Der Kiawah Island Ocean Course wird wohl auf ewig mit Bernhard Langer verbunden sein. Beim Ryder Cup 1991 verschob der Deutsche am letzten Loch den entscheidenden Putt zur Titelverteidigung und gab dem dank Golfkrieg noch patriotischeren US-Publikum den Sieg in einem der schmutzigsten Ryder Cups aller Zeiten. 28 Jahre später ging erneut ein Deutscher nach der 18 enttäuscht vom Platz, allerdings aus gänzlich anderen Gründen.
Der Ocean Course von Kiawah Island ist laut Golf Magazine der 58-beste Platz der Welt, Golf Digest führt ihn sogar auf Platz 43. Ein solches Ranking führt zu zwei Dingen: hohe Greenfee-Preise und noch höhere Erwartungen bei denen, die diese zahlen. Um eine Runde auf dem beliebtesten der fünf Plätze von Kiawah Island zu spielen, waren 383 US-Dollar Greenfee fällig. Üppig, aber immerhin noch mehr als $100 unter Pebble Beach. ABER: Der Club verleiht keine Push oder Pull Carts und wer seine Tasche nicht tragen will oder kann, ist verpflichtet, einen Caddie zu nehmen. Der kostet zwar keine Gebühr, aber das empfohlene Trinkgeld bringt die Runde dann tatsächlich auf Pebble-Beach-Niveau.
Definitiv kein Linksplatz
Bei einer solchen Ausgabe erwartet man natürlich einen Golfplatz auf Weltklasse-Niveau. Und für mich hat Pete Dyes Ozean-Monster dies nicht erreicht. Zugegeben: der Zustand des Platzes ist sensationell. Vor der PGA Championship 2012, die Rory McIlroy gewann, wurde auf Fairways und Grüns mit Paspalum umgestellt. Das Gras kann hohen Salzgehalt gut verarbeiten, was angesichts der Ozean-Nähe ein großer Vorteil ist. Es sorgt für ein saftigeres Grün und toleriert niedrigen Schnitt und viele Umwelteinflüsse, so dass man hier in der Regel nur in einem Divot mal eine schlechte Lage bekommt. Der Nachteil ist, dass diese Grassorte etwas griffiger ist und somit den Roll reduziert und ein flaches Spiel in die Grüns erschwert. In anderen Worten: der Wechsel der Grassorte hat den ohnehin schon monsterlangen Platz (für die diesjährige PGA Championship kann er bis zu gut 7100 Meter gestreckt werden) noch mehr zu einem Platz für Longhitter und Profis gemacht.
Ein Grund darin liegt auch in einer Besonderheit, die sich Pete und Alice Dye 1991 beim Design ausgedacht haben. Der buchstäblich in letzter Minute für den Ryder Cup fertiggewordene Platz wurde nämlich nicht wie üblich bei dieser Art von Plätzen zwischen die Dünen gelegt. Die Spielbahnen wurden extra angehoben, damit man von jedem Loch das Meer erblicken kann (etwas, was bei meinem Besuch dank üppiger Vegetation nicht mehr ganz der Fall war, aber zur PGA Championship wieder hergestellt werden soll). Der Nachteil dabei: die Bahnen wurden durch diesen Prozess noch windanfälliger und Wind ist hier eigentlich jeden Tag. Kein Wunder, dass die Championship Tees einen Slope Index von 155 haben. Wer also von diesem Platz nicht komplett frustriert werden will, sollte vielleicht überlegen, eine Teebox weiter vorne zu starten als üblicherweise.
Die Grüns sind schneller, höher, weiter
Doch selbst von dort ist der Kiawah Island Ocean Course alles andere als leicht. Und dies ist der Punkt, an dem ich einen philosophischen Grundkonflikt habe. Ja, ein Platz sollte definitiv für Spitzenspieler eine Herausforderung sein. Aber gleichzeitig sollte er sich für Amateure am Ende der 18 Löcher nicht wie Schwerstarbeit anfühlen, und hier scheitert der Ocean Course. Ein Problem, das sich beispielsweise gleich an der zweiten Bahn bemerkbar macht. Das von den Championship Tees 496 Meter lange Par 5 (von den üblicherweise gespielten Dye Tees 458 Meter) sieht am Abschlag bildschön aus. Vom Tee muss man über eine Sumpflandschaft auf das diagonal weglaufende Fairway spielen. Im Anschluss wird das Fairways erneut vom Sumpf durchschnitten. Und am Ende wartet noch einmal ein erhöhtes Grün. Eine Maßnahme, die klar als Verteidigung für Profis, die mit dem zweiten Schlag angreifen, gedacht ist. Aber das macht die Bahn für Amateure umso brutaler.
