Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Das habe auch ich getan, nachdem ich in Australien war und in Barnbougle die Plätze Lost Farm und Dunes gespielt habe. Keine achtzehn Monate später hat sich Reisegolfer Andreas den Rat zu Herzen genommen und ist im Rahmen seiner Weltreise auch nach Tasmanien übergesetzt. Statt uns zu schlagen, wer nun über Bill Coores Lost Farm schreiben darf, haben wir einen Kompromiss ausgehandelt: Wir führen einfach ein Gespräch über den Platz und protokollieren es:
Als Reisegolfer bist Du ja schon etwas mehr rumgekommen als ich. Ist Dir auf deinen Reisen schon mal ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis untergekommen als in Barnbougle? Ich weiß noch, als ich damals dort gespielt habe, dass ich es kaum glauben konnte, was für zwei unfassbare Golfplätze man für den Preis von 70 Euro spielen konnte. Klar, die Anreise ist natürlich nicht die kürzeste und billigste. Aber das hindert in Bandon Dunes auch niemanden daran, in der Hochsaison über 250 Euro zu nehmen. Wenn man das alleinige Greenfee mit dem vergleicht, was man teilweise in Deutschland für biedere Durchschnittsplätze zahlt, kann man es doch kaum glauben, wenn man nach dem Urlaub die Kreditkartenabrechnung sieht.
Das ist richtig. Ich habe auf meinen Reisen kaum eine Anlage gespielt, die zum einen zwei Weltklasseplätze beherbergt, und zum anderen mit dem Preis-Leistungsverhältnis in Barnbougle mitkommt. Auch im Vergleich innerhalb Australiens. Die Top 100 Plätze um Melbourne und Sydney kosten fast das Vierfache.
In welcher Reihenfolge hast Du die Plätze gespielt? Ich habe erst in Lost Farm und dann auf Barnbougle Dunes gespielt und bin im Nachhinein froh, es so gemacht zu haben. Denn ich denke wenn ich erst den unfassbar guten Dunes-Platz gespielt hätte, hätte die Bewertung von Lost Farm darunter gelitten. Denn für sich fand ich ihn herausragend, aber das wäre mir vielleicht entgangen, wenn ich im Hinterkopf noch die Löcher von Dunes gehabt hätte.
Ich habe die andere Reihenfolge gespielt. Erst Dunes und dann Lost Farm. Das wurde bei der Buchung des Packages vom Buchungsbüro so festgelegt. Mich störte die Reihenfolge aber nicht. Ich hatte 38 Weltklasselöcher erwartet und auch bekommen. Wie fandest Du eigentlich die Idee, dass Lost Farm 20 Löcher besitzt statt 18?
Es ist ein nettes Gimmick, mehr nicht. Die zwei zusätzlichen Löcher haben ja ihre Geschichte. Weil Co-Finanzier Mike Keiser die 17 für zu schwierig hielt, ließ er ein zusätzliches Par 3 bauen, Loch 13A. Und das 20. Loch (18A) entstammt einer alten Idee, dass man es nutzen kann, um All-Square-Matches zu entscheiden. Tatsächlich empfand ich 18A als das wohl schlechteste Loch des gesamten Barnbougle-Komplexes. 13A ist da schon ein netteres Par 3, allerdings würde man jetzt auch nicht gerade Zeter und Mordio schreien, wenn es aus dem Routing genommen würde. Gegen mehr Golf für den gleichen Preis kann man allerdings nie etwas einwenden. Wo wir schon bei der Kritik an einzelnen Löchern sind: Hast Du in Lost Farm eins gehabt, das für Dich den hohen Standard nicht ganz hält?
Ja. Die 11 fand ich nicht ganz so herausragend. Der blinde Abschlag war zwar recht nett, aber der Bereich um das Grün herum war für mich nichtssagend. Bei der 18a muss ich Dir übrigens etwas widersprechen. Es mag etwas zurückfallen gegen den Rest des Platzes, aber es erfüllte seinen Zweck. Jeder Flight, den wir nach Abschluss der Runde von der Terrasse des Clubhauses beobachteten, hatte viel Spass. Und darum geht es ja auch beim Golf. Und bei der 17 stimme ich Herrn Keiser übrigens zu. Fand ich auch schwierig. Hast Du denn auch Kritikpunkte?
