Der Bieterwettstreit um den Bau des Golfplatzes für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro geht in die entscheidende Phase. Am gestrigen Abend hat das Organisationskomitee die acht Finalisten bekanntgegeben, die in wenigen Tagen an einem Workshop teilnehmen werden in dem ihnen das Projekt noch mal genau vorgestellt wird, und anschließend etwa vier Wochen haben um ihr Designgebot abzugeben.
Die größte Überraschung dabei war nicht, wer dabei ist, sondern wer nicht dabei ist. Mit großem Trara hatte Nick Faldo angekündigt, er wolle unzählige Major-Gewinner unter der Schirmherrschaft von Architekt Tom Fazio gemeinsam den Platz gestalten lassen. Doch unter den Finalisten fehlen ihre Namen. Ob sie tatsächlich gescheitert sind oder am Ende ihr Gebot doch nicht eingereicht haben, ist allerdings nicht klar. Dennoch sind unter den acht Finalisten vier Projekte von ehemaligen Spielern und leider nur vier von klassischen Golfplatz-Architekten.
Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass nur wichtig ist wer spielt und nicht worauf sie spielen. Doch ein Wettbewerb, der so im Fokus stehen wird, hat durchaus das Potenzial entscheidenden Einfluss darauf zu nehmen, auf welcher Art Plätze wir morgen spielen werden. Man denke nur daran, welch Signalwirkung bereits früher von den großen Golfevents ausging. Seitdem das Masters übertragen wird, glaubt die Mehrheit der Golfer plötzlich, ein Golfplatz müsse aussehen wie Kermit der Frosch und die Bewässerungskosten für Golfclubs stiegen ins Unermessliche. Seit Pete Dye als 17. Loch von TPC Sawgrass ein (Halb-)Inselgrün baute, meint jeder Wald- und Wiesenclub ein solches Gestaltungselement haben zu müssen. Insofern ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es auch für Hobbygolfer einen Unterschied macht, wer den Job in Rio bekommt. Dies sind die acht Finalisten, eine kurze Vorstellung ihrer Vorzüge und Nachteile sowie eine Einschätzung ihrer Chancen.
Gary Player Design
Chef-Architekt: Gary Player (Webseite)
Top 100 Plätze: keine
weitere Plätze: Saadiyat Beach (Abu Dhabi), The Links at Fancourt (Südafrika), Thracian Cliffs (Bulgarien)
Der Südafrikaner ist einer der bekanntesten Namen im internationalen Golfsport und hat schon einen kleinen Fuß in der Tür: Im Februar 2010, lange bevor der Bau ausgeschrieben wurde, wurde Player bereits nach Rio de Janeiro eingeladen um Golf als Olympia-Sport zu bewerben. Wohl auch weil Player 1970 und 1974 die Brazilian Open gewann (1974 gar mit einer 59er-Runde) und damit bereits ein Kapitel Golf im Austragungsland der Olympischen Spiele mitgeschrieben hat. Players Name und seine Außenwirkung sind dabei sicherlich der größte Trumpf der Bewerbung. Die eigentliche Arbeit wird aber nicht der Black Knight, sondern seine Chefdesigner Jeff Lawrence und Steven McFarlane erledigen. Die spannendste Frage wird aber sein ob der Olympia-Platz beim Zuschlag für Player ein “Gary Player Signature Design”, ein “Player Design” oder ein “Black Knight Design” wird – dies sind die drei Pakete, die man bei seiner Designfirma anheuern kann und die sich durch den Grad von Players Engagement unterscheiden. Das wird man aufgrund des mit Olympia verbundenen Renomees in diesem Fall sicherlich für lau bekommen, allerdings gilt Gary Player Design nicht gerade als Vorzeigefirma für kosteneffektives Design.
