Martin Kaymer hat es geschafft: Er ist auch in diesem Jahr beim Ryder Cup dabei. 0,62 Punkte haben ihn am Ende von Ian Poulter und dem Ende seiner Qualifikations-Hoffnungen getrennt. Nie zuvor ging es knapper zu um den letzten Platz im Team. So knapp, dass viele Kommentatoren – besonders in Deutschland – bereits nahelegten, dass der zuletzt völlig von der Rolle spielende Kaymer seinen Qualifikations-Platz freiwillig räumen sollte. Dabei hat er sich komplett fair nach den gewählten Kriterien qualifiziert. Wenn diese am Ende nicht das richtige Team auswerfen sollten, werden die Kriterien für das nächste Mal eben wieder geändert – so wie bereits diverse Male zuvor. So wäre nach den 2012 angewendeten Kriterien ein Martin Kaymer bereits 2008 beim Ryder Cup gewesen (nach den Kriterien von 2010 wäre Kaymer dieses Jahr übrigens als Neunter im Team). Doch Kaymer jetzt einen Strick daraus drehen zu wollen, dass der Qualifikations-Prozess vermeintlich nicht perfekt ist, ist gelinde gesagt frech.
Nichtsdestotrotz war angesichts des knappen Abstands natürlich auch eine große Portion Glück für den Deutschen dabei. Und so hat er einige Personen, denen er dieses Jahr aus Dankbarkeit für seine Ryder-Cup-Teilnahme eine Weihnachtskarte schicken sollte. Hier also – frei nach “Tote tragen keine Karos” – die Liste der FOKs, die (neben seinem eigenen Spiel) entscheidenden Anteil daran haben, dass Kaymer nach Medinah fährt.
sein Mathelehrer
Zu 99,9% hat Martin Kaymer über diesen Aspekt seines Verzichts auf die Johnnie Walker Championship überhaupt nicht nachgedacht. Aber die Vorstellung der 0,1% ist einfach zu schön: Kaymer sitzt mit einem Taschenrechner vor einem Spreadsheet der Weltranglistenpunkte-Verteilung und rechnet folgendes.
“Also das Feld hat einen Wert von 111 Punkten, der Home Tour Bonus liegt bei 26 Punkten. Damit ist das Turnier 30 Weltranglistenpunkte wert. Wenn ich jetzt antrete und nicht plötzlich meine Form wieder finde, werte ich das Turnier so auf, dass Nicolas Colsaerts nur noch Dritter werden muss um mich zu verdrängen. Da bleibe ich doch lieber daheim.”
George O’Grady
Weil die European Tour bei der Ryder-Cup-Qualifikation so sehr darauf bedacht is, ihr Gesicht gegenüber der PGA Tour zu wahren, hat sie zwei Bedingungen etabliert, die Martin Kaymer in die Hände gespielt haben. Da wäre zum Einen die Tatsache, dass nur Spieler berücksichtigt werden, die eine European-Tour-Mitgliedschaft besitzen wodurch Carl Pettersson (von der Leistung her Vierter im World Points Ranking) ausgeschlossen wird. Hinzu kommt, dass man das Barclays von der World Points List ausschloss um die Spieler – völlig vergeblich – zu animieren in Gleneagles zu starten wodurch Ian Poulter nicht mehr an Kaymer vorbeiziehen kann.
José-Maria Olazábal
2010 wollte sich Colin Montgomerie mehr Flexibilität (und Einfluss) ermöglichen indem er drei Captain’s Picks bekam. Olazábal hingegen war der Meinung, dass ihm zwei reichen würden. Ein Glücksfall für Martin Kaymer, der nach der Monti-Methode kein automatisch Qualifizierter mehr wäre und als Captain’s Pick wohl Probleme bekommen hätte.
Carl Pettersson
Alles was der Schwede hätte machen müssen, wäre eine Mitgliedschaft für die European- oder Challenge Tour beantragen, ab und an mal ein wenig guten Willen zeigen, 2-3 Turniere auf der European Tour spielen und am Ende seine Tourkarte wieder abgeben weil er unterschätzt hat wie aufwändig es ist, zwei Touren gleichzeitig zu spielen. Stattdessen nahm er im Januar die amerikanische Zweitbürgerschaft an und legte eine nonchalante Art an den Tag wenn es um die Ryder-Cup-Teilnahme ging. Da ist sogar eine Musik-Weihnachtskarte fällig.
