Die Ryder-Cup-Lüge – Teil 2

Die Kosten für die deutsche Bewerbung werden ausschließlich von der RC Deutschland GmbH, den Gesellschaftern und den Sponsoren der deutschen Bewerbung getragen. (RC Deutschland Gmbh)

“Wenn du es baust, wird er kommen”, hört Kevin Costner in “Feld der Träume” eine Stimme, die ihn dazu verleitet sein Maisfeld zu roden und ein Baseballfeld daraus zu machen. Eine ähnliche Stimme hören auch die deutschen Golfer in den letzten Monaten. “Wenn du ihn veranstaltest, wird er kommen”, flüstert sie. Er ist der Aufschwung und die Veranstaltung der Ryder Cup 2018.

Es ist die ultimative These mit der DGV, die RC Deutschland GmbH und sämtliche Golfmedien für Unterstützung bei den Golfern für die deutsche Bewerbung trommeln. Wir veranstalten den Ryder Cup in Neuburg an der Donau und schwups gibt es einen Golf-Boom, die Mitgliederzahlen steigen ins Unermessliche und Golf wird gesellschaftlich akzeptiert. So steht es zumindest sinngemäß auf der RC Deutschland Seite. Doch ist dem wirklich so? Es gibt ein paar Punkte, die zu denken geben. Da wäre zum einen der erhoffte Mitgliederboom.

Im Januar 2007 fand in Deutschland eine Sportveranstaltung statt, die die Massen in den Bann zog: die Handball-Weltmeisterschaft. Es trat das absolute Best Case Scenario ein. Mit einem charismatischen Trainer (der übrigens die deutsche Ryder-Cup-Bewerbung unterstützt) und einer sympathischen Mannschaft mit echten Typen eilte Deutschland von Sieg zu Sieg. Das Interesse stieg. Bis zum Finale erreichten die Zuschauerquoten im TV einen Bereich, der sonst Fußball-Länderspielen vorbehalten ist. Schwarz-Rot-Gold war in, und am Ende wurde Deutschland Weltmeister. Der Boom für den Handball war abzusehen. Und er kam. In Maßen.

Ende 2007 zählte der Deutsche Handball Bund knapp 819.544 Mitglieder (bevor kritische Stimmen kommen: ich verwende nicht die Zahlen von Ende 2006 weil das Ergebnis dann noch schlechter ausfällt). Ende 2009 waren es laut offizieller Seite 847.406. Eine Steigerung von knapp 28.000 Mitgliedern oder um gerade mal 3,4%. Nun mag sich diese Steigerung vielleicht in den nächsten Jahren fortsetzen, aber für den deutschen Golfer sollte dies dennoch ein Alarmsignal sein.

Wenn eine Veranstaltung, die omnipräsent im TV war und nationale Hysterie auslöste 3,4% Steigerung schafft, wie sieht es dann wohl für ein Event aus, das bisher nur im Pay-TV lief, in den TV-Nachrichten eine Mini-Meldung ohne Bilder bekommt und in dem statt Deutschland Europa antritt? Wer glaubt, dass alleine der Ryder Cup eine Wende in der öffentlichen Wahrnehmung und ungeahnte Begeisterung für den Golfsport auslöst, lebt in einem Fantasieland. Das ist das eigentliche Problem hinter dem Ryder-Cup-Soli, den der DGV am 20.11. auf einer außerordentlichen Versammlung beschließen will. Lassen wir die dafür nötigen Steuertricks einmal bei der Kritik außen vor, damit sollen sich Juristen befassen. Die zentrale Frage ist doch, was es dem deutschen Golfer bringt, die nächsten 12 Jahre diesen zugegeben geringen Zusatzbeitrag (1,50 Euro pro Jahr) zu leisten?

Bekommen wir dafür eine Vorzugsbehandlung bei der Vergabe von Tickets? Bei 482.526 DGV-Mitgliedern (so zumindest die Unterstützer-Zahl auf der RC Deutschland-Seite, die klammheimlich die um 95% kleinere Zahl der Bekenner – eine weitere Blamage der RCD – abgelöst hat) und deutlich weniger verfügbaren Ryder-Cup-Karten wohl kaum. Wird Golfen dadurch günstiger? Falls der Sport nicht DEUTLICH populärer wird ebenfalls nicht. Steigert er das Ansehen der deutschen Golfer im Ausland? Solange wir weiter im Schneckentempo schottische, portugiesische und andere Fairways verstopfen fraglich. Und das snobistische Image? Nun ja, über Jahre gewachsene Vorurteile lassen sich nicht an einem Wochenende abbauen.

Und hier liegt der Hund begraben. Wo ist die Imagekampagne um diese Vorurteile abzubauen? Die aktuelle Popularität von Martin Kaymer in den Medien wäre ideal um Anzeigen in Tageszeitungen und golffremden Magazinen zu platzieren, Internetspots zu drehen und noch intensiver an Schulen zu gehen um das Image des Golfsports zu entstauben und “entsnoben”. Stattdessen machte man Schlagzeilen mit einem Streit, wer die Erfolge von Kaymer für sich reklamieren darf und hat es bis heute nicht geschafft, Martin Kaymer zu einem Bekenner-Sprüchlein zu überreden. Und wer nutzt währenddessen clever die neue Popularität von Martin Kaymer? Rolex, BMW und Lacoste. Natürlich ist es das gute Recht von Kaymers Sponsoren dies zu tun. Doch wenn man von offizieller Seite keinen Gegenpol schafft, darf man sich nicht wundern wenn Golf das Image eines Reichen-Sports anhaftet.

