Das erste Major des Jahres rückt mit Riesenschritten näher und wie immer beginnt die Vorfreude auf das Masters mit Kleinigkeiten, beispielsweise dem offiziellen Programmheft. Bereits im Vorjahr habe ich an dieser Stelle das Masters Journal vorgestellt und dies soll als Einstimmung auch dieses Jahr geschehen. Gerne hätte ich es bereits vorher vorgestellt, damit Interessierte es sich wie im Vorjahr noch im offiziellen Masters-Shop rechtzeitig bestellen können, aber offensichtlich hatte jemand meine Bestellung irgendwo in einem Grünen Jackett vergraben, so dass es erst diese Woche in meinem Briefkasten landete.
Wie 2011 beträgt der Umfang auch in diesem Jahr 130 Seiten, der Copypreis ist mit 9 US-Dollar gleich geblieben, die vertraute Rubrizierung in die Abschnitte Tradition, Reflection, Challenge und Competition wurde beibehalten und nicht einmal Augusta-Chairman Billy Payne hat es zum Fotografen für ein neues Portrait geschafft: das an Traditionen festhaltende Masters lässt sich auch an dieser Stelle auf gar keine Experimente ein.
Nachdem sich im letzten Jahr die 75. Austragung des Turniers wie ein roter Faden durch das Journal zog, gibt es in diesem Jahr kein übergreifendes Thema, das immer wieder angeschnitten wird. Den Auftakt macht ein kurzes Porträt von drei renommierten Golf-Journalisten, die den Lebensweg und die Golf-Karriere des großen Bobby Jones begleitet haben: Grantland Rice, O.B. Keeler und Charles Price. Es sind leider keine sonderlich spannenden Porträts, die aufgrund des geringen Platzes weder über die Journalisten noch über Bobby Jones in die Tiefe gehen können und irgendwie den Eindruck eines Platzfüllers machen.
Auch die folgende Kurzzusammenfassung der letzten 75 Jahre ist nicht sonderlich gehaltvoll und vor allen Dingen nur eine leichte Variation vom Vorjahr. Nur die Jubiläumssieger (vor 75, 70, 60, 50 etc. Jahren) werden ein wenig intensiver gewürdigt und hier finden sich tatsächlich ein paar witzige und spannende Anekdoten, beispielsweise, dass Sam Snead beim Masters 1942 für neun Loch barfuß gespielt hat, um seinen Schwungrhythmus wiederzufinden.
Die beste Geschichte des Traditions-Abschnitts (und vielleicht sogar des ganzen Heftes) nennt sich Memory Sticks und geht auf eine der weniger bekannten Masters-Traditionen ein, nämlich dass der Sieger dem Club einen seiner Schläger stiftet. Die Bilder von Horton Smiths 1934er Putter, Gene Sarazens Holz 4 mit dem er 1935 sein Albatross schoss oder den 1er Eisen von Nicklaus, Palmer, Nelson und Snead sind eine faszinierende Zeitreise bei der man merkt wie sehr sich der Golfsport vom Material her verändert hat. So wissen sicher nur die wenigsten, dass Tiger Woods sein erstes Masters 1997, also gerade mal vor 15 Jahren, noch mit Stahlschaft in seinem Driver gewann.
Die Rubrik Reflection wird eingeleitet durch eine Hommage von Tom Watson an Byron Nelson, der vor 75 und 70 Jahren das Masters gewann, die mich erstaunlicherweise so wenig fesselte wie der Rest dieses Abschnittes: Hochglanz-Fotos kombiniert mit Poesie (nur das Clubhaus bei Nacht sieht klasse aus) sowie eine Zusammenfassung des letzten Masters, die nicht einmal annähernd den Wahnsinn vermitteln kann, die dieses legendäre Finale auszeichnete (Worte können diesem Live-Erlebnis einfach nicht gerecht werden).
Schließlich kommt dann wie in jedem Jahr der Hauptteil des Heftes: die Beschreibung der 18 Löcher von Augusta National. Nachdem im vergangenen Jahr Ben Crenshaw diese Aufgabe übernahm, darf 2012 Zach Johnson von Tea Olive bis Holly die Spielbahnen erklären. Da der Platz 1:1 identisch zu dem vom Vorjahr ist, halten sich die neuen Erkenntnisse dabei in Grenzen – nicht einmal die Bilder der Blüten, nach denen die einzelnen Löcher benannt sind, wurden ausgetauscht. Hinzu kommt, dass Zach Johnson zwar ein guter Spieler ist, Crenshaw ist mittlerweile jedoch einer der herausragendsten Golfplatz-Architekten unserer Zeit geworden und hat ein deutlich größeres Verständnis des Platzes. Nimmt man dann noch hinzu, dass sich das letzte Heft durch die Original-Skizzen von 1934 zu jedem Loch auszeichnete, reicht es völlig, wenn man sich das Vorjahresheft erneut herausholt.
Und das ist auch in etwa das Gesamtfazit des diesjährigen Heftes. Zwar gibt es zum Finale noch einmal eine klasse Geschichte über den 1992er Masters-Sieg von Fred Couples, aber insgesamt konnte sich nicht der große Aha-Effekt wie im Vorjahr einstellen. Dies ist aber nur zur verständlich. Immerhin handelt es sich hier in erster Linie um ein Programmheft, das an die Zuschauer vor Ort gerichtet ist – weshalb ja in jedem Jahr alle 18 Löcher aufs Neue vorgestellt werden. Zur Einstimmung ist natürlich auch das 2012er-Heft nett, und wer bisher noch nie ein Masters Journal in der Hand hatte, wird sicherlich ähnlich begeistert sein wie ich bei meiner ersten Begegnung mit dem Journal. Doch der letzte Tick zur Perfektion fehlt in diesem Jahr. Hoffen wir, dass dies kein Vorzeichen für die Qualität der am Donnerstag beginnenden 2012er Ausgabe des Masters ist.