Ian Poulter
Es gibt so viele Dinge, für die Martin Kaymer seinem Verfolger Ian Poulter danken kann. Dafür, dass er die Barclays spielt statt in Gleneagles anzutreten. Für jedes einzelne seiner vier Bogeys auf den letzten sechs Löchern der PGA Championship. Dafür, dass er bei drei Turnieren den letzten Weltranglistepunkte-tauglichen Platz um einen bzw. zwei Schläge verpasste, und für jeden einzelnen verschobenen Putt. Denn nach 1 1/2 Jahren Qualifikations-Prozess waren es letztendlich nicht mehr als ein-zwei Schläge, die den Unterschied zwischen Kaymer und Poulter ausmachten.
Den Weltranglisten-Machern
Bei der Volvo World Match Play Championship bekam Martin Kaymer 2,34 Weltranglistenpunkte dafür, dass er gegen zwei der schwächsten Spieler im Feld verlor und bereits in der Gruppenphase die Segeln strich. Zudem gab es 6 Weltranglistenpunkte dafür, dass er bei der Nedbank Challenge in einem 12-Mann-Feld den 8. Platz belegte. Ohne diese Geschenke würde die Reise nach Medinah ausfallen.
Sang Moon-Bae und Alvaro Quiros
Der Koreaner und der Spanier warfen Poulter aus dem Accenture Match Play bzw. dem Volvo World Match Play heraus. Wäre Poulter eine Runde weiter gekommen, läge er jetzt vor Kaymer.
David Lynn
Nach seinem zweiten Platz bei der PGA Championship trat ein Offizieller an ihn heran und fragte den Engländer, ob er nicht bei der Wyndham Championship antreten will. Völlig überfordert mit der Situation sagte Lynn nein – nur um kurz darauf festzustellen, dass ihm diese Entscheidung seine letzte Chance raubte, an Martin Kaymer vorbeizuziehen. Entsprechend bereute Lynn anschließend seine Entscheidung.
Rory McIlroy
Hätte die kleine Krise des Nordiren eine Woche länger gedauert und er nicht rechtzeitig zur PGA Championship zu alter Form gefunden, wäre David Lynn heute Major-Sieger – und im europäischen Ryder-Cup-Team anstelle von Martin Kaymer.
Branden Grace
Der Südafrikaner gewann die Volvo Golf Champions mit einem Schlag vor Nicolas Colsaerts und dazu auch noch die Volvo China Open, die ansonsten an den Belgier gegangen wäre. Ohne Grace wäre auch Colsaerts jetzt in der World Points List vor Kaymer.
Peter Hanson und Jamie Donaldson
Der Schwede und der Waliser waren ursprünglich für die Johnnie Walker Championship gemeldet, haben aber zurückgezogen und mit ihrer Absage war das Turnier nur noch 30 statt 32 Punkte wert wodurch Nicolas Colsaerts vor dem Turnier unter Druck geriet weil – wie oben beschrieben – ein dritter Platz nicht mehr reichte.
Neil Haworth
Neil wer? Neil Haworth ist der Architekt des Sheshan International Golf Club, der in China einen Platz gebaut hat, der besonders auf den Back 9 wie maßgeschneidert für Martin Kaymer war. Die sensationelle Schlussrunde bei der HSBC Champions in der Kaymer auf seinen letzten 12 Löchern neun Birdies erzielte, ist der Hauptgrund, dass er sich für den Ryder Cup qualifiziert hat. Für das gesamte Turnier war Kaymer, der mit -20 gewann, auf den Back 9 insgesamt 15 unter Par und ohne einen einzigen Schlagverlust.
Den 18 Spielern, die Colsaerts in Gleneagles besiegten
Ein Zweiter Platz bei der Johnnie Walker Championship wärer die letzte Chance für den Belgier gewesen, sich direkt zu qualifizieren. Doch Paul Lawrie, Brett Rumford, Fredrik Andersson Hed, Maarten Lafeber, Romain Wattel, Francesco Molinari, Richie Ramsay, Colin Montgomerie, Peter Whiteford, Paul Waring, Rafael Cabrera-Bello, Thomas Björn, Stephen Gallacher, Craig Lee, Anders Hansen, Victor Dubuisson, Gregory Bourdy und Thirbjörn Olesen verhinderten dies und verdienen sich damit ein dickes Danke Schön von der ehemaligen Nr.1