Die erhöhten Grüns sind ein Stilelement dieses Platzes und richtig eingesetzt auch extrem cool. Ein positives Beispiel ist die kurze 3 (356/291 Meter), auf der dank eines breiten Fairways die meisten maximal ein kurzes Eisen ins Grün haben dürften. Das kleine, erhöhte Grün sorgt dafür, dass die Konzentration dennoch hoch bleiben muss. Die 4 (414/367 Meter) ist das am schwersten geratete Loch auf dem Platz und wieder einer der Fälle, wo die meisten zwei Mal den längsten Schläger im Bag zücken und auf ein Up-and-Down hoffen müssen. Das ist vermutlich auch auf der 5 die beste Strategie, denn das Par 3 (190/161 Meter) wird meist mit WInd von vorne links gespielt und hat ein langgezogenes Grün in Form einer Sanduhr. Und so geht die Runde auf dem Kiawah Island Ocean Course weiter, die in Form einer 8 zwei Mal zum Clubhaus zurückführt.
Die Strategie bleibt für Amateure auf der Strecke
Das Traurige an dieser Runde war, dass ich mental irgendwann abgeschaltet habe und mich mehr auf die traumhafte Landschaft als auf das Golfspiel konzentriert habe. Nicht, weil ich so desaströs gespielt habe (am Ende stand eine 101 auf der Scorekarte, was für einen Platz dieser Schwierigkeit für mich völlig okay ist). Das Problem ist, dass man als durchschnittlich langer Hitter komplett der strategischen Überlegungen beraubt wird. Die Hindernisse vom Tee sind meist nicht im Spiel und am Ende entscheidet das Up and Down, ob man mit Par, Bogey oder Doppelbogey vom Loch geht. Synonym für den Platz ist eine Beschreibung der Bahn 9 auf der Webseite: “Drivinglänge ist wichtiger als -richtung”. Dennoch stechen ein paar Löcher noch heraus.
Auf den generell deutlich besseren Back Nine, reizen die 10 (401/329 Meter) und 11 (514/462 Meter) mit spielerisch schlängelnden Fairways, die für jeden Drive andere, interessante Winkel ins Grün bereit halten. Für die Teebox der 13 (369/333 Meter) wechselt man auf die andere Seite des Feuchtgebietes und spielt auf ein parallel laufendes Fairway. Weshalb man genau wissen muss, wohin man zielt, um nicht durchzuschlagen. Mit der 14 beginnt der Rückweg zum Clubhaus und das wie ein Redan angelegte Par 3 (177/147 Meter) ist definitiv das cleverste Loch dieses Platzes. Der Rest ist Golf Porn pur, da man den Atlantik nicht mehr nur sehen, sondern schmecken, riechen und regelrecht fühlen kann. Hier findet sich auch die berühmteste Bahn: die 17 (202/166 Meter). Wenn der Wind von vorne kommt, ist das Grün direkt fast nicht erreichbar. Meine Gruppe versenkte sieben Bälle im Wasser und legte am Ende geschlossen weit links vor.
Location, Location, Location
Zum Schluss kommt mit der 18 (401/362 Meter) noch ein sehr gutes Abschlussloch. Wer allerdings prüfen will, ob man Bernhard Langers Putt gelocht und den Ryder Cup für Europa gewonnen hätte, hat Pech. 2002 verlegte Dye das Grün 25 Meter nach rechts. Alles in allem hängt der Reiz des Kiawah Island Ocean Course sehr von der Spielform ab. Als Matchplay-Platz, wo Seve Ballesteros die Bahn 2 mit einem Doppelbogey gewann, hat der Platz Reiz. Als Zählspielplatz ist er auf gewisse Weise eine Absurdität. Rückblickend ist der Ocean Course ein fantastischer Spaziergang, aber eine überschätzte Golfrunde. Als Golf Resort ist Kiawah Island allerdings durchaus eine Reise wert. Insgesamt sieben Plätze gibt es auf der Barrier Island vor South Carolina zu spielen. Und vor allen Dingen sind es nur 45 Minuten von hier nach Charleston, die zu einer der faszinierendsten Städte der amerikanischen Südstaaten gehört.
Gespielt am: 12. März 2019