Erdig-harmonischer Platz mit angenehmer Note im Abgang
Linksgolfer
6
Pluspunkte
Fairer Platz für alle Spielklassen
Strategisch gut designte Löcher
Starke Par 5s
Negativpunkte
Die unvergesslichen Löcher fehlen
6

Für deutsche Golfer haben sich drei Regionen als sicheres Winterziel etabliert: Belek, Mallorca und die Algarve. Und wer aus dem Einerlei ausbrechen will, fährt vielleicht noch nach Madeira, an die Costa Brava oder nach Lissabon. Doch die wenigsten haben Golf du Médoc in Aquitanien auf dem Zettel. Dabei ist die Gegend um Bordeaux zumindest für den Beginn und das Ende der Nebensaison attraktiv: Im März und November ist noch mit einer Durchschnittstemperatur von 15°C zu rechnen. Mit dieser Aussicht war kurzentschlossen ein verlängertes Wochenende für die erste November-Woche gebucht – und übertraf alle Erwartungen. Allen voran beim Wetter.

Fünf Tage lang strahlender Sonnenschein und Temperaturen bis 25°C machten das Sonderangebot im Golf du Médoc Resort zu einem noch größeren Schnäppchen als gedacht. Die Anlage im Nordwesten von Bordeaux ist vom Flughafen Merignac in gerade einmal 20 Minuten mit dem Auto zu erreichen. Seit 1989 wird hier Golf gespielt und für die Architekten der zwei Plätze hat man echtes Händchen bewies: Les Vignes wurde von Rod Whitman gestaltet, der spätestens seit Cabot Links Weltruf in der Branche genießt. Und Les Châteaux stammt aus der Feder von Bill Coore, der aktuell im Duo mit Ben Crenshaw der vielleicht begehrteste Architekt der Welt ist.

Golf Du Médoc Les Châteaux war das dritte Soloprojekt von Coore und besitzt viele seiner Markenzeichen. Ausgelegt darauf, sich schnell und hart zu spielen (obwohl davon im November nicht viel zu sehen war), ist der von schwarz 6574 Meter lange Platz trotz seiner Schwierigkeit von Spielern aller Handicapklassen gut zu bewältigen. Dies liegt in erster Linie an der Großzügigkeit vom Tee. Zwar ziehen die ebenso großen wie großartigen Bunkerkomplexe Bälle magisch an, aber die sind dann eben noch spielbar und nicht verschwunden und geben dem Spieler die Option, sich mit einem exzellenten Rettungsschlag wieder ins Spiel zurückzubringen. Allerdings sollte man vielleicht nicht direkt aus dem Flieger auf den Golfplatz gehen, wie meine (gefühlt noch schlechteren) 12 über Par auf den Front 9 beweisen. Dass ich dennoch die Runde unglaublich genossen habe, sagt viel über die Qualität des Platzes aus.

Das erste Highlight von Golf Du Médoc Les Châteaux ist gleich die Bahn 2, mit 527 Metern das längste Loch des Platzes. Auf der linken Seite wird der Blick magisch von einem gigantischen Fairwaybunker angezogen, der in der Mitte eine kleine Insel hat. Man braucht nicht weiter zu erwähnen, dass natürlich auch mein Ball ihn anziehend fand. Aber die Bunker sind absolut fair, gut gepflegt und deshalb gerade auf Par 5s noch kein Weltuntergang. Wer nun aber sicher die hindernisfreie rechte Seite des Fairways wählt, muss dafür einen schwierigen Schlag ins Grün über einen anspruchsvollen Grünbunker in Kauf nehmen.

Auch die 5 zeigt wieder deutlich die Philosophie von Bill Coore. Um das Grün des mittellangen Par 3 zu treffen, braucht es von den Back Tees 150 Meter Carry. Aber links hat Coore eine Bailout-Zone für höhere Handicapper geschaffen durch die jeder, der sich das nicht zutraut, das Loch auch quasi zum Par 4 umwandeln kann, bzw. versuchen kann über Pitch & Putt das Par zu retten, wie ich dies unfreiwillig gemacht habe. Allerdings ist es nicht ganz leicht, da die linke Seite deutlich höher als das Grün liegt. Weniger Ausweichmöglichkeiten gibt es dagegen auf der nur wenig kürzeren Bahn 9. Zwar kann man auch hier den Teich umspielen – dieses Mal auf der rechten Seite – allerdings wartet rechts vom Grün ein recht tiefer Bunker, der diesen Weg nicht risikolos macht. Hier heißt es sich zu entscheiden.

