Es ist allgemein bekannt, dass Augusta National einer der testosterongetränktesten Golfclubs der Welt ist. Seit 2003 führt die Frauenrechtlerin Martha Burk einen verzweifelten Kampf gegen diese Diskreminierung. Das Ironische an der Geschichte: Ohne die Bemühungen einer Frau hätte es Augusta National – zumindest in dieser Form – nie gegeben.
Marion Hollins, geboren am 3.Dezember 1892, war eine echte Selfmade-Millionärin. Als sie bei einer Ölbohrung in Kalifornien am 9.Oktober 1928 auf das schwarze Gold stieß, war sie auf einen Schlag um 2,5 Millionen US-Dollar reicher. Das für damalige Verhältnisse unfassbare Vermögen investierte das Partygirl mit Vorlieben für Pferdesport, Rennautos und diverse Liebhaber in ihr allerliebstes Hobby: Golf.
Ihren größten sportlichen Triumph feierte sie, die regelmäßig mit den Großen ihres Sports wie Walter Hagen aufteete, 1921 mit dem Sieg der Women’s Amateur Championship. Doch ihr größtes Vermächtnis hinterließ sie als Golfplatzentwicklerin. 1923 gestaltete sie mit dem Women’s National Golf Club in Long Island ihren ersten Kurs. Dann kam der große Ölfund und mit ihm realisierte sie sich einen Traum. Marion Hollins kaufte ein Stück Land in der Nähe von Pebble Beach um einen Golfplatz darauf zu errichten. Als Architekten heuerte sie den Schotten Dr. Alistair MacKenzie an. Einige Monate später entstand mit Cypress Point ein Kurs, der so fantastisch war, dass er bis heute nichts von seinem Mythos verloren hat und von manchen als Sixtinische Kapelle des Golfsports bezeichnet wird. Vor allem das legendäre 16. Loch – ein gut 200 Meter langes Par 3, das die gesamte Länge über den Ozean führt – gilt als eines der spektakulärsten Löcher, die je gebaut wurden. Eine Ehre, die der Architekt stets an Marion Hollins abgetreten hat. MacKenzie erschien der Carry zu schwierig, doch Hollins bestand auf das Loch und überzeugte ihren Designer, indem sie zwei Bälle vom vorgesehenen Abschlag in die Mitte des anvisierten Grüns abfeuerte. Hätte sie sich nicht durchgesetzt, wäre Augusta National vielleicht nie entstanden.
Denn just als Bobby Jones nach einem Architekten für seinen Golfclub suchte, führte ihn das Schicksal nach Cypress Point. Sensationell in der ersten Runde der 1929er Amateur Championship gegen einen Nobody namens Johnny Goodman ausgeschieden, vertrieb er sich seine unerwartete Freizeit auf dem neuen Golfplatz. Seine erste Bekanntschaft mit der Designarbeit von Alister MacKenzie – und vor allem das angesprochene Loch 16 – ließen ihn schwer beeindruckt zurück. Kurz darauf nahm Bobby Jones eine Einladung an, zusammen mit Marion Hollins einen weiteren ihrer Kurse zu spielen: Pasatiempo – ebenfalls eine Design-Arbeit von Dr. Alister MacKenzie. Mit dieser Runde am 8.September 1929 waren die Würfel endgültig gefallen: Dr. Alister MacKenzie würde Augusta National bauen.
Wie sehr Marion Hollins daran beteiligt war, belegt am besten ein Brief, den MacKenzie 1931 an den designierten Augusta-National-Vorsitzenden Clifford Roberts schrieb. Weil der sich weigerte, Marion Hollins – eine Frau! – für eine Inspektion auf die Anlage zu lassen, hielt MacKenzie ein flammendes Plädoyer: “Marion Hollins war mit mir bei drei Golfplätzen verbunden. Dabei sind nicht nur ihre Ideen wertvoll, sie ist darüber hinaus völlig mit den Arbeiten die ich mag vertraut. Ich möchte ihre Meinung und persönlichen Eindrücke über die Art, wie die Arbeiten ausgeführt werden. Ich kenne keinen Mann, der vernünftigere Ideen hat als Sie.” Daher ist es sehr schade, dass heutzutage immer nur über Bobby Jones und Alister MacKenzie geredt wird, wenn das Gespräch auf Augusta National kommt. Denn wenn es Marion Hollins nicht gegeben hätte, hätten die beiden sich vielleicht nie getroffen.