Unser Kandidat als Sportler des Jahres
7200 Kilometer, acht Zeitzonen, zwei Majorsiege. Das sind Bernhard Langers letzte zehn Tage in Zahlen gefasst. Nach seinem Triumph bei der British Senior Open gewann er jetzt auch noch die U.S. Senior Open – auf eine Art, die ihresgleichen sucht. Auf dem schweren Golfkurs von Sahalee blieb Langer alle vier Runden unter Par – keinem anderen gelang dies mehr als zwei Mal. Dazu setzt er sich gegen Champions-Tour-Küken Fred Couples und zehntausende Zuschauer durch, die den nur 10 Kilometer vom Golfplatz entfernt aufgewachsenen Local Hero lautstark unterstützten – aber auch die konnten Couples fett getroffenen dritten Schlag an Bahn zwei nicht über das Wasser schreien. Das folgende Triplebogey brachte die Entscheidung
Eine 59!!!! Gähn…
Wie hieß der erste Mann auf dem Mond? Neil Armstrong. Und der zweite? Da wird es schon schwieriger. Ähnlich fällt die Reaktion auf die zweite 59 innerhalb weniger Wochen aus. Nachdem Paul Goydos dies vor kurzem gelang, trug sich jetzt der Australier Stuart Appleby in die Annalen der PGA Tour ein – und keinen interessiert es so richtig. Mit neun Birdies und einem Eagle gelang Appleby die fünfte Sub-60-Runde der Tourgeschichte, die zweite überhaupt in einer Schlussrunde. Genug, um sieben Schläge aufzuholen und mit einem Schlag Vorsprung das Turnier zu gewinnen. Es war also alles dabei um das Gesprächsthema der Woche zu werden, inklusive drei Birdies zum Schluss, also warum wurde es dies nicht? Ganz einfach: die 59 kam wenig überraschend. Am Tag zuvor spielte J.B. Holmes eine 60, bei der er viele Chancen auf ein besseres Ergebnis liegen ließ. Der Durchschnittsscore für das Turnier lag bei etwa 67 Schlägen. Die Bedingungen muss man zwar erst einmal nutzen, aber wenn selbst der Spieler wenig Enthusiasmus für sein Ergebnis zeigt, wie sollen es dann die Zuschauer.
Neues von den Rolex Rankings
Ist es nicht schön, dass man sich nicht nur über die Golf-Weltrangliste der Herren, sondern auch über die der Damen wundern darf? Da gewinnt die 21-jährige Taiwanesin Yani Tseng mit der Women’s British Open bereits ihr drittes Major, davon das zweite in diesem Jahr, und sie ist trotzdem weiterhin nur Fünfte der Weltrangliste? Irgendwie unvorstellbar, aber es zeigt auch wie dicht gedrängt die Spitze im Damensport ist. Zwischen der Führenden der LPGA-Geldrangliste und der Sechtsplatzierten liegen beispielsweise gerade mal 130.000 Dollar – oder wie Tiger Woods es nennen würde: eine wöchentliche Alimentezahlung.
Videospiel-Blues
Apropos Tiger Woods: Die neueste Ausgabe seiner Videospielreihe “Tiger Woods PGA Tour” verkauft sich nach offiziellen Angaben um 32% weniger als die letztjährige Version (in den USA gar um 68%). Was unsere geliebte Bild-Zeitung und viele andere Medien dazu veranlasste, seine ausufernde Libido dafür verantwortlich zu machen. Nun ist dies angesichts der Zielgruppe von Videospielen eine recht gewagte These, schließlich beklagt doch Bild immer den moralischen Verfall der Jugendlichen. Müsste für sie dann nicht Tiger der coolste Macker aller Zeiten sein? Aber ich schweife ab. Fakt ist, dass die Verkäufe von Videospielen allgemein eingebrochen sind – im Schnitt um 12% zum Vorjahr. Nun sind dies immer noch zahme Verluste verglichen mit Woods’ Spiel. Was alle Analysten jedoch irgendwie übersehen haben: Seit der Veröffentlichung des letzten Spiels gibt es das führende Golfspiel jetzt auch online – und zwar kostenpflichtig. Wer dort seinen Golf-Videospiel-Bedarf erfüllt, wird sich doppelt und dreifach überlegen, ob er für die Konsolen-Version noch mal Geld ausgibt. Nicht alles negatives, was mit Tiger Woods zu tun, ist allein auf seinen kleinen Tiger zurückzuführen.
Fooooooore!!!
Einen der übelsten Schläge, die je live im Fernsehen übertragen wurden, fabrizierte Tom Kite in der Schlussrunde der Senior Open. An Platz drei liegend, hatte er an der drittletzten Bahn seinen ersten Abschlag ins Aus gehauen. Sein Schlag ins Grün war bereits sein fünfter. Zugegeben: Die Lage war trotz Fairway nicht ganz ideal, aber ein solches Socket hätte selbst ein absoluter Hacker wie unsereins nicht produzieren können. Der Ball flog im 80°-Winkel nach rechts in den Wald. Am Ende musste Kite eine 9 protokollieren.
