Heute flatterte mir die neueste Ausgabe des Golf Magazins ins Haus. Und wer lächelte mir vom Cover entgegen? Natürlich Tiger Woods. Der gleiche Tiger Woods, der auch schon die Ausgabe 2/09 zierte. Der gleiche Tiger Woods, der seit 2007 jetzt schon zum siebten Mal beim Golf Magazin auf dem Umschlag ist. Das ist im Schnitt fast jede vierte Ausgabe – und darin sind sogar noch acht Monate eingeschlossen, in denen Woods verletzungsbedingt aussetzte. Wenn man gehässig sein möchte, könnte man vermuten, dass der golferische Horizont der Redaktion des Golf Magazins begrenzt ist. Denn in den letzen 2 1/2 Jahren zierten gerade einmal 9 verschiedene Profis die Titelseite:
- Tiger Woods 7x
- Martin Kaymer 3x
- Sergio Garcia 2x
- Phil Mickelson 2x
- Padraig Harrington 2x
- Bernhard Langer 2x
- Vijay Singh 1x
- Anthony Kim 1x
- Greg Norman 1x
Um das einmal ins Verhältnis zu setzen: Von den derzeitigen Top 20 der Weltrangliste haben es 14 noch niemals auf das Cover der Zeitschrift geschafft. Ist der deutsche Golfer wirklich so einfältig, dass er nur Zeitschriften kauft, wenn ihm Tiger Woods oder ein Deutscher entgegenblickt und die ultimative Lösung für seine Schwungprobleme verspricht? Man kennt ein ähnliches Phänomen aus der Landschaft der TV-Zeitschriften. Die werden meist von einer bis zur Unkenntlichkeit retuschierten, vollbusigen Blondine auf blauem Hintergrund geziert, weil die Verkaufszahlen bei einer anderen Kombination – gott verhüte ein Mann – um bis zu 100.000 Exemplare einbrechen. (der Grund: Frauen kaufen Zeitschriften für den Inhalt, während die oberflächlichen Männer bei Blondchen den Verstand verlieren).
Man muss sich also die Frage stellen, ob Tiger Woods die vollbusige Blondine unseres Sports – also der kleinste gemeinsame Nenner für Golfer ist. Leider habe ich keinen Einblick in die Verkaufszahlen der einzelnen Hefte, aber die Vermutung liegt nahe, dass mit Herrn Woods am Kiosk deutlich mehr Exemplare über den Ladentisch gehen. Stehen uns also bald wieder Zeiten wie 2008 bevor, wo Woods jedes dritte Cover des Golf Magazins bestückte? Es würde zumindest keine Überraschung sein. Aus wirtschaftlichen Gründen mag das zwar auf den ersten Blick noch zu verstehen sein, doch bei einer Zeitschrift, die 3/4 der Verkäufe durch Abos macht – also recht unabhängig von Kioskverkäufen sein dürfte – ist die mangelnde Experimentierfreude doch recht bedenklich. Was spricht gegen einen Henrik Stenson auf dem Titelbild? Oder Geoff Ogilvy? Wie wär es mit Camilo Villegas oder Masters-Sieger Angel Cabrera? Und um mal etwas ganz Verrücktes zu wagen: eine Lorena Ochoa oder eine Morgan Pressel?
Ich weiß, bei einem offensichtlich auf Rentner ausgelegten Blatt, bei dem vermutlich ein Schild “No Women, No Dogs” den Schreibtisch des Chefredakteurs ziert, grenzen solche Vorschläge sicher an Blasphemie.* Aber vielleicht sollten sich die Verantwortlichen einmal vor Augen führen, dass 40% der DGV-Mitglieder weiblich sind und die Zeiten von Golf als Rentner-Sport längst vorbei sind. Das mag manch einem nicht gefallen, aber wer ewig im Gestern lebt, gehört bald selbst der Vergangenheit an.
*Was das Golf Magazin von Frauen hält, zeigt sich vorzüglich am 20-seitigen “Lady’s Special”. Mal ganz abgesehen davon, dass in den 20 Seiten die Werbung mitgezählt ist: die Themen darin beschränken sich – ausgenommen ein paar Schläger- und Balltipps – in erster Linie auf die tollsten Accessoires, Schuhe, Schmuck und Champagner (!), sowie ein Porträt von Tida Woods. Deren größter Verdienst für den Golfsport ist, dass sie Tiger Woods zur Welt gebracht hat. Dass es Damen gibt, die beim Golf auch sportlichen Ehrgeiz entwickeln, ist hier kein Thema. Hier gibt es nur zwei Typen von Frauen: Mütter und Schicksen, für die der Golfplatz in erster Linie ein Laufsteg ist.