“Sie haben kein Spielrecht. Sie dürfen überhaupt nicht gegen Greenfee bei uns spielen. Wenn das jeder so machen würde?”
– Sekretärin eines Golfclubs, März 2014
Es ist das tausendfach heruntergeleierte Schreckensszenario der deutschen Golfclubs: Alle spielen Golf, aber keiner ist mehr Mitglied.
Die Konsequenz: Die Golfclubs sterben.
Mit Verlaub: Bullshit.
Die Golfclubs rechnen immer gerne ihre immensen Fixkosten vor. Auf Ertragsseite stehen dann häufig nur die Mitgliedsbeiträge. Der Platz ist teuer, heißt es, deshalb brauchen wir konstante Einnahmen – und das geht nur mit Jahresmitgliedschaften. Greenfee-Erlöse seien keine Lösung. Im Winter schon gar nicht.
Deshalb dürfen in vielen deutschen Golfclubs nur Leute spielen, die DGV-Mitglied mit vollem Spielrecht sind. Alle anderen müssen draußen bleiben oder halt Mitglied werden.
Das ist zumindest die bizarre Logik vieler Golfclubs. Diese möchten schließlich neue Mitglieder, die im Optimalfall eine vierstellige Summe im Jahr überweisen. Möglichst schon im Januar.
Paradox ist, dass die Clubs und der DGV sich mit der „nur mit DGV-Ausweis“-Politik selbst einer möglichen neuen Kundschaft berauben und zusätzliche Erlösquellen bewusst ausgrenzen – und sich im gleichen Atemzug über fehlenden Zuwachs bei der Zahl der aktiven Golfsportler beklagen.
Und genau an diesem Punkt sollte schleunigst ein Umdenken stattfinden, denn das herkömmliche Clubmodell ist für einen Großteil der Golfanlagen nicht mehr zeitgemäß.
Dazu zwei einfache Fragen:
Warum sind früher aus Menschen Mitglieder geworden?
Weil sie Teil einer exklusiven Gemeinschaft sein wollten.
Warum werden heutzutage aus Menschen Mitglieder?
Weil sie Golf spielen wollen.
Man könnte also durchaus von einem Paradigmenwechsel sprechen.
Also stelle ich noch eine einfache Frage: Was haben die Golfclubs zu verlieren, wenn sie Menschen ohne DGV-Mitgliedschaft auf ihre Plätze lassen?
Meine Antwort: Nichts. Im Gegenteil, sie können nur gewinnen.
Dazu ein kleines Beispiel. Herr Bandscheibe hat im Urlaub einen Golf-Schnupperkurs gemacht. Nun will er auch in seiner Heimat spielen. Er geht in den nächsten Club und spielt gegen Greenfee. Zunächst nur einmal im Monat, dann häufiger. Er findet Gefallen am Sport. Jedes Mal schmeißt er 50 Euro in die Clubkasse. Nach einiger Zeit rechnet Herr Bandscheibe mal kurz durch. Dreimal Greenfee im Monat macht 150 Euro. Der monatliche Clubbeitrag ist 120 Euro. Außerdem möchte er endlich Turniere spielen. Ein offizielles Handicap wäre also nicht schlecht. Herr Bandscheibe kommt zu dem Ergebnis, dass eine Mitgliedschaft sich rechnet und tritt dem Club bei.
Ein anderes Beispiel. Herr Tennisarm spielt sehr gerne Golf. Allerdings hat Herr Tennisarm berufsbedingt nur wenig Zeit und ist auch immer viel unterwegs. Deshalb spielt unterwegs in vielen Clubs gegen Greenfee. Damit er auch mal ab und zu mal ein Turnier spielen kann, hat er sich eine reine Greenfee-Mitgliedschaft für 200 Euro in seinem Club am Wohnort geleistet. Dort spielt er am Liebsten, denn dank der Mitgliedschaft spart er zehn Prozent bei der Greenfee.
Und noch ein Beispiel. Herr und Frau Achillessehne haben zwei kleine Kinder und leider keine Zeit mehr für den Golfsport. Ab und zu würden sie allerdings doch schon mal wieder auf den Platz gehen – doch für die vier Runden im Jahr lohnt sich keine Vollmitgliedschaft. Deshalb sind sie nur noch passives Mitglied in ihrem alten Club und gehen gegen Greenfee golfen. Wenn die Kinder größer sind, dann spielen diese hoffentlich irgendwann mit und vielleicht treten Herr und Frau Achillessehne wieder in ihren alten Club ein.