Wenig hilfreich ist dabei die Lage bei den Bildrechten. Weil Sky sich sämtliche Golfrechte exklusiv gesichert hat und selbst für kürzeste Ausschnitte enorme Summen gefordert werden, gibt es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kaum Bilder vom Golf zu sehen. Hier sollten sich Vertreter des Golfsports einmal mit den Verantwortlichen von Sky zusammensetzen um zumindest einmal den Anstoß für einen Neuanfang zu geben. Keiner verlangt, dass Sky seine Exklusivrechte abgibt. Aber vielleicht kann man den Herren ja einfach mal klar machen, dass es in ihrem Interesse ist, wenn sich über solche Kurzberichterstattung ein Interesse am Golfsport formiert. Denn diese Grundlagen müssen geschaffen werden BEVOR ein Ryder Cup in Deutschland stattfindet. Wem nützt ein Ryder Cup wenn keiner davon erfährt? Für solche imagebildenden Maßnahmen wäre ein Soli deutlich sinnvoller als für die Lizenzgebühren einer Ryder Cup Bewerbung.

Zumal sich die RC Deutschland GmbH bei der Sicherung dieser Lizenzgebühren nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. 18 Millionen Euro sollten Bundes- und Landespolitik zusammen bereitstellen. Ein Plan, der durchfiel als die Bundesregierung sich weigerte ihren Teil zu leisten. Nun müssen wir an dieser Stelle nicht über die fadenscheinigen und schizophrenen Beweggründe der Bundesregierung diskutieren. Fakt ist jedoch, dass die RC Deutschland GmbH keine Alternative in der Hinterhand hatte. Ein unverzeihlicher Fehler, denn dass sich die Bundesregierung mit der finanziellen Unterstützung schwer tun würde war abzusehen. Und wie reagierten die Organisatoren um Erwin Langer? Indem sie plötzlich erklärten, es sei gar nicht zwingend notwendig 18 Millionen Euro aufzubringen, die Ryder Cup Europe LLC würde sich auch mit weniger zufrieden geben wenn der Rest der Bewerbung stimmt. Aber je mehr Lizenzgebühr man aufbringen könne, desto besser wären natürlich die deutschen Chancen. Eine Aussage, die zwei Fragen aufwirft. Zum Einen: Ist Lizenzgebühr etwa nur ein vornehmes Wort für Bestechungsgeld? Und zum anderen: Hat man den Politikern aus Bund und Land auch angeboten, dass weniger als die bei beiden angefragten 9 Millionen Euro reichen würden?

Die andere kritische Nachfrage, die man sich gefallen lassen muss, ist, ob man wirklich ausgerechnet einen Bewerber aussuchen musste, der den Bau eines neuen Platzes notwendig macht. Gut, die Kosten für den Bau sind durch private Investoren gedeckt. Aber wenn man mit einem fertigen Platz ins Rennen gegangen wäre, hätte man diese gesparten Kosten dann nicht einfach in die Lizenzgebühr stecken können? Oder geht es den Sponsoren in erster Linie vielleicht gar nicht darum den Ryder Cup nach Deutschland zu holen, sondern sich ein 18 Loch umfassendes Denkmal zu setzen? Vielleicht steht auch der Profit im Hintergrund? Schließlich erhält dieser Platz weltweite Präsenz und dürfte am ehesten von Greenfee-Spielern aus dem In- und Ausland profitieren.

Natürlich ist es gut möglich, dass es den Sponsoren wirklich nur um die Unterstützung des (Profi-)Golfsports geht. Wobei man dann aber fragen muss, wo Audi und Co. waren, als ein deutsches Profiturnier nach dem anderen aufgrund fehlender Sponsoren vom Turnierkalender verschwand. Wie dem auch sei: am Ende bleibt festzuhalten, dass die RC Deutschland GmbH die eigenen Versäumnisse bei der Bewerbung auf den deutschen Golfer abwälzen will – und mit dem gemeinnützigen (!) Deutschen Golf Verband einen willfährigen Ausführungsbeamten gefunden hat. 1,50 im Jahr. “Das ist weniger als ein Ball”, diktierte Präsident Joachim Nothelfer dann auch gleich den Journalisten ins Notizbüchlein – und verfehlt dabei völlig den Punkt. Es geht doch gar nicht um die Höhe des Ryder-Cup-Solis. Es geht darum, dass die RC Deutschland GmbH und der DGV aufgrund grober Fehler und Misskalkulationen jetzt als Bettler vor dem deutschen Golfer stehen – und man dank der wenig transparenten Begründung dieses Solis irgendwie den Eindruck hat, sie würden es für Alkohol verprassen. Wenn das Konzept der Bewerbung stimmen und eine langfristige, nachhaltige Förderung des Golfsports in Deutschland beinhalten würde, wäre ich auch bereit 5 Euro im Jahr zu zahlen. Aber solange der DGV und die RC Deutschland GmbH weiterhin den Eindruck machen, dass ihnen die Sache über den Kopf gewachsen ist und mit dem Geld der deutschen Golfer lediglich Flickschusterei für das gescheiterte Bewerbungskonzept betrieben wird, sind 1,50 Euro im Jahr für einen Ball weit besser angelegt.

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