Vielleicht fällt die Bewertung zu The Island Golf Club zu subjektiv aus. Aber manchmal fällt es einfach schwer, einen Golfplatz unabhängig von den äußeren Umständen zu bewerten. Die Runde am 31.März (ab 1.April wäre das Greenfee von 60 Euro auf 150 Euro gestiegen) war so ein Fall. Während in Deutschland Orkantief Niklas wütete, sorgten die Ausläufer 20 Minuten nördlich von Dublin immer noch für Windgeschwindigkeiten zwischen 50 und 90 km/h – und dafür, dass ich den größten Spaß auf einer Golfrunde seit Barnbougle Dunes hatte. Zugegeben: während der Runde hatte ich mehrmals den Gedanken, warum ich mir das überhaupt antue. Ein Par 5 und ein langes Par 4 gegen den unbarmherzig peitschenden Wind anzuspielen, während die Regentropfen einem ein Gesichtspeeling verpassen, ist nicht das, was Chi Chi Rodiguez einst meinte wenn er sagte “Golf ist der größte Spaß, den man haben kann, ohne sich auszuziehen”. Doch das Durchhaltevermögen wurde spätestens am Loch 13 belohnt. Aber dazu später mehr.
The Island Golf Club ist einer der ältesten Golfplätze Irlands. 1890 aus der Frustration einiger Golfer über das Sonntags-Spielverbot in Royal Dublin entstanden, war er jahrzehntelang ein echtes Unikat. Auf einer Insel gegenüber dem Küstenstädtchen Malahide gelegen, war der Platz nur mittels einer Bootsüberfahrt erreichbar. Von dieser Vergangenheit zeugen noch heute die verrottenden Pfeiler neben dem 14. Abschlag, wo einst der Anleger und das Clubhaus standen. Seit 1973 eine Straße auf die “Insel” führt, ist die Anreise deutlich leichter – wenn auch nicht ganz ohne Risiken, denn die eineinhalbspurige Straße zum Club ist verwinkelt und schwer einsehbar. Sie führt zu einem neuen Clubhaus an einem zentraleren Punkt des Platzes.
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Zwar ist dem Platz durch diese Änderung einiges an Charme verloren gegangen. Der neue Startpunkt war jedoch ursächlich für unzählige Veränderungen am The Island Golf Club, die Wunder bewirkt haben. 1985 sorgte Eddie Hackett für ein nahezu komplett neues Routing, das das Land perfekt ausnutzt. Das Resultat war atemberaubend. Nahezu jedes Loch ist ein Unikat, das sich einem lange Zeit ins Gehirn brennt. Dies beginnt bereits mit dem ersten Abschlag. Von einer brettebenen Fläche spielt man in die 150 Metern entfernten Dünen hinein. Ein erhabenes Gefühl, das ein wenig Kribbeln in der Magengrube auslöst – in etwa so, als würde man in einen Irrgarten hineinlaufen.
Die Front 9 des The Island Golf Club nutzen den größten Teil der massiven Dünen, die angeblich die höchsten auf einem irischen Golfplatz sind. Dabei pfiff Hackett auf die üblichen Konventionen für Golfarchitekten. Denn er reihte zu Beginn nicht vier, nicht fünf und auch nicht sechs Par 4s aneinander, sondern sage und schreibe acht Stück bevor ein Par 3 die Front Nine beendet. Und dennoch fühlt sich der Start kein bisschen monoton an. Es gibt ein Plateaugrün mit Wasserblick (Loch 3, 394 Meter), einen blinden Abschlag über eine Düne (Loch 5, 338 Meter), einen erhöhten Abschlag aus den Dünen (Loch 6, 299 Meter) und ein verlockend kurzes Par 4 (Loch 8, 278 Meter), das zu großen Übermut jedoch gnadenlos bestraft.
Die zweiten Neun im The Island Golf Club bieten dann einen komplett anderen Charakter. Die Dünen werden weniger, dafür bekommt man fantastische Ausblicke auf den Malahide Meeresarm und die Irische See. Den Auftakt macht das erste Par 5 des Platzes. In das leichte Dogleg nach rechts schneidet sich von rechts in einem Dreieck der Malahide Meeresarm, was für eine interessante strategische Entscheidung am Tee sorgt. Die folgenden zwei Par 4s haben ebenfalls ihren Reiz, verblassen aber gegen das, was einen an Loch 13 erwartet.
Auf der Scorekarte sieht das Loch namens Broadmeadow unspektakulär aus: Ein Par 3 von 178 Metern. Auf dem Abschlag sieht es dann schon etwas anders aus. Auf direktem Weg zum Grün lauert eine mit Rough bewucherte Delle und rechts droht der Meeresarm die Bälle zu verschlucken. Wenn dann auch noch der Wind, wie an diesem Tag, mit oben beschriebenen Windgeschwindigkeiten von schräg rechts vorne kommt, wird es ganz extrem. Also den Driver gezückt, 30 Meter rechts ins Wasser gezielt und jauchzend vor Freude gesehen, wie der Ball vom Wind getragen links vor dem Grün landet. Nie zuvor hat ein Par mehr Spaß gemacht.
Und damit nicht genug des Vergnügens im The Island Golf Club. Denn auf der 14 wartet das möglicherweise schmalste Fairway Europas. Das Par 4 ist zwar nur 337 Meter lang. Aber wenn das Fairway an der breitesten Stelle nur 14 Meter breit ist, links dicht bewachsene Dünen und rechts die Irische See lauern, ist dies schon ein harter Test für die Nerven. Hier den Driver zu zücken und die Mitte des Fairways zu treffen braucht schon Eier von Kahnschen Ausmaßen. Kaum zu glauben, dass dies einst das Eröffnungsloch des Platzes war.
Die dritte Perle ist schließlich die 15, das zweite Par 5 des Platzes. Es ist ein Loch von unbeschreiblicher Schönheit: vollkommen natürlich und fast zu perfekt um wahr zu sein. Der Abschlag ist von einer Düne auf ein tiefergelegenes Fairway. Von hier braucht es einen mächtigen Hieb mit dem zweiten Schlag um eine weitere Düne zu überwinden, die von rechts das halbe Fairway einnimmt. Und ist man schließlich am Grün angekommen, befindet man sich in einem Dünen-Amphitheater von so unfassbarer Höhe, dass selbst Donald Trumps International Golf Links neidisch darauf wäre. Anschließend befindet man sich von den drei gespielten Löchern in so einem High, dass man die letzten drei Bahnen im schwebenden Zustand nur noch halb wahr nimmt, dabei sind sie auch nicht zu verachten. Die 16 führt am Fuß der riesigen Düne entlang, die 17 ist das letzte Par 3 des Par 71 und die 18 ist quasi die 1 in umgekehrter Richtung: sie führt einen aus diesem Irrgarten wieder heraus. Mit einem Unterschied: In einem echten Irrgarten ist man erleichtert, wenn man den Ausgang gefunden hat. Im The Island Golf Club wäre man gerne noch länger darin herumgeirrt.
Disclaimer: Der Platztest erfolgte als Anhängsel an eine Pressereise, Greenfee wurde jedoch ganz normal entrichtet.