Greg Norman Golf Course Design
Chef-Architekten: Greg Norman / Lorena Ochoa (Webseite)
Top 100 Plätze: keine
weitere Plätze: Doonbeg Golf Club (Irland), Jumeirah Fire Course und Wind Course (Dubai), Mission Hills Golf Club (China), TPC San Antonio
Dass sich Greg Norman für seine Olympia-Bewerbung Lorena Ochoa gesichert hat, dürfte vorwiegend strategische Gründe gehabt haben. Da der Olympia-Platz sowohl von den Damen als von den Herren gespielt wird, ist die weibliche Perspektive durchaus sinnvoll. Zwar hat Ochoa bisher noch keine Design-Erfahrung, aber als Mexikanerin ist sie auch geographisch gesehen für Norman eine gute Bereicherung seines Teams. Auch dass Norman aktuell ohnehin schon einen Platz in Brasilien plant, ist für den Australier eine gute Ausgangslage. Die hat er vermutlich auch nötig, denn Normans Ruf als Golfplatz-Architekt ist allenfalls Durchschnitt. Dies liegt natürlich in erster Linie am Volumen der Aufträge und der weltweiten Operationsbasis (früher hatte Norman neben seinem derzeitigen Firmensitz Florida auch noch eine Dependance in Australien). Norman selber ist unterschiedlich involviert in den Designs und die Projekte werden von unterschiedlichen Verantwortlichen geleitet, was zu einer großen Schwankungsbreite führt. Dennoch sollte Norman als einer der Favoriten gelten.
Hanse Golf Design
Chef-Architekt: Gil Hanse (Webseite)
Top 100 Plätze: Boston Golf Club, Castle Stuart
weitere Plätze: Rustic Canyon Golf Club
Nachdem er lange Zeit ein wenig unter dem Radar geflogen ist, hatte Gil Hanse in diesem Jahr sein großes Coming Out: Castle Stuart. Der gefeierte Neubau, der dieses Jahr die Scottish Open austrug, landete auf Anhieb unter den von Golf Magazine gekürten besten 100 Plätzen der Welt und zog im Fahrwasser auch Hanses Boston Golf Club in die Top 100 der US-Plätze. Was die Quantität seiner Arbeit betrifft, gehören Hanse und seine beiden Design-Partner James Wagner und William Kittleman vielleicht nicht zu den Eifrigsten (auf ihrer Webseite weisen sie nur ein Dutzend Plätze als Referenzen aus), doch das hat liegt daran, dass sie ihre Aufträge intensiv begleiten. Dass man sich bei dieser Philosophie an Olympia-Konkurrent Tom Doak erinnert fühlt, hat seinen Grund: Hanse arbeitete eine Zeitlang bei Doaks Renaissance Golf Design (und absolvierte übrigens auch ein Praktikum bei Konkurrent Hawtree) bevor er sich selbständig machte. Entsprechend gehört er auch eher zu den Anhängern des Minimalismus und der traditionellen Golfplätze. Die Parallelen könnten für Hanse bei der Olympia-Bewerbung allerdings auch zum Problem werden: Warum die “Kopie” nehmen, wenn man auch das Original haben kann?
Hawtree Ltd.
Chef-Architekt: Martin Hawtree (Webseite)
Top 100 Plätze: keine
deutsche Plätze: Düsseldorfer Golf Club, Bochumer Golf Club
weitere Plätze: Trump International Golf Links (Schottland), Pine Cliffs und Vilamoura Millennium (Portugal)
Martin Hawtree kommt aus einer Architekten-Dynastie. 1912 startete sein Großvater Frederick George das Geschäft, 1938 kam dessen Sohn Frederick William hinzu und baute u.a. zwei Plätze in Deutschland. 1972 stieg Enkel Martin ins Geschäft ein, seit 1985 hat er die Geschäftsführung übernommen. Die renommiertesten Plätze im Portfolio stammen allerdings noch aus der Zeit seines Vaters, Martin selber hat vor allen Dingen in Portugal sein Duftmarke hinterlassen mit dem Millennium Course von Vilamoura und dem 9-Loch-Platz von Pine Cliffs, der eines der spektakulärsten Par 3s Europas bietet. Großes Renomee erlangte er als eine Art britischer Rees Jones. So wie Jones die Austragungsorte der U.S. Open turnierfähig macht, ist Martin Hawtree der britische Open-Doktor. Das war wohl auch der Grund warum Donald Trump auf ihn aufmerksam wurde. Der US-Milliardär heuerte Hawtree als Architekt für seinen kontroversen Trump International Golf Links an, der Umweltschützer und Bürgergruppen auf die Dünen brachte. Eine Beziehung, die beim Bau eines olympischen Golfkurses hilfreich sein könnte, schließlich gelten Olympia-Verantwortliche als durchaus empfänglich für finanzielle Zuwendungen. Das Trump-Design, vom bekannt zurückhaltenden Amerikaner bereits vorab als bester Golfplatz der Welt gefeiert, ist auch in anderer Hinsicht für Hawtree wichtig. So überzeugend seine Restaurationen großer Plätze auch sind, ein komplett selbst designtes Vorzeigeprojekt fehlt ihm noch.