Nach neun Löchern hatte mein Spielpartner, Franzose ungarischer Abstammung mit Handicap 2, genug schlechte Schläge gesehen und beschloss den Rest des Tages mit etwas schönerem, sprich: seiner Freundin zu verbringen. Deshalb schloss ich schnell auf eine Dreiergruppe auf, die mich nach der 10 (einem weiteren exzellenten Par 5, die – das ist mir schon auf Lost Farm aufgefallen – eindeutig die Stärke von Bill Coore sind) durchspielen ließen. So dachte ich zumindest, stellte dann aber fest, dass sie mich in ihren Dreierflight aufnehmen wollten. Da die Reisemüdigkeit aus den Knochen war und das Trio glücklicherweise ein anderes Spielniveau pflegte als mein Mitspieler auf der Front 9, entspannte ich und spielte plötzlich ein ganz anderes Golf. Zumal die Dame und ihre zwei Begleiter für eine lockere Atmosphäre sorgten. Ob ich denn wüsste, welch Ehre mir zu Teil würde, mit so einem prominenten Mann spielen zu dürfen, wollte einer von ihnen wissen? Nach etwas ratlosen Blicken auf die Drei wurde mir plötzlich klar, worauf er anspielte: Tatsächlich sah einer von ihnen – abgesehen vom Bierbauch – doch tatsächlich aus, wie der französische Staatspräsident Françoise Hollande.

Entsprechend relaxt absolvierte ich die Back 9 in sechs über Par, obwohl sie keineswegs so viel leichter waren. Die Highlights warten dabei an den geraden Löchern. Die 12 ist ein 170 Meter langes Par 3, das ein wenig mit der Tiefenwahrnehmung spielt, weil es vom Tee zum Grün leicht ansteigt und man somit ohne Platzkenntnisse kaum einschätzen kann, wieviel Platz von der Fahne bis zum Anfang und Ende des Grüns ist. Mit der 14 folgt das letzte  Par 5 des Platzes und auch hier enttäuscht Coore nicht. Die 490 Meter lange Bahn führt rechts an einem Wasserhindernis entlang, das sich vor dem Grün so ausdehnt, dass ein Angriff mit dem zweiten Schlag hochriskant ist. Wer defensiver spielen wird, legt mit dem zweiten Schlag auf die rechte Seite vor, um einen besseren Winkel zu haben.

Auch die 16 dürfte für die meisten als Par 5 gespielt werden, ist auf der Scorekarte allerdings ein 424 Meter langes Par 4. Longhitter haben hier einen echten Vorteil, denn je weiter der Drive fliegt, desto eher kommt man über die leichte Kuppe und profitiert von zusätzlichem Bergab-Roll. Ohne diesen Zusatz-Boost ist es unmöglich, das Green in Regulation zu erreichen. Dies wird auch auf der 405 Meter langen Schlussbahn zu einer kleinen Herausforderung. Denn der Blick vom Tee suggeriert Gefahr auf der linken Seite und verleitet dazu, den Drive eher rechts anzuhalten. Doch das trügt, denn damit wird der Weg ins ondulierte Grün, das zudem noch von einer False Front verteidigt wird, mächtig lang.

Golf du Médoc ist sicherlich ein anspruchsvoller Test, der alle Facetten des Spiels testet. Aber auch Les Châteaux ist durchaus für Jung bis Alt, von Profi bis Anfänger, von Männlein und Weiblein gut zu bewältigen. Und dennoch ist das Resort immer noch ein Geheimtipp, in dem sich vor allen Dingen Franzosen tummeln. Tee Times sind gut zu bekommen, das Essen im Hotel ist exzellent, und wer neben Golf noch etwas von der Welt sehen will, bekommt innerhalb einer Stunde Fahrtzeit zwei zum Unesco Welterbe zählende Innenstädte und die größte Wanderdüne Europas geboten. Und falls das an Überzeugungsarbeit noch nicht reicht, kann vielleicht Gregory Havret mit seinem augenzwinkernden Werbesport für Golf du Médoc überzeugen.

Gespielt am: 6.11.2015

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