Nach dem literarischen Jahresrückblick 2010 und dem filmischen Jahresrückblick 2011 war es Zeit, 2012 wieder mal was Neues für meinen obligatorischen Rückblick auf das vergangene Golfjahr zu versuchen. Die Wahl fiel – natürlich – auf Musik. Wie gehabt war das Ziel, einen Song zu finden, der vom Titel her mit dem jeweiligen Ereignis korrespondiert – und der nicht komplett obskur ist. Und als kleinen Zusatzservice gibt es in diesem Jahr die ausgewählten Lieder als Spotify-Version, falls das Lesen allein zu langweilig sein sollte.
Da der Rückblick in diesem Jahr etwas umfangreicher geworden ist, habe ich ihn in zwei Hälften unterteilt. Teil 1 widmet sich Januar bis Juni, Juli bis Dezember folgt dann kommende Woche.
Januar
Mike & the Mechanics: Over My Shoulder
aus der Playlist von: Paul Casey
Golfer sollten in ihrer Freizeit am Besten Bridge oder Hallenhalma spielen. So wie Martin Kaymer sich beim Go-Cartfahren verletzte, erwischte es Paul Casey Anfang Januar beim Snowboarden – oder besser gesagt bei einer Skistunde. Casey fiel hin, kugelte sich die Schulter aus und verbrachte den Rest der Saison damit, seine Form wiederzufinden, die bis zum November verschwunden blieb.
Frightened Rabbit: Be Less Rude
aus der Playlist von: Vijay Singh
Normalerweise ist es Rory Sabbatini, der sich auf dem Golfplatz daneben benimmt, aber dieses Mal war er der edle Ritter, der seinem Caddie zur Seite sprang. Weil sich Vijay Singh von dem beim putten gestört fühlte, ließ er eine Schimpftirade los, die den freiwilligen Helfern der Sony Open die Ohren schlackern ließ.
Noel Harrison: The Windmills of Your Mind
aus der Playlist von: Donald Trump
Bevor er im Juli mit großen Trara seinen kontroversen Trump International Golf Links eröffnete, machte Donald Trump noch mal ein Fass auf. Weil die schottische Regierung mit einem Windpark im Meer die Aussicht von seinem Platz verschandeln wollte, kündigte Trump an, sofort sämtliche Arbeiten einzustellen, kein Hotel mehr bauen zu wollen, und und und. Wie immer bei Trump war es nur eine gigantische Luftblase: Das Hotel wird gebaut und kurz vor Jahresende gab der exzentrische Milliardär sogar den Bau eines zweiten Platzes bekannt.
Usher: More
aus der Playlist von: Branden Grace
Als Branden Grace die Joburg Open gewann, war dies keine Sensation – schließlich war es ein von Südafrikanern dominiertes Feld. Als er eine Woche später auch noch bei den Volvo Golf Champions siegte, war das schon ein wenig eindrucksvoller. Doch spätestens mit dem Sieg bei der China Open konnte man an Grace nicht mehr vorbei sehen, der schließlich noch die hochdotierte und gut besetzte Dunhill Links Championship gewann und damit der erste European-Tour-Spieler überhaupt wurde, der seine ersten vier Siege in einer Saison einfahren konnte.
Februar
Mumford & Sons: Sigh No More
aus der Playlist von: Kyle Stanley
Er war der Depp der Golfszene: Bei der Farmers Insurance Open verspielte Kyle Stanley einen Vorsprung, der so groß war, dass sogar schon der überdimensionale Siegerscheck auf seinen Namen ausgestellt war. Doch seine Depression hielt nicht lange: Nur sieben Tage später war er es, der einen großen Rückstand aufholte und die Phoenix Open gewinnen konnte.
Barry White: I’m Qualified to Satisfy You
aus der Playlist von: John Huh
Geschichten wie die von John Huh wird es bald nicht mehr geben. Der junge Mann kämpfte sich durch alle Stufen der Qualifying School und schaffte gleich in seiner Rookie-Saison seinen ersten Sieg, als er bei der Mayakoba Golf Classic Robert Allenby in einem 8-Loch-Playoff niederrang. Durch die Neuordnung der Q-School werden Spieler wie er ab 2014 nur noch auf die web.com-Tour kommen.