Nicklaus Design
Chef-Architekten: Jack Nicklaus / Annika Sörenstam (Webseite)
Top 100 Plätze: Sebonack, Harbour Town, Muirfield Village, Cabo del Sol: Ocean Course
deutsche Plätze: Gut Lärchenhof
weitere Plätze: Kiawa Island, Shoal Creek, The Greenbrier
Es ist wohl das erfolgreichste Designer-Duo, das man anheuern kann. Nicklaus und Sörenstam kommen zusammen auf 28 Majorsiege und verglichen mit den anderen Player-Designer bieten sie auch die besten Referenzen. Nicklaus, der seine Projekte angeblich deutlich intensiver betreuen soll als die Kollegen Norman und Player, hat bereits einige hochgelobte Plätze gestaltet, und anders als Lorena Ochoa hat Annika Sörenstam immerhin schon eine gewisse Design-Erfahrung bsw. im chinesischen Mission Hills. Während die Schwedin gute Beziehungen zur European-Tour-eigenen European Golf Design hat, war Nicklaus schon bei einigen TPC-Kursen für die PGA-Tour-tätig – auch für eine Olympia-Bewerbung nicht ganz unwichtiges Vitamin B. Die universelle Anziehungskraft von Nicklaus zeigt sich bereits darin, dass mittlerweile 350 Plätze in seinem Namen gestaltet wurden. Natürlich gibt es auch bei Nicklaus die üblichen Probleme von Player-Designern: man kauft mehr eine Marke als einen Architekten und die Qualität hängt sehr vom Assistent-Designer ab, der den Gros der Arbeit erledigt. Nichtsdestotrotz müssen Nicklaus und Sörenstam derzeit als große Favoriten auf den Job gelten.
Renaissance Golf Design
Chef-Architekt: Tom Doak (Webseite)
Top 100 Plätze: Old MacDonald, Sebonack, Ballyneal, Pacific Dunes, Pasatiempo (Redesign), Cape Kidnappers (Neuseelands), Barnbougle Dunes (Australien)
weitere Plätze: The Renaissance Club (Schottland), The Golf Club at St. Andrews Beach (Australien)
Tom Doak ist ein wenig das Enfant Terrible im Wettbewerb. Ein Ruf, der ihm hinterherhängt seit er seinen Confidential Guide to Golf Courses herausbrachte, in dem er es wagte, die Arbeit etlicher Architekten harsch zu kritisieren. Später dann war Doak bei Golf Magazine für das Ranking der 100 besten Golfplätze verantwortlich – eine Liste, in der er heute genau so oft auftaucht wie alle seine Konkurrenten im Olympia-Wettbewerb zusammen. Aufgrund seines Erfolges findet sich Doak heute auf der anderen Seite der Kritik. Es gibt nicht wenige, die auf den erfolgreichen, minimalistischen Stil des Alister-MacKenzie-Jüngers gereizt reagieren. “Man müsse schon ein selten schlechter Architekt sein um solche Grundstücke zu versauen”, sagte beispielsweise Martin Hawtree. Der Vorteil von Doaks Ansatz ist natürlich, dass er Plätze designen kann, die im Bau und in der späteren Bewirtschaftung eher günstiger sind – zwei wichtige Kriterien für den olympischen Golfplatz. Zudem gehört er zu der Sorte Architekten, die vor Ort viel Zeit in ihre Projekte investieren. Dennoch muss Tom Doak als Außenseiter im Wettbewerb gelten. So gut sein Ansehen in Fachkreisen ist, so unbekannt ist er selbst bei den meisten aktiven Golfern. Entsprechend schwer wird es den Veranstaltern fallen, mit seinem Namen eine hohe Außenwirkung zu erzielen.
