Das 76. Masters ist Geschichte. Zeit noch einmal Kehraus zu machen und das aufregende Geschehen der vier Tage aufzuarbeiten. Natürlich auf Linksgolfer-Art mit Statistiken, Statistiken, Statistiken.
Rekordverdächtig
Auch in diesem Jahr gab es wieder einige Bestleistungen zu verbuchen. Allen voran natürlich das Albatross von Louis Oosthuizen. Nie zuvor wurde an Loch 2 dieses Ergebnis erzielt, überhaupt war es erst das vierte Albatross der Masters-Geschichte – schön verteilt auf alle Par 5s. Das erste und berühmteste gelang Gene Sarazen 1935 an Loch 15, Bruce Devlin lochte 1967 auf Bahn 8 und Jeff Maggert entjungferte 1994 die 13.
Einen Rekord, auf den er verzichten könnte, erzielte hingegen Henrik Stenson. Seine 8 auf dem Schlussloch der ersten Runde stellte den höchsten Score an der 18 ein und gesellte sich in eine Reihe mit Denny Shute (1959), Homero Blancas (1970), Jumbo Ozaki (1994), Ian Baker-Finch (1995), Arnold Palmer (2000) und Camilo Villegas (2007). Viel deprimierender für Stenson ist allerdings, dass es bereits das zweite Loch ist, auf dem er einen solchen Rekord hält: Im letzten Jahr erzielte er bereits an Loch 4 eine 8. Damit sind Stenson, Arnold Palmer und Jumbo Ozaki die einzigen Profis mit Highscores an mehr als einem Loch.
Und den dritten Rekord stellte schließlich Bo Van Pelt ein. Seine 64 am Sonntag egalisierte die bisher beste Schlussrunde des Turniers, gehalten von Maurice Bembridge, Hale Irwin, Gary Player, Greg Norman und David Toms. Auf dem Weg zu seiner 30 auf den Back 9 war Van Pelt nicht nur 5cm von einem Albatross an Loch 13 entfernt, er erzielte auch noch auf der 16 das 22. Hole-in-One der Masters-Geschichte. Es war allerdings nicht das Einzige des Tages: Kurz darauf gelang auch noch Adam Scott ein Ass. Von den 23 Hole-in-Ones fielen 15 – oder 65% – auf Loch 16.
Linksgolfer’s Paradise
Es kann langsam kein Zufall mehr sein: Mit Bubba Watsons Sieg gingen jetzt fünf der letzten zehn Jacketts an einen Linkshänder. Angesichts der geringen Anzahl an Leftys auf der Tour eine erstaunliche Quote. Vor allen Dingen wenn man bedenkt, wie Linkshänder bei den anderen drei Majors abgeschnitten haben. Kombiniert gab es in der gesamten Geschichte nur zwei Sieger: Bob Charles bei der Open Championship 1963 und Phil Mickelson bei der PGA Championship 2005. Einen Grund dafür sehen Experten darin, dass die Augusta-Spielbahnen Rechtshändern einen Draw abverlangen, Linkshändern aber einen leichter zu kontrollierenden Fade.
Persönliche Rekorde
Neun Spielern gelang es in diesem Jahr, einen neue persönlichen Rundenrekord aufzustellen.
Verbesserung | Spieler | Alt | Neu |
---|---|---|---|
7 Schläge | Peter Hanson | 72 | 65 |
5 Schläge | Louis Oosthuizen | 73 | 68 |
5 Schläge | Kevin Na | 73 | 68 |
4 Schläge | Bo Van Pelt | 68 | 64 |
4 Schläge | Anders Hansen | 72 | 68 |
1 Schlag | Adam Scott | 67 | 66 |
1 Schlag | Graeme McDowell | 69 | 68 |
1 Schlag | Paul Lawrie | 70 | 69 |
1 Schlag | Francesco Molinari | 70 | 69 |
Hinzu kamen 13 persönliche Bestleistungen beim Endergebnis. Erstmals den Cut schafften Louis Oosthuizen (2.), Peter Hanson (T-3), Kevin Na (T-12), Anders Hansen (T-24) und Martin Kaymer (T-44). Bubba Watson verbesserte sich von 20 auf 1. Ebenfalls gesteigert zeigten sich Francesco Molinari (30 –> 19), Rickie Fowler (38 –> 27), Ben Crane (24 –> 17), Jason Dufner (30 –> 24), Graeme McDowell (17 –> 12), Matt Kuchar (6 –> 3) und Ian Poulter (10 –> 7).