Paragraphen-Irrsinn
Am wichtigsten ist, was hinten rauskommt. Wusste schon Altkanzler Kohl. Nur im Golf ist das etwas anders. Diese Erfahrung mussten am vergangenen Wochenende Robert Rock und Marc Warren machen. Rock lag nach der ersten Runde in Führung, als er disqualifiziert wurde. Warren erwischte es in der FInalrunde und kostete ihn einen Scheck in Höhe von über 20000 Euro. Was war passiert? Ihre Spielpartner hatten auf der Scorekarte auf zwei Löchern die Ergebnisse vertauscht. Weil sie damit auf einem Loch für einen niedrigeren Score als den gespielten unterschrieben hatten, wurden sie disqualifiziert. Nun ist es natürlich so, dass jeder für seinen eigenen Score verantwortlich ist. Und beim Vergleichen hätte es den beiden schließlich auffallen können. Fakt ist jedoch auch, dass am Ende das Ergebnis das Richtige gewesen wäre. Vielleicht sollte die R&A mal überdenken diese Regel in Richtung No Harm, No Foul abzuändern. Niemand hatte betrogen, niemandem wurde geschadet. Ansonsten kommt jeder Hans und Franz bei der Club-Meisterschaft auf die Idee, zwei Ergebnisse bei seinem Erzrivalen zu vertauschen – vielleicht noch beim Vergleichen korrekt vorzulesen – und so die DQ des ärgsten Gegners herbeizuführen. Und das ist schließlich überhaupt nicht im Spirit of the Game, den die Golfregeln schließlich fördern wollen.
Schlechter Verlierer
Jeff Overton war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Drei Tage lang spielte er herausragendes Golf und auch in der Finalrunde machte er nicht viel falsch, dennoch hatte er gegen Stuart Appleby nach dessen 59 das Nachsehen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten wie man so eine Niederlage verkraftet: Man freut sich über sein gutes Spiel und nimmt es hin, dass ein anderer besser war – oder man wählt den Sergio-Garcia-Weg und heult über den Platz, das Schicksal und die Ungerechtigkeit der Welt. Overton wählte letztere Option. Als ein Routine-Putt auf der 17 auslippte, jammerte er minutenlang über eine Spikemarke vor dem Loch, die seinen Ball aus der Bahn geworfen hatte. Und als ein 20-Meter-Putt an der 18 knapp am Loch vorbei rollte, fühlte er sich endgültig wie das Opfer einer Verschwörung. So verschafft man sich keine Freunde.
Mehr Fingerspitzengefühl bitte
Die 18-jährige Sarah Brown geht als erstes Opfer der neuen Groove-Regelung in die Annalen ein. Bei einem Turnier auf der Duramed Futures Tour wurde sie disqualifiziert, weil eine Mitspielerin sich über ihre Wedges beschwert hatte. Ein übereifriger Offizieller riss ihr die Wedges aus der Hand, verglich sie mit der non-conforming-Liste und zog die Teenage-Schwerverbrecherin auf dem zehnten Abschlag aus dem Verkehr. Das Problem an der Sache: Browns Wedges waren durchaus regelkonform, denn Ping hatte einen Teil seiner alten Wedges mit neuen Grooves versehen, die allen Anforderungen entsprachen. Doch statt den Fall nach der Runde zu klären, riss man Sarah Brown – sechs Schläge hinter der Führenden in guter Position liegend – aus dem Turnier. Mittlerweile wurde der Vorfall zwischen den Parteien mit einer Entschädigungszahlung geklärt. Über die Höhe wurde Stillschweigen vereinbart.
Einmal Storno, bitte
Falls Sie ein lautes Geräusch am frühen Sonntag abend aufschreckte: Es war das kollektive Aufatmen von 700 Millionen Europäern, dass Ross McGowan aus dem europäischen Ryder-Cup-Team gefolgen ist. Der Engländer trifft seit Monaten keinen Ball, dennoch war er wegen seiner Ergebnisse Ende letzten Jahres die ganze Zeit nochunter den fest Qualifizierten. Doch mit dem Sieg von Ross Fisher bei der 3 Irish Open sind McGowans Ambitionen auf einen Platz in Montis Team endgültig geplatzt. Fisher verdrängte ihn von Platz 9 und McGowan, der erneut sang- und klanglos den Cut verpasste, muss auf die Gnade von Colin Montgomerie hoffen. Doch die wird sicherlich ausbleiben wenn u.a. Paul Casey und Padraig Harrington noch ein Plätzchen im Aufgebot benötigen.
Ein Halbritter von der traurigen Gestalt
Das negative Feedback war dann doch wohl etwas viel. Ray Halbritter, der sich eine Sponsoreneinladung für sein eigenes Turnier, die Turning Stone Championship, verschafft hatte, wird sich jetzt doch nicht mit den Großen messen. Offiziell teilte er mit, er wolle nicht von dem wundervollen Turnier ablenken (das hat er zwar schon längst getan, aber egal). Inoffiziell spekuliert Ryan Ballengee von Waggle Room, dass es auch damit zu tun haben könnte, dass er sein Amateurstatut hätte aufgeben müssen. Irgendwie aber auch Schade. So wie die Profis im Moment scoren, hätte es das erste Turnier werden können, bei dem nach einer Runde zwischen dem Ersten und dem Letzten 40 Schläge liegen. Stattdessen wird jetzt Kirk Triplett den Platz von Halbritter einnehmen. Hoffentlich schafft er den Cut, sonst gibt es wieder wochenlang Diskussionen, dass Halbritter keine schlechtere Option gewesen wäre.