Die 11 beginnt natürlich auch einen Abschnitt von zweieinhalb Löchern über den flachsten, dünenfreien Teil des Platzes. Tom Doak hat diese Schwäche in Barnbougle Dunes gleich am Anfang versteckt, so dass man sie am Ende längst vergessen hat. Diesen Luxus hat das Routing von Bill Coore nicht. Besonders die 12 leidet ein wenig darunter, weil man merkt, dass sie nur ein Transferloch ist, um den Golfer von Punkt A zu Punkt B zu bringen. Davon abgesehen sind die Par-3-Löcher nicht gerade die Stärke des Platzes, insbesondere im direkten Vergleich mit Dunes, wo Doak einen meisterlichen One-Shotter nach dem anderen gezaubert hat. Dafür hat Lost Farm aber vielleicht die beste Ansammlung an Par 5s, die ich bisher spielen durfte. Ich erinnere nur an die 8 mit ihrem fantastischen Riesen-Bunker rechts vom Grün, aber vor allen Dingen an die 5. Der semiblinde Schlag über die mächtige Düne hat richtiges Bauchkribbeln ausgelöst…
Stimmt. Der Abschlag der 5 war aufregend. Aber ohne die Hinweise des Starters hätte ich kaum gewusst, wo ich hinspielen soll. Die 5 war zurecht das am schwersten geratete Loch. Bei den Par 3s bin ich übrigens etwas anderer Meinung. Das einzige schwächere Par 3 war die 6. Die kurze 4 in Richtung der Bass Strait fand ich klasse. Auch die 15 zwischen hohen Dünen, dem Clubhaus links und dem Meer rechts war toll. Da war nicht viel Platz für den Ball, um ihn auch auf dem Grün liegen zu lassen. Und dann eben die schon angesprochene 17. Ich mochte das Loch. Bei den Par 5s muss ich Dir zustimmen. Klasse. Hat man selten, so eine Ansammlung von guten Par 5s. Manche nennen Lost Farm ja den Zweitplatz zu Barnbougle Dunes. Die Bezeichnung finde ich etwas abwertend. Für mich ist auch Lost Farms ein Weltklasseplatz. Oder siehst Du das anders?
Das mit dem Zweitplatz kommt vielleicht daher, dass die Entstehungsgeschichte nicht ganz unkompliziert war. Richard Sattler, dem das Gelände gehört, hat Barnbougle Dunes ja mit einer Investorengruppe gebaut, Lost Farm aber mehr oder weniger alleine. Daraus resultierte ein jahrelanger Gerichtsstreit zwischen der alten Investorengruppe (deren Hauptanteilhaber bizarrerweise auch Sattler ist) und Sattler, der 2012 vor dem australischen Bundesgericht haushoch gewann. Deshalb war es früher extrem umständlich, Teetimes auf beiden Plätzen zu buchen. Mittlerweile gibt es zum Glück ein gemeinsames Buchungssystem. Aber ich habe Deine Frage noch nicht beantwortet. Ja, Lost Farm ist definitiv ein Weltklasseplatz. Ich bin ja sowohl großer Fan von Tom Doaks Arbeit als auch von Bill Coore, der Lost Farm ausnahmsweise ohne Kompagnon Ben Crenshaw gebaut hat. Aber Lost Farm bietet noch mehr. Die Lodges sind ein Traum und das Restaurant ist auf allerhöchstem Niveau. Ich hoffe, Du hast meine Empfehlung nicht bereut.
Ganz und gar nicht. Das Hotel und das Restaurant waren Klasse. Sehr schöne Zimmer mit tollem Blick auf den Golfplatz und das Restaurant wurde allen Ansprüchen gerecht. Sehr gutes Essen und das beste Frühstück während der sechswöchigen Reise. Dazu ein traumhafter Blick vom Tisch auf das Loch 15, die Dünen und das Meer. Was will man mehr? Dagegen fällt die Unterkunft in Barnbougle Dunes etwas ab. Das ist eher was für den Buddytrip.
