Die DGV-Werbekampagne versetzt den Deutschen Golf Verband in Feierstimmung. Denn der Golf-Erlebnistag brach alle Rekorde. Früher passten die Besucher noch in das Kölner RheinEnergiestadion, in diesem Jahr hätte man tatsächlich den Borussia-Park von Mönchengladbach dafür buchen müssen. Entsprechend gut gelaunt gab sich der neue Präsident: „53.000 Interessierte bei der Golf-Erlebniswoche sind ein tolles Ergebnis. Trotz des leider wechselhaften Wetters konnten wir gemeinsam mit den Clubs einen neuen Besucherrekord erzielen“, ließ sich Claus M. Kobold zitieren.
Der diesjährige Golferlebnistag war für den DGV ein wichtiger Prüfstein – war er doch der Erste, nachdem mit Hilfe von sechs Euro jedes Golfers eine Werbeagentur Urlaub in Südafrika machen durfte ein Werbespot Vorurteile gegenüber den Golfsport abbaut und eine Schwemme an neuen Mitgliedern generiert. Der von der Agentur Serviceplan erarbeitete Spot, der die visuelle Idee des “Enemy”-Posters und des “True Detective”-Vorspanns in einen 20-Sekünder verwandelt, war ein Werbeclip an dem es nichts zu mäkeln gibt – außer vielleicht, dass es ihm an Ecken und Kanten fehlt und der Erinnerungseffekt nicht sonderlich groß ist.
https://www.youtube.com/watch?v=VDRBY8r4wUM
Im Vorfeld der Golf-Erlebniswoche wurde laut Golf Post der TV-Spot insgesamt 228 Mal gezeigt. Am häufigsten auf den Nachrichtensendern n-tv und N-24 sowie bei Sport1 (womit zumindest das Vorurteil, dass Golf eine Männer-Enklave ist, nur noch verstärkt wird), aber auch neun Mal auf den großen öffentlichen Sendern. Ich habe mir einmal anhand der Werbepreislisten von Das Erste und ZDF herausgesucht, was alleine die Ausstrahlung gekostet hat.
34.800 Euro ARD Do., 23.04.2015 19:59 Uhr
27.920 Euro ZDF Fr., 24.04.2015 19:18 Uhr
9.400 Euro ARD Fr., 24.04.2015 19:53 Uhr
35.000 Euro ARD Sa., 25.04.2015 18:50 Uhr
35.000 Euro ARD Sa., 02.05.2015 18:50 Uhr
24.480 Euro ZDF Sa., 02.05.2015 19:18 Uhr
10.680 Euro ZDF Mo., 04.05.2015 19:22 Uhr
11.500 Euro ARD Mi., 06.05.2015 19:53 Uhr
11.500 Euro ARD Do., 07.05.2015 19:53 Uhr
Zusammen sind dies 200.280 Euro. Wenn man für die anderen 219 Ausstrahlungen im Free- und Pay-TV zusammen halbwegs konservativ 60.000 Euro anrechnet – das wären im Schnitt 275 Euro für jede Ausstrahlung – wären wir grob bei 260.000 Euro oder knapp 5 Euro pro anwesendem Golfer bei der Golferlebniswoche. Eine gute Investition also. Dieser Meinung scheint zumindest der DGV zu sein. Doch die offizielle Pressemitteilung verzerrt durch Auslassung und geschickte Umformulierung die Tatsachen. Wenn man auf den ersten Blick liest, dass das alte Rekordergebnis vom Golf-Erlebnistag um 6% gesteigert wurde, hört sich das erst einmal beeindruckend an. Wenn man dies hingegen in reale Zahlen umrechnet, sieht es schon anders aus. Im Jahr 2013 kamen 49.700 Besucher zum Erlebnistag. Im Jahr 2015 waren es 53.000. Dies sind die offiziellen Zahlen des DGV. Ob sie wirklich stimmen? Keiner weiß es. Doch man kann sich sicher sein, dass der DGV wenn, dann in die positive Richtung übertrieben hat. Also nehmen wir die 3.300 zusätzlichen Schnuppergolfer als gegeben an.