In allen drei Fällen profitiert der Club dank weiterer Einnahmen – und wohlmöglich auch durch neue Mitgliedschaften. Beim ersten Beispiel geht es darum, eine Gewohnheit zu erzeugen und so einen Neukunden zu generieren. Im zweiten Fall richtet sich der Golfclub komplett nach dem Bedürfnissen des Kunden und erzielt damit nicht zu verachtende Umsätze. Im dritten Beispiel geht der Golfclub ebenfalls auf die Lebenssituation der Kundschaft ein, die sonst vielleicht ganz ausgetreten wäre.
Alle drei Fälle wären allerdings in einem Großteil der deutschen Golfclubs nicht möglich. Diese Angebote existieren fast überhaupt nicht. Warum eigentlich?
Häufig höre ich in Gesprächen mit altgedienten Clubgolfern die Sorge heraus, ihre geliebten Golfplätze könnten durch einen plötzlichen Ansturm an Gratis-Golfern (also die, die Greenfee zahlen und kein Mitglied sind) völlig überlaufen werden und es würde zu langen Wartezeiten an den Abschlägen kommen.
Dazu nur ein kleines Zahlenspiel.
Der Deutsche Golf Verband schreibt jedem seiner Mitglieder knallhart vor, wie viele DGV-Ausweise er an Erwachsene verteilen darf. Dabei gilt die Regel 700 Ausweise pro neun Loch. Als Begründung für diese Maßnahme dient, dass keine Golfanlage mehr Spieler haben soll, als sie tatsächlich verträgt.
Laut DGV gab es 2013 in Deutschland 167 Neun-Loch-Plätze, 439 18-Loch-Plätze und 118 27-Loch-Plätze. Folglich können hierzulande 979.300 DGV-Ausweise am Golfer über 18 Jahre vergeben werden.
Die DGV-Statistik 2013 weist 588.622 DGV-Golfer aus, die 19 Jahre oder älter sind. Davon sind 297.664 über 56 Jahre alt – und letztere Gruppe würde ich jetzt nicht unbedingt als Vielspieler bezeichnen.
DGV-Kontingent 2013: 979.300 Ausweise
„Aktive“ DGV-Golfer (Ü18) 2013: 588.622 Ausweise
Mitglieder VcG 2013: 22.948 Ausweise
Folgt man also der DGV-Logik, dann haben die deutschen Golfclubs ein massives Auslastungsproblem. Es ist also noch Platz für 367.730 Golfer auf den hiesigen Plätzen.
Und auch angesichts der niedrigen Mitgliederzahl der VcG wird mehr als deutlich, dass eine pure Vernichtung der Vereinigung, die ja im Cathargo-Cato-Censorius-Style regelmäßig von DGV-Mitgliedern gebetsmühlenartig gefordert wird, nur ein Tropfen auf die ausgetrockneten Grüns sein kann.
Auch das Problem der bösen Online-Kartenhändler, die DGV-Mitgliedschaften im Netz verhökern, ist letztendlich hausgemacht, da diese mit den Restkontigenten der deutschen Golfclubs handeln. Letztere fühlen sich nämlich nicht imstande, ihre eigenen Karten (zum Beispiel als reine Greenfee-Mitgliedschaften) an den Golfer zu bringen.
Und auch hier die Frage: Warum kaufen Menschen günstige DGV-Ausweise bei Online-Händlern?
Weil sie Golf spielen wollen – und dies nur mit einem DGV-Ausweis geht.
Natürlich wird es auch weiterhin Clubs geben, deren Unique Selling Point die Exklusivität ist. Es wird Menschen geben, die hohe Aufnahmegebühren, Investitionsumlagen und Jahresbeiträge zahlen – einfach weil es Teil des Produkts Edelclub ist. Doch diese Zielgruppe ist enorm klein, und sie reicht definitiv nicht aus, um den Rest der deutschen Golfanlagen mit Kundschaft zu versorgen.
Dementsprechend kann ich Golfclubs, die die ganze Zeit das gleiche Klagelied singen, die VcG verteufeln und auf Gratisgolfer schimpfen nur folgende Ratschläge geben:
1.) Lasst die Golfer ohne DGV-Ausweis auf den Platz!
2.) Bietet Greenfee-Mitgliedschaften mit Preisnachlass auf die Greenfee an!
3.) Richtet euch flexibel nach den Bedürfnissen eurer Kunden!
4.) Verabschiedet euch vom Club-Gedanken und öffnet euch!
5.) Bietet mehr Service (und das fängt schon beim freundlichen Empfang „club-fremder“ Golfer an)!
Und wenn ihr, liebe ewig Gestrige, dieses nicht akzeptiert, dann ist euch leider nicht zu helfen. Aber bitte hört auf, uns ständig die Ohren voll zu heulen!
Im Übrigen bin auch ich der Meinung, dass die VcG zerstört werden muss. Allerdings nur, wenn die DGV-Mitglieder endlich von der Plan- in die Marktwirtschaft wechseln.