Deswegen haben sie in Barnbougle Dunes ja auch eine kleine Landebahn neben dem zweiten Fairway, wo die Buddies aus Sydney und Melbourne landen können. Und diesen Anreiz hat Lost Farm sicher noch verstärkt. Man könnte sagen “Come for Barnbougle Dunes, stay for Lost Farm”. Und dabei muss es nicht bleiben. Hast Du die imposanten Dünen gesehen, die sich auf der anderen Seite des Lost Farm Clubhauses anschließen? Das gesamte Land gehört Sattler und er hat schon gesagt, dass er sich durchaus einen dritten Platz vorstellen könnte.
Da ist sicher noch Potenzial und Platz für einen dritten tollen Platz. Die Umgebung dort nordöstlich von Lost Farm ist ja auch traumhaft. Bist Du mal an dem Strand hinter den Golfplätzen gewesen? Einfach großartig. Der Strand alleine könnte schon viele Touristen anlocken. Persönlich frage ich mich nur, ob das alles in die richtige Richtung geht. Denn mit einem dritten Platz und noch mehr Buddies, die nur zum Golfen kommen und extra einfliegen, wird das Ganze sicher nicht günstiger. Womöglich entsteht dort das zweite Bandon, wo das Greenfee ja einiges teurer ist. Das Preis/Leistungsverhältnis ist ja doch einer der großen Pluspunkte dieser traumhaften Anlage am Ende der Welt.
Das ist durchaus möglich. Allerdings sind in Tasmanien gerade noch einige weitere vielversprechende Golfplätze in Planung, wie Cape Wickham oder Seven Mile Beach und der Konkurrenzkampf könnte dafür sorgen, dass die Preise stabil bleiben. Schön wäre es, denn wenn ich in Zukunft auch nur im 1000-Kilometer-Umkreis bin, werde ich garantiert wieder hinfliegen. Nicht nur weil Barnbougle Dunes der vielleicht beste Platz ist, den ich bisher spielen durfte, sondern auch, weil Lost Farm unfassbar viel Spaß bereitet. Ich erinnere mich immer noch mit einem breiten Grinsen an die Bahn 3 zurück, ein sensationelles, kurzes Par 4 oder an die 13, die in einem Dogleg nach links dem Fuß einer Düne folgt. Auch wenn Du die hohen Noten sicher wieder stecken lässt, gab es denn in Lost Farm wenigstens einige Löcher, die selbst einem unerbittlichen Golfplatz-Llambi wie Dich die 10 zücken lassen würden?
Ich hoffe, Du hast Recht. Alle diese Projekte motivieren mich, noch einmal dort hinzureisen. Wobei Cape Wickham einen kleinen Haken hat. King Island wird nicht mit der Fähre angefahren. Und das derzeit günstigste Paket für eine Tagestour von Melbourne mit 4 Personen inklusive Flug, Transfer und Greenfee (ohne Gepäck) kostet ab AUD 765. Das einzelne Greenfee ist derzeit mit 150$ angesetzt. Aber Du hast Recht. Alleine Barnbougle lohnt auch eine weite Anreise. Wer also als Golfer in Melbourne oder Sydney ist, sollte ruhig den Flug nach Launceston einplanen und in Barnbougle spielen. Schläger kann man sich ja, wie wir es gemacht haben, dort leihen.
Und zu Deiner Frage wegen meines Ratings kann ich für einzelne Löcher ohne weiteres eine 10 vergeben. Die schon angesprochene 3 (das tolle kurze Par 4), die 4 (das Par 3 an der Bass Strait), die 8 (perfektes Par 5), die 15 (herausforderndes Par 3 mit Traumblick) und die 18 (ein perfekter Abschluss für eine tolle Runde Golf). Alle Weltklasse. Im Ganzen vergebe ich aber für Lost Farm nur eine 9. Auch wenn verständlicherweise dort kein Platz mehr war, die 11 und die 12 haben mich enttäuscht. Aber das hat man vergessen, wenn man an der 18 seinen Putt eingelocht hat und den tollen Platz noch mal Revue passieren lässt…