März
Shirley Bassey: Goldfinger
aus der Playlist von: Gil Hanse
Wann immer darüber geredet wurde, wer den Golfplatz für die Olympischen Spiele 2016 baut, kam sein Name nie zur Sprache. Schließlich galt es als ausgemacht, dass entweder einer der namhaften Spieler wie Jack Nicklaus oder ein etablierter Architekt wie Robert Trent Jones Jr. den Job bekommen würde. Doch Hanse, der zuvor mit Castle Stuart – dem Austragungsort der Scottish Open – ein Ausrufezeichen gesetzt hatte, überzeugte mit einem günstigen und naturnahen Konzept und persönlichem Einsatz, da er mit seiner Familie nach Brasilien zieht.
Christina Aguilera: Fighter
aus der Playlist von: Jarrod Lyle
2011 machte der Australier Schlagzeilen, als er bei der Phoenix Open ein Hole-in-One am berühmten 16. Loch schlug. Fast exakt ein Jahr später war sein Name wieder im Gespräch – leider aus weit weniger erfreulichen Gründen. Lyle wurde mit Leukämie diagnostiziert, eine Krankheit, die er eigentlich schon besiegt hatte – gerade als sein erstes Kind zur Welt kam. Kämpfer wie er ist, nahm Lyle optimistisch den Kampf an und ist auf bestem Weg den Krebs erneut zu besiegen. Für 2013 kündigte er zwar bereits an, eine Pause einzulegen um wieder völlig gesund zu werden, aber die gesamte Golfwelt hofft, dass er 2014 wieder komplett gesundet zurück sein wird.
The Beatles: Drive My Car
aus der Playlist von: Craig Connelly
Es war ein wenig gemein, was Paul Casey mit seinem Caddie Craig Connelly bei der Cadillac Championship machte. Sollte er ein Hole-in-One spielen, hatte Casey seinem Mann an der Tasche die Hälfte des Autos versprochen. Und siehe da: Casey lochte ein. Wie ein junges Häschen hüpfte Connelly über das Fairway, als plötzlich jemand reinrief, dass das Auto für ein Hole-in-One an einem anderen Loch ausgeschrieben ist. Casey feixte sich einen und lachte Connelly hämisch aus. Der rächte sich, indem er einige Monate später kündigte und zu Martin Kaymer ging.
Status Quo: Kick Me When I’m Down
aus der Playlist von: Hank Haney
Mit seinem Buch “The Big Miss” spaltete Hank Haney die Golf-Szene. Mit seinen intimen Rückblick auf die gemeinsame Zeit mit Tiger Woods zog der Schwungtrainer nicht nur die Aufmerksamkeit einer frohlockenden Meute an Golfjournalisten auf sich, er geriet aufgrund seiner Indiskretionen auch von vielen Seiten unter Beschuss.
April
Pearl Jam: Around the Bend
aus der Playlist von: Bubba Watson
Es war der Schlag des Jahres. Im Playoff des Masters hatte sich Bubba Watson in eine ausweglose Lage manövriert: mitten im Wald liegend, den direkten Weg zum Grün von unzähligen, kolossalen Bäumen versperrt, spielte Watson einen so wilden Hook, dass es nicht nur den Golfkommentatoren die Sprache verschlug. Der Ball landete auf dem Grün, wenige Meter von der Fahne entfernt, und die Grundlage für das erste Major des Mannes mit dem pinken Driver war gelegt.
Metallica: Enter Sandman
aus der Playlist von: Clayton Price Barker
Alkohol ist einfach keine gute Idee. Das musste auch Clayton Price Barker erfahren. Völlig enthemmt vom Fusel, beschloss der Mann aus Ohio während des Masters etwas Sand aus dem Bunker zu klauen. Er wurde erwischt, darf nie wieder einen Fuß auf Augusta National setzen und häufte eine hohe Rechnung für einen Privatjet an, der am Flughafen wartete während er in einer Zelle saß. Aus Mitleid ließ ihn der Richter frei.
