Im US-Golf spielte sich in den letzten Monaten eine menschliche Tragödie ab, über die in Deutschland nur in Randspalten der Golfzeitschriften berichtet wurde. Ken Green, fünfmaliger Sieger auf der PGA Tour und 1989 Mitglied des amerikanischen Ryder-Cup-Teams, war im Juni 2009 auf dem Weg zu einem Champions-Tour-Auftritt, als der Reifen seines Wohnmobils platzte. Bei dem Horror-Unfall wurden Greens Bruder und seine Freundin getötet. Green selber wurde schwer verletzt und verlor das rechte Bein.
Trotz des schweren Schicksalsschlages schwor sich der 50-Jährige nicht aufzugeben und trotz seiner Behinderung ein Comeback zu versuchen. Mitten im Rehabilitationsprozess folgte dann der nächste Schock für Green: Im Januar dieses Jahres starb sein Sohn an einem Drogen-Alkohol-Cocktail. Zwar hatten sich beide entfremdet, dennoch war dies ein weiterer Schlag in die Magengrube für Green, der über seinen Comebackversuch in einem Tagebuch auf einer speziellen Webseite berichtet.
Green war während seiner aktiven Zeit sicherlich nicht der populärste Spieler. Allein seine Strafakte von der PGA Tour würde selbst einen John Daly vor Neid erblassen lassen, hinzu kamen zahlreiche private Probleme, die ihn immer wieder in die Schlagzeilen brachten. In anderen Worten: Green war sicherlich nie ein Poster Boy für die PGA Tour. Doch sein Charakter sollte eigentlich keine Rolle spielen, wenn es um das Für und Wider eines Comebacks betrifft. Doch wurde seinen Fall wirklich neutral betrachtet?
Wie Ken Green gestern in seinem Blog berichtet, wurde sein Antrag auf eine Major Medical Extension für die Champions Tour abgelehnt. Eine solche kann gestattet werden, wenn ein Spieler aufgrund einer Verletzung keine komplette Saison spielen konnte. Wenn sie genehmigt wird, hat der Spieler eine gewisse Anzahl an Turnieren um das fehlende Preisgeld zur Erneuerung der Tourkarte einzuspielen. Nichts ungewöhnliches: Allein auf der PGA Tour spielen in diesem Jahr ein Dutzend Spieler mit einer solchen Ausnahmegenehmigung. Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele hatten Handgelenksverletzungen, andere Schulter- und Rückenprobleme. Sie alle haben sicherlich eine Berechtigung für ihre Extensions, aber seien wir doch mal ehrlich: wirken diese Verletzungen im Vergleich zu einem amputierten Bein nicht eher wie ein eingewachsener Fingernagel?
Dennoch wurde Ken Green sein Antrag verwehrt. Die Gründe dafür sind bisher nicht bekannt. Green sagt auf seinem Blog lediglich, dass er auf eine Klage gegen die PGA Tour verzichten wird. Tourdirektor Tim Finchem, sein Champions-Tour-Kollege Mike Stevens oder ihre Sprecher haben bisher keine Stellung genommen. Nicht verwunderlich, da die PGA Tour bei Strafen und ähnlichen Dingen, die den Status einzelner Spieler betreffen, eine strikte “No Comment”-Politik fährt. Sollten sie dies in diesem Fall auch tun, könnte sich das Ganze jedoch zu einem PR-Desaster entwickeln. Besonders, da die PGA Tour in diesem Jahr bereits einige Peinlichkeiten hingelegt hat: Angefangen damit, wie die Affäre Woods und die schlecht getimte Pressekonferenz gehandhabt wurde, über das Desaster mit den Ping-Wedges, das Tim Finchem zu einem handfesten Skandal ausweiten ließ, bis hin zu jüngsten Meldungen, dass Tim Finchem sich in persönlichen Briefen an Turnierleitungen für eine Wild Card für Steve Elkington aussprach. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass klare Lobbypolitik für Lieblinge betrieben wird – wodurch es kein großer Gedankensprung ist, anzunehmen, dass im Falle Ken Green genau das Gegenteil passiert ist.
UPDATE: Die New York Times hat eine Stellungnahme von Champions-Tour-Chef Mike Stevens eingeholt. Offensichtlich dürfen nur die Top 30 der Rangliste eine Major Medical Extension erhalten und man fürchtet eine Welle von Klagen wenn man Ken Green eine Extension gewährt. Interessant wäre in dem Zusammenhang allerdings was passiert wenn Ken Green tatsächlich eine Klage anstrengen würde, deren Chancen auf Erfolg sicherlich nicht schlecht einzuschätzen sind. Dies könnte die Champions Tour vor noch größere Probleme stellen als die Ablehnung von Greens Extension.