Ein kleiner Schritt für einen Golfer, ein Riesenschritt für Martin Kaymer
Da fielen jemandem aber ganze Felsbrocken vom Herz. Martin Kaymer hat zum ersten Mal in seinem Leben den Cut in Augusta geschafft. Dass in normalen Jahren nur etwa 50 Spieler den Cut schaffen und Kaymer am Ende 44. wurde, war dem Mettmanner egal. Er selber sprach von “einem Riesenschritt” und golf.de bezeichnete “sein Spiel bei weitem nicht so durchschnittlich, wie sein Ergebnis von insgesamt sechs über Par vermuten lässt.” Und analysierte danach, dass er von Tee zu Grün keine Probleme hatte und “zweifellos das Putten” eine bessere Platzierung kostete. Das war dann auch die Kernaussage von Kaymer, der nach seinen Runden immer wieder sagte, er spiele gutes bis richtig gutes Golf. Schauen wir doch einmal ob die offiziellen Statistiken von allen Spielern, die die vier Runden gespielt haben, diese Aussage bestätigen:
- Drive-Genauigkeit: Platz 9 (80,36%)
- Greens in Regulation: Platz 29 (61,11%)
- Putts pro Grün: Platz 41 (1,68)
- Driving Distance: Platz 46 (275,75 Yards)
- 3-Putts: Platz 54 (6)
Aussage bestätigt, oder? Doch was passiert, wenn wir mal einen Blick auf die Bilanz der Einzelrunden werfen?
Kategorie | Runde 1 | Runde 2 | Runde 3 | Runde 4 |
---|---|---|---|---|
Fairwaytreffer | 78,57% | 92,86% | 71,43% | 78,57% |
Putts pro Grün | 1,44 | 2,06 | 1,67 | 1,56 |
3-Putts | 0 | 4 | 1 | 1 |
Greens in Regulation | 61,11% | 83,33% | 50% | 50% |
Und siehe da: eine einzige Runde am Freitag hat die Statistik vollkommen verzerrt, so dass man meinen könnte Kaymers größtes Problem hätte auf den Grüns gelegen. Tatsächlich hat er am Freitag hundsmiserabel geputtet, am Samstag solide, am Sonntag gut und am Donnerstag exzellent. Was eigentlich ein viel größeres Alarmsignal sein sollte, aber jeder zu ignorieren scheint: Kaymers Spiel ins Grün war richtig schwach. Am Freitag hatte er zwar einen Sahnetag erwischt, doch der Donnerstag war schon mager und das gesamte Wochenende eine Katastrophe: Sowohl am Samstag als auch am Sonntag trafen nur neun der 63 bzw. 62 Spieler weniger Grüns – und das obwohl Kaymers Driver funktionierte und er sich fast immer im Fairway wiederfand. Und was war die entscheidende Gemeinsamkeit der sieben Bestplatzierten? Sie trafen die gesamte Woche eine extrem hohe Zahl an Grüns. Abgesehen von Phil Mickelson, der dieses Defizit immer wieder durch das beste Kurzspiel der Welt ausgleicht, fanden sich alle von ihnen in den Top 11 bei Greens in Regulation wieder. Wer also wissen will, warum Martin Kaymer in Augusta wieder nicht besser abgeschnitten hat, sollte vor dem Grün anfangen und nicht gegen Kaymers Putterwechsel wettern.
Amateurhaft
Drei Runden lang sah es so aus als sollte sich Hideki Matsuyama in die Masters-Geschichtsbücher eintragen. Nachdem der Japaner bereits im letzten Jahr den Preis für den Leading Amateur eingeheimst hatte, ging er auch in die diesjährige Schlussrunde mit großem Vorsprung auf den nächstbesten Amateur Patrick Cantlay. Doch der spielte trotz eines Quadruple-Bogeys eine Even-Par-Runde während Matsuyama einbrach und so die Chance verpasste als erster Spieler seit 24 Jahren mehr als einen Leading-Amateur-Titel beim Masters einzufahren: Damals war es Jay Sigel, der 1988 bereits seinen dritten Titel gewann.
Krankenakte
Vier qualifizierte Spieler konnte ihre Masters-Woche nicht antreten bzw. nicht zu Ende bringen: Als erster verabschiedete sich Dustin Johnson aus dem Feld, der sich beim Anheben eines Jetskis den Rücken verhoben hatte. Wenige Minuten vor seiner Startzeit sagte dann auch noch Mark O’Meara mit einer Muskelzerrung in den Rippen ab. Jason Day verabschiedete sich dann am Samstag während der zweiten Runde mit einer Knöchelverletzung und schließlich verletzte sich Gary Woodland während der dritten Runde am Handgelenk, quälte sich noch durch die Runde und gab dann auf.
Hätte, könnte, wäre
Wenn Sergio Garcia gewonnen hätte, hätte er die zweitmeisten Starts für sein erstes Grünes Jackett gebraucht. Dieses Jahr war Garcias 14. Teilnahme, Mark O’Meara gewann 1998 in seinem 15. Start.
Wenn Phil Mickelson gewonnen hätte, wäre er der erste Sieger seit Tiger Woods im Jahr 2005 gewesen, der sein Masters mit einer 74 begonnen hat. Nur ein Sieger hatte einen schlechteren Erstrundenscore: Craig Stadler spielte 1982 eine 75 zum Auftakt.
Wenn Peter Hanson gewonnen hätte, wäre er der erste Sieger seit Bernhard Langer 1985 gewesen, der in der zweiten Runde eine 74 oder schlechter gespielt hätte.
