Vor etwas über zwei Wochen habe ich mich mit meinem Kumpel Andy aka The Rambler in einer kleinen Hamburger Pinte getroffen. Der Kollege Schütt war auch körperlich anwesend. Schnell kamen wir drei Schlagsüchtigen beim bierseligen Gespräch auf das Thema Golf.
Andy hat so um die Handicap 8 und ist in meinen Augen der Dalai Lama des Golfsports. Ein Exilierter des rigiden Clubsystems, der sowohl auf als auch abseits des Platzes einen unglaublichen inneren Frieden verbreitet. Sein golferisches Motto “Go with the flow” ist legendär, seine scheinbar kraftlos geschlagenen hypnotischen Drives sind ewig in der Luft und seine fliegenden Eisen sind tödlich (Siehe hierzu auch dieses Posting). Dementsprechend muss Andy uns talentlosen Hackern immer Rede und Antwort stehen, wie man das eigentlich so alles macht mit dem Golf. So auch an diesem Abend. Der Rambler hielt für uns vor der rammelvollen Kneipe eine Golf-Clinic ab.
Es muss ein sehr spezieller Anblick für die anderen Saufnasen gewesen sein. Drei Typen, die sich in bester Marcel-Marceau-Art in der Kunst des schlägerlosen Golfschwunges versuchen. Wir machten uns komplett zum Affen. Egal. Die Schmach, von der breiten Masse als Vollidiot abgestempelt zu werden, war es wert. Andy erklärte mir an diesem Abend seinen Drive.
Das Set-up, der Rückschwung, der Durchschwung, das Finish. Dank Andys Worte wurde der Drive, der für mich so unstete Geselle, verständlich. “Go with the flow”, sagte Andy natürlich noch – und alles war gut.
Am nächsten Tag hetzte ich zur Driving Range und probierte alles aus. Es fühlte sich verdammt anders an, aber das Ergebnis stimmte. Der Fade war fast weg, der Ballflug gerade und das Beste: die Länge stimmte. Natürlich schlichen sich von Zeit zu Zeit die alten Fehler wieder ein. Doch die konnte ich nun schnell wieder korrigieren. Das gleiche Spiel ereignete sich erneut ein paar Tage später während einer Trainingssession in der Hamburger Golf Lounge. Die Drives flogen an das Ende der Range und manch einer knallte auf der Suche nach unendlichen Weiten gegen das Netz am Rande des Abschlagsuniversums. Ich war euphorisch.
Die Euphorie wich der unendlichen Enttäuschung als ich den neuen Schwung auf einer 9-Loch-Runde am frühen Morgen ausprobierte. Sechs Striche, sieben Stableford-Punkte und 14 verlorene Bälle holten mich zurück aus meinen Träumen. Am letzten Loch gelang mir allerdings doch noch einer dieser neuen Alles-richtig-Drives. Schnell wurde mir bewusst, welchen Fehler ich zuvor begangen hatte. Drei Tage später stand ich wieder für eine schnelle 9er-Runde auf dem Platz. Diesmal ging es besser. Wenn auch häufig erst beim zweiten Abschlag. Trotzdem: Die Euphorie war wieder da.
Gestern ging es nun ans Eingemachte. Ich hatte mich für den Herrennachmittag angemeldet. Für mich die wahrscheinlich letzte Möglichkeit der Saison, an einem vorgabewirksamen Turnier teilzunehmen. Die letzte Chance, mich zu unterspielen und vielleicht die Handicap-20-Grenze zu knacken. Das unausgesprochene Ziel für dieses Jahr.
Ich spielte die beste Turnierrunde meines Lebens. Eine 88 mit zehn Par und reichlich Luft nach oben. 46 Netto- und 25 Bruttopunkte durfte ich mir am Ende gutschreiben. Der “Master of Ceremony” sprach auf der Siegerehrung davon, dass das “mit meiner Spielvorgabe eigentlich eine Frechheit sei”.
Tatsächlich habe ich gestern sogar noch eine Menge Schläge verschenkt. Ein dummer Strich, ein unnötiges Triplebogey, ein ekliger Vierputt nach einem Green in Regulation, einige Unkonzentriertheiten – es war mehr drin.
Man soll jedoch nicht undankbar sein. Mein neues Handicap ist -17,6. Die Drives waren der Schlüssel zum Erfolg (Danke Rambler!), die Eisen eine Konstante (Danke Paul Trittler!) und das Putten besiegelten den Deal (Danke Josh Brown!).
Für die kommende Saison gibt es jetzt tatsächlich ein neues Ziel, an das ich im April diesen Jahres noch nicht zu denken gewagt hätte: Breaking 80.
Danach könnt ihr mich glücklich beerdigen. Go with the flow!