf spannende und verständliche Weise erklärt. Dass die biographischen Details dabei vor allem aus Tragik und Tragödien bestehen, lässt einen nur noch mehr Bewunderung für die Verdienste der Wegbereiter des Sports empfinden – und einige jammerigen Äußerungen heutiger Golfer in einem noch lächerlicheren Licht erscheinen.
Wer auch nur die geringste Liebe für den Golfsport und seine Geschichte empfindet, kommt an “The Match” nicht vorbei. Man kann nur hoffen, dass Mark Frost bald wieder über eine Episode aus der an Ankedoten reichen Golf-Historie stolpert. Denn es gibt derzeit keinen Autoren, der sie packender präsentieren kann als Frost. Dafür würde der geneigte Golffan sicherlich auch einen weiteren der miesen “Fantastic Four”-Filme in Kauf nehmen, wenn es Frosts Haushaltskasse genug aufbessert, um weitere Golfbücher zu recherchieren.