Martin Kaymer ist zurück. Herzlichen Glückwunsch. Er hat bei der Players Championship mit einem beeindruckenden Start-Ziel-Sieg seine “Auferstehung” gefeiert, wie golf.de es nennt. Eine etwas bizarre Wortwahl angesichts der kurz zuvor geschehenen Dinge bei der Madeira Islands Open. Schließlich ging es bei der Players Championship lediglich um 1,8 Millionen Euro. Beim zeitgleichen Turnier der European Tour ging es dagegen tatsächlich um Leben und Tod.
Denn auf dem 9. Loch, seine finale Spielbahn für das Turnier, kollabierte Ian MacGregor und verstarb noch auf dem Fairway an den Folgen eines Herzinfarkts. Der Caddie des Schotten Alastair Forsyth wäre am heutigen Montag 53 Jahre alt geworden. Wer schon einmal erlebt hat, wie es ist, wenn auf dem Golfplatz ein Rettungswagen vorfährt und einen verstorbenen Spieler abholt, weiß wie grausam diese Situation ist. Selbst wenn man den Verstorbenen nicht persönlich kannte, fühlt man sich nicht in der Lage, weiter zu spielen als sei nichts gewesen. Selbst Tage später hat man noch ein mulmiges Gefühl an dem Ort vorbei zu gehen, wo vor kurzem jemand sein Leben gelassen hat. Umso schockierender ist, was im Anschluss bei der Madeira Islands Open passierte.
Nein, ich rede jetzt noch nicht einmal von den widerlichen Internet-Artikeln, die unterstützt von Reuters-Bildern zeigen, wie Helfer verzweifelt versuchen MacGregor wiederzubeleben. (einen Link dazu spare ich mir, um diesen Aasgeier-Journalismus nicht noch zu unterstützen). Ich rede viel mehr von der Entscheidung, das Turnier weiterlaufen zu lassen, als sei nichts geschehen. Da kann sich die European Tour in ihrer offiziellen Erklärung noch so sehr die Entscheidung schön reden, indem man auf eine Schweigeminute und Rücksprache mit den Spielern verweist. Fakt ist, die Turnierleitung hätte in diesem Fall auch ohne Rücksprache das Turnier abbrechen sollen. Dies forderten auch einige European-Tour-Spieler via Twitter.
Can't believe there are still playing in Madeira.there is no respect anymore.how you can even walk on the 9th fairway.
RIPmac— Jean-Baptiste Gonnet (@jbgonnet) May 11, 2014
Cant believe they are going to keep playing in Madeira… Live is more important than golf… #RIPmac
— Pablo Larrazabal (@plarrazabal) May 11, 2014
@SwedishTORO Call it off NOW! @EuropeanTour
Have some respect please— Mikko Ilonen (@MikkoIlonen) May 11, 2014
Dass das Turnier nicht abgebrochen wurde, hatte sicherlich mit den Umständen zu tun. Aufgrund von nebelbedingten Verzögerungen wurde das Event bereits auf 36 Loch reduziert. Hätte man nun die Runde abgebrochen, hätten die Preisgelder keine Auswirkung auf die Geldranglisten gehabt. Doch sind solche Regulatien wirklich wichtiger als der Respekt vor einem verstorbenen Caddie? Zumindest Paul Lawrie empfand dies nicht so. Er zog zurück.
Ich zog als Zeichen meines Respekts zurück, weil ein Freund von mir auf dem neunten Fairway verstorben ist. (Paul Lawrie)
Dass dies nicht deutlich mehr Spieler getan haben, ist ein trauriges Zeugnis für den Golfsport. Waren Preisgelder zwischen 675 Euro für den Letztplatzierten und 75.000 Euro für den Sieger Daniel Brooks wirklich so wichtig? Waren es 1.080 Euro Preisgeld wirklich wert, dass selbst Alastair Forsyth mit den Worten “Er hätte es so gewollt” das letzte Loch komplettierte, nachdem er seinen Caddie vor seinen Augen sterben sah? Doch letztlich trifft die Hauptschuld nicht einzelne Spieler, sondern die European Tour, die Forsyth und seine Kollegen nicht einmal in diese Situation hätte bringen dürfen. Es ist ihre Aufgabe die Spieler zu schützen, zur Not auch vor sich selber. Dass der laut Presseberichten in die Entscheidungen eingebundene George O’Grady nicht die Executive-Order gab abzubrechen, ist schlicht und einfach eine Schande. Wäre es denn so schwer gewesen, statt der Preisgeldausschüttung allen Spieler die Kosten für Reise und Unterkunft zu erstatten und das restliche Geld in eine Stiftung zu stecken oder der Familie von Ian MacGregor zukommen zu lassen? Sicherlich nicht. Aber offenbar ist die ordnungsgemäße Durchführung eines drittklassigen Golfturniers wichtiger als ein Menschenleben.