Vor einigen Wochen lief im deutschen Fernsehen eine “CSI”-Folge, die im Golfmilieu spielte. Zwar konnte man einige Profis wie Rocco Mediate, Duffy Waldorf und Kevin Na zum Mitmachen bewegen, doch irgendwie schien es als ob man die Thematik nur gewählt hat, um Witzchen auf Pennäler-Niveau zu machen, besonders mit den doppeldeutigen “Balls”. Es war nicht der erste Versuch Golf und Krimi zu verbinden. Bereits 2001 versuchte es Bestseller-Autor William Bernhardt mit The Final Round. In dem Buch wird ein Golfturnier von einem Mord erschüttert. Allerdings nicht irgendein Golfturnier, sondern das altehrwürdige Masters.
Während des Par-3-Turniers findet PGA-Tour-Rebell Connor Cross (ein John-Daly-Verschnitt mit der Libido von Tiger Woods) in einem Grünbunker die Leiche seines Tourkollegen und besten Freundes John McCree. Auf Bitten von Johns Ehefrau Jodie, Conners erste große Liebe, spielt er das Turnier weiter um den Mörder dingfest zu machen. Denn alle Indizien deuten daraufhin, dass der Killer aus dem inneren Zirkel des Masters stammt. Dummerweise ist der Hauptverdächtige der attraktiven Chefermittlerin O’Brien ausgerechnet Connor Cross. Der hat derweil die Chance seines Lebens und die Möglichkeit nach jahrelangem Versagen mit einem Sieg über Tiger Woods und den Rest der Golf-Elite Geschichte zu schreiben.
Fiktive Figuren eingebettet in eine reale Kulisse. Ein Konzept, das herausragende Ergebnisse liefern kann wie man an den Fernsehserien “Mad Men” und “Boardwalk Empire” sieht. Was diese Serien auszeichnet sind faszinierende, dreidimensionale Figuren und eine fast schon obsessive Liebe zum Detail. Von beidem ist William Bernhardt weit entfernt. Sowohl Handlung als auch Charaktere entstammen dem Krimibaukasten für Anfänger: Ein rebellischer, aber liebenswürdiger Held; eine toughe Ermittlerin, die sich in den Hauptverdächtigen verguckt; weitere Verdächtige mit den Motiven: verschmähte Liebe, Geldsorgen und Sehnsucht nach Ruhm. Und natürlich als i-Tüpfelchen noch eine kleine Verschwörungstheorie – in diesem Fall nicht von der Regierung, sondern den Veranstaltern eines Golfturniers ausgehend. Doch verglichen mit den golfspezifischen Verfehlungen des Buches sind dies alles Kleinigkeiten.
Im Vorwort dankt Bernhardt seines Golfexperten Frank McNeil und Frank Hurka, die fachliche Anmerkungen zu dem Text gegeben haben. Man sollte dem Duo die Platzreife entziehen. Zwar gibt Bernhardt zu, dass er aus dramaturgischen Gründen die Löcher in Augusta National verändert hat und sich einiger absurder Schläge bewusst ist. Doch wenn man sich das Buch durchliest, gibt es absolut keinen Grund für diese Veränderungen. Sämtliche Szenarien hätten mit dem originalen Layout problemlos funktioniert, so dass das Ganze eher danach aussieht als hätte der Autor absolutes Desinteresse am Thema und einfach keine Lust gehabt das Ganze sauber zu recherchieren. Zu den unfreiwillig komischen Aussetzern gehören:
- Für das Zerstören einer Teemarke (fälschlicherweise als Replika des Clubhauses beschrieben) bekommt Connor Cross zwei Strafschläge – während einer Proberunde (!)
- Die Hauptfigur schlägt an einem langen Par 4 mit dem Eisen 9 ab, weil es sein Lieblingsschläger ist
- Einige der Profis glauben Golfbälle seien mit Knetmasse gefüllt
- Bälle landen im dicken Rough obwohl es das im Augusta National nicht gibt
- Das Par-3-Turnier hat 18 Loch und, ja wirklich, Par-4-Löcher
- Am Par 4 weist ein Caddie seinen Spieler an mit dem zweiten vorzulegen um eine 4 zu sichern – und tut als sei es ein nie gesehenes Wagnis mit dem zweiten Schlag das Grün anzugreifen
- Die dünn mit Sand bedeckte Leiche bleibt unentdeckt über Nacht im Bunker, dabei werden vor Turnieren alle Bunker geharkt
- Der Caddie behauptet im Bunker zählt der Schlag nur wenn sich der Ball bewegt hat
- Am legendären Loch 12, in Wahrheit ein kurzes Par 3, sind es nach einem guten Drive noch 125 Yards zum Grün
- Die Spieler warten im Clubhaus auf einen Offiziellen, der die Ergebnisse als Zettel aushängt – obwohl das Masters seit Jahrzehnten live im TV übertragen wird
- Das Masters hat 60 Teilnehmer statt 90+
- Die Spieler-Paarungen werden zwischen Runde 1 und 2 verändert
- Die Hauptfigur bekommt in Runde 3 eine späte Startzeit obwohl er weit hinten liegt und demnach früh spielen müsste
- Connor Cross beendet das Turnier mit 274 Schlägen, nachdem er 151 oder mehr für die ersten zwei Runden gebraucht hat. Macht also maximal 123 Schläge für die beiden Finalrunden. Der Platzrekord im Augusta National liegt bei 63.
- Unabhängig vom Schläger haut der Protagonist regelmäßig 400-Meter-Abschläge raus
Es gibt sicher noch viele Fehler mehr, aber dies waren die auffälligsten. Wenn man ein Drinking Game aus dem Buch machen würde, spätestens auf Seite 150 des 300-Seiten-Romans fiele man ins alkoholinduzierte Koma. Solche Ungenauigkeiten sorgen vielleicht für viele Lacher, zerstören damit aber jeden Anflug von Krimispannung. Dass die Auflösung der Mordserie am Ende völlig aberwitzig und das Motiv für die Taten an den Haaren herbeigezogen ist, kommt noch erschwerend hinzu. “Final Round” ist schon als Krimi schlecht genug, aber als Golfbuch ist es vielleicht das Übelste was je auf Papier gedruckt wurde.