Diese 3.300 sind die Masse, an der sich der DGV-Spot messen lassen muss – nicht etwa die 53.000. Rechnet man dies auf die Ausgaben für die Ausstrahlung um (die Produktionskosten für den Werbespot sowie Zeitungsannoncen, Advertorials oder Internetwerbung sind hier nicht mal eingerechnet), so wurden für jeden gewonnenen Schnuppergolfer knapp 79 Euro ausgegeben. Nun wird sich der DGV natürlich mit dem Wetter herausreden und argumentieren, dass die Regenfälle im Süden der Republik die Zahlen verhagelt hätten. Andererseits war das Wetter zumindest im Norden sehr gut. Ein anderes Problem ist zudem hausgemacht. In den meisten Clubs war der Golferlebnistag am 2. oder 3. Mai. Ein Wochenende, das dank der arbeitnehmerfreundlichen Lage des 1. Mai auf einem Freitag die Menschen geradezu zu einem verlängerten Wochenendurlaub eingeladen hat. Zu diesem Zeitpunkt den Beginn einer Golferlebniswoche zu terminieren ist kein besonders cleverer Schachzug.
GolferlebnisWOCHE wohl gemerkt. Denn zum ersten Mal gab es keinen bundesweit einheitlichen Tag, sondern eine ganze Woche, in der jeder Club individuell seinen Erlebnistag festlegen konnte. Angenommen jemand wohnt in einer Gegend, wo im erweiterten Umkreis Club A seinen Erlebnistag am 2.5., Club B am 3.5. und Club C am 10.5. abgehalten hat, wäre er gleich drei Mal in die 53.000 Besucher eingegangen. Dies nur mal als Gegenargument gegen die Wetterentschuldigung. Hinzu kommt, dass viele Erlebnistag-Besucher nicht einmal einen Golfschläger in die Hand genommen haben. So wurde mir eine Geschichte von einem Club zugetragen, der 150 Erlebnistag-Besucher hatte, von denen aber rund 75% die Zeit lieber bei Kaffee und Kuchen im Clubrestaurant als auf der Driving Range verbracht haben.
Natürlich liegt die Schuld dafür nicht (allein) beim DGV. Jeder Club hat dafür zu sorgen, dass in den lokalen Medien auf den Erlebnistag aufmerksam gemacht wird und ein attraktives Programm den Leuten wirklich den Golfsport näher bringt. Es ist durchaus möglich, dass sich hier viele zu sehr von den Versprechungen des DGV haben blenden lassen und dachten, ihnen fallen die Golfer in den Schoß wie dem Waisenmädchen die Sterntaler. Aber wer will es ihnen verdenken, wenn der Werbeflyer für die crossmediale Kampagne tönt “Die bundesweiten Werbemaßnahmen gewinnen noch mehr Golf-Interessierte für den Erlebnistag”.
Diese Aussage kann man mit der letzten Woche endgültig ins Reich der Legende verweisen. Denn absolut gemessen waren die Zahlen vielleicht ein neuer Rekord, doch der Vergleichsmaßstab verwässert die Zahlen. Wieso das? Nun, im bisherigen Rekordjahr 2013 nahmen 375 Anlagen am Golferlebnistag teil. In diesem Jahr waren es 475. Konnte 2013 noch jede Anlage im Schnitt 133 Schnuppergolfer begrüßen, waren es in diesem Jahr gerade einmal 112. Natürlich kann man sagen, dass bei einem größeren Angebot erwartbar ist, dass der Schnitt sinkt. Aber doch bitte nicht, wenn man einen mittleren sechsstelligen Betrag in eine Werbekampagne gesteckt hat. Für die Investition, die der DGV im Namen seiner Clubs und mit unser aller Geld getätigt hat, sind 53.000 Besucher mindestens 10.000 zu wenig. Dass der neue DGV-Präsident Claus M. Kobold dieses Ergebnis beschönigt – obwohl er den Fehlschlag ohne lügen zu müssen auf seinen Vorgänger hätte schieben können – lässt schlimmes für die Zukunft erahnen.
Es wäre vielleicht besser gewesen, der DGV hätte die gesammelten 4,9 Millionen Euro nicht in einen Werbespot gesteckt, sondern damit andere Möglichkeiten gefördert Mitglieder zu sammeln. Wie beispielsweise die von Carsten Moritz initiierten, ehrenamtlichen Golf Mentoren. Ein Konzept, das in jeder Hinsicht mehr Hand und Fuß hat als die crossmediale Werbekampagne des DGV und mit einem Bruchteil an Investitionen mehr Menschen zum Golfsport bringen würde – zumal bei einer Betreuung, wie sie dort vorgesehen ist, die Wahrscheinlichkeit deutlich höher ist, dass die Menschen auch mehr als nur einen Tag lang den Golfsport erleben.