Eigentlich kann man den Tralee Golf Club nicht als 18-Loch-Platz bewerten. Denn der Unterschied zwischen den Front 9 und den Back 9 ist wie der Unterschied zwischen Feuer und Wasser, zwischen oben und unten, zwischen Pudel und Dobermann. Der 1984 eröffnete Platz war das erste europäische Design von Arnold Palmer. Zumindest teilweise. Denn unter den Mitgliedern gibt es einen Leitsatz: “Arnold Palmer hat die Front 9 designed, der Architekt der Back 9 war Gott.” Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Natur der Löcher. Während sich die ersten 9 flach am Wasser entlangziehen, führen die Bahnen 10-18 durch einige der massivsten Dünen, über die je ein Golfplatz gelegt wurde.
Obwohl jeder nach der Runde nur über diesen Teil der Runde redet, sind auch auf der ersten Schleife bemerkenswerte Löcher. Ein schönes Beispiel ist die 2, die sich in einem Dogleg nach rechts an einem Strand entlangzieht, an dem David Lean Szenen für “Ryans Tochter” gedreht hat. Und der Turm hinter dem Grün der 3 – ein von den Backtees 177 Meter langes Par 3 – steht schon seit über 800 Jahren. Auch von den Bahnen 6 bis 8 gibt es in Tralee tolles Golf zu spielen. Die 6 führt fast in einem 90-Grad-Knick nach rechts und bietet auf dem Weg zum Grün ein extrem holperiges Fairway. Die 7 ist ein kurzes Par 3 mit langem Grün auf dem – je nach Wind und Fahnenposition – vom kleinen Wedge bis zum langen Eisen alles möglich ist. Und die 8 führt auf ihren 353/344 Metern an einem Flussdelta entlang, das hier Out of Bounds ist.
Aber genug von der Vorspeise. Kommen wir zum Hauptgericht. Einen ersten Vorgeschmack bietet das erhöhte Grün der Bahn 10, aber so richtig geht es mit der 11 los. Ihr Name: Palmer’s Peak. Das 543/509 Meter lange Par 5 führt so steil bergauf in die Dünen, dass der zweite Schlag blind durchgeführt wird. Oben angekommen, eröffnet sich ein beeindruckender Blick über die Anlage. Von hier geht es mit dem schwierigsten Loch, einem extrem langen Par 4 weiter. Mit der 13 beginnt dann der beste Abschnitt von Tralee.
Wer die 13 bewältigen will, muss den Weg vom Tee zum Grün carry bewältigen. Bei Distanzen von 94 meter (rot) bis 139 Meter (blau) aber machbar. Da das Grün auf mittlerer Höhe einer Düne auf einem Plateau liegt, kann man ruhig einen Schläger mehr nehmen und den Ball von hinten zurücklaufen lassen. Beim Weg zum nächsten Tee lohnt es sich, auf die höchste Düne zu kraxeln und noch einmal den Ausblick zu genießen. Das kann man auch auf dem Tee der 15. Hier, am äußersten Ende des Platzes, heißt es erst einmal Augen reiben. Denn es wirkt fast als sei man nicht in Irland sondern in der Karibik. Eine vorgelagerte Düne sorgt dafür, dass das Wasser auf der rechten Seite bretteben und azurblau ist.
Auch die Bahn selber ist ein schöner Anblick. Das kurze Par 4 kann jeder nach seine Façon spielen. Man muss allerdings schon ein extremer Longhitter sein, um das von einer Düne geschützte Grün attackieren zu können. Idealerweise legt man sich den Ball auf seine Lieblingsdistanz und versucht mit einem guten Pitch das Birdie anzugreifen. Das ist an der 16 nicht möglich. Das letzte Par 3 ist komplett den Elementen ausgesetzt und – das muss man angesichts der Länge kritisch anmerken – eigentlich nur carry zu bewältigen. Denn vor dem zwischen 180 Meter (blau) und 108 Meter (rot) entfernten Grün befindet sich nur Düne mit Wildwuchs. Wenn der Wind von vorne bläst, keine leichte Aufgabe.
Ebenso schwierig ist es, auf der 17 den zweiten Schlag richtig abzuschätzen. Denn das Grün liegt gut zehn Meter erhöht. Mit einem leicht S-förmigen Par 5 geht es schließlich wieder zurück im Clubhaus. Keine Frage: das Finale von Tralee ist ein Spektakel. Aber die Unterschiede zwischen den vollkommen ordentlichen erste Neun und den wilden zweiten sind am Ende doch zu groß, um den Platz in einem Atemzug mit Lahinch oder Waterville zu nennen.
Gespielt am: 3.5.2018 (Linksgolfer) 11.04.2019 (Reisegolfer)