Robert Trent Jones II
Chef-Architekt: Robert Trent Jones II (Webseite)
Top 100 Plätze: Chambers Bay
deutsche Plätze: Golf- und Country-Club Seddiner See
weitere Plätze: Bro Hof Slott (Schweden), Poppy Hills, The National Golf Club (Australien), Celtic Manor (Wales)
Pedigree nennt der Amerikaner das, was Robert Trent Jones II vorweisen kann. Sein gleichnamiger Vater gehörte zu den größten Namen im Golfarchitektur-Business und Bruder Rees ist der berühmte Open-Doktor der United States Golf Association. Trent jr. ist auch ein cleverer Stratege, was er damit bewies, dass er dieses Jahr die brasilianische Golflegende Mario Gonzalez ins Boot holte. Der ist zwar mittlerweile 88 Jahre alt und vermutlich nur bedingt im Design involviert, könnte dennoch aber aus Lokalpatriotismus zur großen Trumpfkarte werden. Von den reinen Architekten im Wettbewerb ist Trent Jones sicherlich der profilierteste, allerdings ist die Firmenphilosophie nicht großartig anders als die der sogenannten Player-Designer Nicklaus, Norman und Co. Aufgrund der Größe seiner Firma erledigen meist die Angestellten die Arbeit und nicht der Chef, wobei dies für ein olympisches Projekt natürlich anders sein könnte. In den letzten Jahren hat sich Trent Jones das grüne Siegel auferlegt und verspricht ökologisch verträgliche und nachhaltige Plätze (eine der wichtigsten Herausforderungen für einen Golfplatz in Brasilien), allerdings sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass Trent Jones bisher weder zu den ökologischsten noch zu den ökonomischsten Golfplatz-Designern gehörte.
Thomson-Perret Golf Course Architects
Chef-Architekten: Peter Thomson / Ross Perrett (Webseite
Top 100 Plätze: keine
weitere Plätze: St. Andrews Dukes Course, Carya (Belek), Wairakie (Neuseeland), The National Golf Club: Ocean Course, Moonah Links (Australien)
Der fünfmalige Open-Sieger Peter Thomson stieg 1965 zusammen mit Michael Wolveridge ins Design-Geschäft ein und wurde in seiner australischen Heimat schnell zum gefragtesten Golfplatz-Architekten. Mittlerweile hat Wolveridge die Firma verlassen und wurde Mitte der 80er durch Ross Perrett ersetzt. Doch obwohl Thomson die großen Klassiker des Landes wie Royal Adelaide oder Royal Sydney restaurieren durfte und sich auf perfektem australischem Golfplatz-Terrain austoben durfte, ist seine Arbeit nicht unumstritten. Für das, was ihnen gegeben wurde, hätten sie zu wenig daraus gemacht, werfen Kritiker ihm und seinen Partnern vor. Aus diesem Grund ist der Auftritt des Duos unter den letzten acht vielleicht die größte Überraschung. Oft sind solche unvorhergesehenen Nominierungen allerdings ein Zeichen dafür, dass es besonders starke und einflussreiche Befürworter gibt.
Siegchancen | persönliche Favoriten |
---|---|
1. Nicklaus Golf Design | 1. Renaissance Golf Design |
2. Gary Player Design | 2. Hanse Design |
3. Greg Norman Golf Course Design | 3. Robert Trent Jones II |
4. Robert Trent Jones II | 4. Nicklaus Golf Design |
5. Renaissance Golf Design | 5. Hawtree Ltd. |
6. Hawtree Ltd. | 6. Gary Player Design |
7. Thomson-Perrett | 7. Greg Norman Golf Course Design |
8. Hanse Design | 8. Thomson-Perrett |