Merksatz an mich selbst: Versuche nie, ohne Voranmeldung in den Niederlanden Golf zu spielen. Nicht, dass unsere Nachbarn unfreundlich wären (abgesehen vom Caddie Master in Eindhoven), aber es ist nahezu unmöglich, eine Tee Time zu ergattern, weil an manchen Tagen nur Mitglieder spielen dürfen, alles ausgebucht ist, oder eines von vielen Turnieren stattfindet. Nach zahlreichen Absagen fand ich aber dann doch einen Club, der mich spielen ließ: der Hilversumsche Golfclub. Und obwohl er eigentlich nur meine dritte oder vierter Wahl war, habe ich am Ende einen der besten Plätze Kontinentaleuropas spielen können.
1927 erweiterte kein Geringerer als Harry Colt den Platz auf 18 Löcher und schuf damit einen Platz, der dem Test der Zeit lange Zeit standgehalten hat. Insgesamt 28 Mal wurde hier die Dutch Open ausgetragen. Ein Rekord, an dem sich selbst Kennemer und Royal Haagsche die Zähne ausbissen. Für deutsche Golfer erwies sich Hilversumsche dabei als Glücksbringer. Martin Kaymer, Tobias Dier und Sven Strüver trugen sich hier in die Siegerlisten ein. Davon war ich weit entfernt, aber am Ende habe ich mich trotzdem als Gewinner gefühlt.
Aufregender Mix aus Parkland und Heideland
Der Grund liegt darin, dass Hillversumsche sehr viele Kriterien erfüllt, die wir an einen Platz haben. Die Bahnen sind organisch über das Gelände gelegt. Der sandige Undergrund ermöglicht eigentlich immer einen gleichbleibend trockenen und schnellen Untergrund. Die Wege zwischen Tee und Grün sind (mit zwei Ausnahmen) kurz. Und allen voran gibt es Unmengen an Bahnen mit Charakter. Der Mix aus Parkland und Heidelandplatz wirkt gleich vom ersten Abschlag unglaublich attraktiv. Wobei dies zugegeben auch der Tageszeit zu verdanken war. Zur goldenen Stunde am frühen Morgen entstand ein wunderbares Spiel aus Schatten und Sonne auf dem ersten Fairway, das wunderbar onduliert einen entspannten Start in die Runde ermöglichte.
Bereits die Bahn 2 bot dann das erste Highlight. Das 314 bis 207 Meter kurze Par 4 erfordert eine kluge Spielstrategie. Nach rund 205 Metern wird das Fairway von einer bewachsenen Welle unterbrochen. Wer versucht drüber zu schlagen, muss mit einem schmaleren Fairway zurechtkommen. Wer vorlegt, muss rechts und links einen Bunker beachten. Und auch der Schlag ins erhöhte Grün ist anspruchsvoll.
Es folgt bis einschließlich zur 7 eine Reihe hochkarätiger Löcher. Aufgrund des Baumbestandes sollte man allerdings den Driver halbwegs im Griff haben. Das Auffälligste an Hilversumsche ist, wie viel Aufmerksamkeit von Harry Colt (und Kyle Philipps, der ihn restaurierte) auf Strategie gelegt wurde. Jeder einzelne Bunker ist mit Bedacht gesetzt und fordert vom Golfer eine bewusste Entscheidung, ob er das Risiko wert ist. Und durch die Ondulierung der Grüns sowie der Pinposition gibt es an jeder Bahn eine Strategie, die sie leichter macht.
Perfekter Pflegezustand
Aber auch visuell ist der Platz unglaublich reizvoll. Obwohl ich zwei Wochen zu spät für die Heideblüte war, sah es traumhaft aus. Das ist auch ein Verdienst der Greenkeeper. Nur wenige Plätze, deren Bahnen von Bäumen umsäumt sind, schaffen es, perfekte Fairways und Grüns hinzuzaubern. Und so wirken auch die mit Heide bepflanzten Waste Areas außerhalb der Blütezeit nicht räudig sondern gepflegt. Natürlich ist auch in Hilversumsche nichts alles perfekt. Die neben der Range gelegene 10 – ein Par 3 – wirkt, als ob man keinen anderen Platz gefunden hat, um ein 18. Loch zu finden.
Aber auch das Loch ist für sich genommen qualitativ hochwertig – und nur kurz später ist dieser kleine Routing-Ausrutscher wieder vergessen. Die 12 beispielsweise ist ein 320 bis 219 Meter kurzes Par 4, bei dem man blind über einen begrasten Hügel schlagen muss. Und dann feststellt, dass das fantastische Grün von vorne nach hinten abfällt. Auch am Par 3 an der 14 muss man über eine solche Hard Rough Area schlagen. Die größere Gefahr bilden aber die tollen Bunker vor dem Grün. Und schließlich wartet mit der 18 noch ein Par 4, das alles abverlangt. Das 456 bis 360 Meter lange Par 5 knickt leicht nach rechts und fordert dadurch einen präzisen Abschlag. Doch das ist nichts gegen das direkt vor dem Clubhaus gelegene Grün. Vorne links wartet eine gigantische Welle auf unpräzise Annäherungen – und bieten eine große Herausforderung für das kurze Spiel.
Besser als fast alles in Deutschland
Es ist kaum vorstellbar, dass diese golferische Perle in offiziellen Listen nicht zu den besten fünf Plätzen des Landes zählt. Aber das ist vielleicht nur ein weiterer Beleg für die Klasse, die es bei unseren Nachbarn gibt. In Deutschland würde man sich alle fünf Finger danach lecken, hier eine Runde drehen zu können. Was eigentlich nur ein Notnagel für mich war, hat sich am Ende zu einer echten Entdeckung gemausert. Wer im Westen Deutschlands wohnt, sollte unbedingt mal einen Abstecher wagen. Aber wie gesagt: Vorher eine Startzeit reservieren.
Gespielt am: 20.9.2021