Überholmanöver
Am Freitag bekamen die Zuschauer in Augusta ein ungewöhnliches Schauspiel geboten: einen Überholvorgang. Chez Reavie und Martin Laird waren nach dem Rückzug von Mark O’Meara zu zweit unterwegs und hingen hinter Sean O’Hair, Scott Verplank und Gonzalo Fernandez-Castano fest. Am vierten Loch durften sie dann vorbei – natürlich wie es sich auf dem geheiligten Rasen von Augusta gehört ganz höflich und nach allen Anstandsregeln wie ein amüsanter Artikel von Golf Digest protokolliert.
Polizeibericht
Auf dem Platz war Jose-Maria Olazabal nur 7 über Par, am Montag war er jedoch 32 über. Und zwar über der Geschwindigkeitsbegrenzung in Georgia. Für sein Vergehen (auf deutsche Verhältnisse übersetzt 150 km/h auf der Landstraße) musste er 621 Dollar Kaution löhnen und für ein Foto posieren. Wenn die US-Fans clever sind, werden sie während des Ryder Cups Olazabal mit Autogrammwünschen auf diesem Foto bombardieren.
Und noch einen hat es erwischt. Clayton Price Baker kam nach dem Turnier auf die Schnapsidee Bunkersand zu klauen, wie der Augusta Chronicle berichtet. Der 40-Jährige wurde wegen ungebührlichem Verhalten verhaftet.
Close, but no cigar
Lee Westwood hat es wieder nicht geschafft. Weil der Putter ihn erneut im Stich ließ, verpasste der Engländer wieder einmal seinen ersten Major-Titel. Am Ende wurde es für ihn nur der dritte Platz. Damit setzte er sich in einer sehr speziellen Wertung an die Spitze. Seit das Masters 1934 eingeführt wurde, gab es keinen Spieler der öfter bei Majors in den Top 3 landete ohne einen Sieg einzufahren. Das diesjährige Resultat war sein siebtes Top-3-Resultat (zwei zweite, fünf dritte Plätze). Hinter Westwood folgen Colin Montgomerie (fünf mal Zweiter, ein mal Dritter) und Doug Sanders (4 mal Zweiter, zwei Mal Dritter).
Birdiekönig
1404 Löcher hat Phil Mickelson in Augusta gespielt. Während dieser Zeit hat er auf insgesamt 311 Löchern Birdie oder besser gespielt. Eine Birdie-Rate von unglaublichen 22,15%. Nur einer ist trotz seines enttäuschenden Ergebnisses noch einen Tick besser. Tiger Woods machte aus 23,03% seiner 1242 Löcher mindestens ein Birdie – insgesamt 286 Stück. Vor allem Loch 13 ist dabei Mickelsons Domäne: -65 liegt er dort für seine Karriere. Dennoch hat er auf diesem Loch seit 1999 kein Eagle mehr in der Schlussrunde gespielt. Auch dieses Jahr schrammte er Millimeter daran vorbei – einer der fehlenden Schläge.
Shake It Out
Kaum ein deutscher Golffan hat gesehen, wie Bubba Watson in Butler’s Cabin in einer drögen Presentation das Grüne Jackett angezogen wurde. Doch abgesehen von der trostlosen Atmosphäre gab es ein Highlight: der verfehlte Händedruck von Masters-Chairman Billy Payne. Wie er und Bubba aneinander vorbei schütteln und Payne dann ganz verlegen versucht es zu überspeielen indem er sich am Kinn reibt ist ein Highlight der Situationskomik.
Was mich dieses Jahr genervt hat
1. Carlo Knauss lebt im Jahr 2003: Der Sky-Kommentator behauptete ernsthaft während der Übertragung, dass das Playoff nach der Bahn 10 auf der Bahn 11 weitergegangen wäre. Dabei ist es seit 2004 so, dass die Abfolge der Playoff-Löcher 18-10-18-10-18-10 etc. ist. So was sollte man als Experte eigentlich wissen.
2. Schamlose Werbung der beiden deutschen Golfstars: Ja, ich bin mir bewusst, dass Sponsoren für ihre finanziellen Zuwendungen eine Gegenleistung erwarten, aber muss es denn wirklich so weit gehen. Während der Interviews von Irek Myskow (die ein Ärgernis für sich sind) wurden die beiden gefragt, wie denn jetzt noch ihr weiterer Tag aussieht und Kaymer war sich nicht zu fein zu sagen, dass er jetzt erst einmal zu *fügen Sie einen Uhrenhersteller ein* Essen geht, während Langer es bescheidener nimmt und zu *fügen sie einen deutschen Fensterbauer ein* Essen geht. Peinlicher geht’s nimmer.
3. Mudbälle: Das Gejammer hat genervt. Augusta wird nicht mit Besserlegen gespielt. Punkt. Wie oft wird Euer Ball von Zuschauern ins Fairway gelenkt, von Zuschauertribünen vor dem Aus aufgehalten etc. Da herumzujammern wie unfair es sei, dass Matsch am Ball klebt ist eines Profis unwürdig und zu behaupten, dass das Turnier deshalb ein Glücksspiel sei, ist ein schlechter Scherz. JEDES Golfturnier wird durch das eigene Glück oder das Pech eines anderen gewonnen.