Franz Ferdinand: Bite Hard
aus der Playlist von: Naomichi Ozaki
Es gab auch 2012 wieder viele Disqualifikationen, aber keine war so bizarr wie die von Naomichi Ozaki. Der Japaner erzählte während der ersten Runde des Token Homemade Cup seinen Kollegen, er habe unglaublich viel Weite gewonnen durch einen Mundschutz, der ihm hilft, den Kiefer zu entspannen. Blöderweise hörte das Wettkampfkomitee mit und entschied, er habe sich schuldig gemacht ein unerlaubtes, künstliches Hilfsmittel zu benutzen.
The Mamas and the Papas: Monday, Monday
aus der Playlist von: Patrick Reed
Für frischgebackene College-Absolventen gibt es eine Chance in PGA-Tour-Turniere zu kommmen: den sogenannten Monday Qualifier. In einer Reminiszens an frühere Zeiten in denen das gesamte Feld so zusammengestellt wurde, kann man sich über ein Montagsturnier in das Feld spielen. Eine Ochsentour für die Spieler, schließlich muss man quer durchs Land reisen ohne Sicherheit am Ende Geld verdienen zu können. Patrick Reed wählte diesen Weg und schaffte es sage und schreibe fünf Mal die Qualifikation erfolgreich zu bestehen – und meist dann sogar den Cut im Turnier zu überstehen. Gut 300.000 Dollar verdiente Reed schließlich im Jahr 2012 – ein gutes Polster für seine erste PGA-Tour-Saison, die er sich schließlich im Dezember bei der Q-School sichert.
Mai
R. Kelly: Double Up
aus der Playlist von: Jason Dufner
163 Starts brauchte Jason Dufner um seinen ersten Sieg auf der PGA Tour einzufahren. Bis zu seinem zweiten Sieg brauchte er nur zwei. Drei Wochen nach seinem Triumph bei der Zurich Classic behielt der 35-Jährige auch bei der Byron Nelson Championship die Oberhand. Auftakt für ein sensationelles Jahr, denn der früher nervenschwache Dufner wurde plötzlich unantastbar, spielte sich in die Top 10 der Weltrangliste und war auch beim Ryder Cup einer der Eckpfeiler des amerikanisches Teams.
Red Hot Chili Peppers: Road Trippin’
aus der Playlist von: Colin Montgomerie
Dass Colin Montgomerie exzentrisch ist, haben wir schon länger gewusst. Aber das, was er nach der BMW PGA Championship machte, war selbst für ihn außergewöhnlich. Frustriert über seine Puttleistung verließ Monti um 14 Uhr Wentworth um in sein schottisches Zuhause zu fahren, absolvierte die 440 Meilen in beachtlichen sechs Stunden, trank ein Tässchen Tee mit seiner Familie, schnappte sich einen neuen Putter, setzte sich um 23 Uhr wieder ins Auto und war morgens um 6 Uhr in Walton Heath um die Qualifikation für die Open zu spielen – die er verpasste.
Juni
Adele: Hometown Glory
aus der Playlist von: Paul Lawrie
Wenn man sich für ein Major qualifiziert hat, spielt man es für gewöhnlich auch. Nicht so Paul Lawrie. Der Schotte sah sich aufgrund negativer Erfahrungen bei der U.S. Open chancenlos und beschloss gar nicht erst hinzufahren um lieber in der europäischen Heimat zu bleiben, wo er sich seinen Platz im Ryder-Cup-Team sichern wollte. Das gelang – auch wenn es mit dieser Entscheidung wenig zu tun hatte. Lawrie hatte einfach eine sensationelle Saison.
Peter Schilling: Major Tom
aus der Playlist von: Bernhard Langer
Seit zwei Jahren wartet Bernhard Langer nun auf ein weiteres Senioren-Major. Auch 2012 schrammte er wieder knapp vorbei: Gleich zwei Mal in Folge belegte er nur einen zweiten Platz – und bei der Regions Traditions war es mit Platz vier ebenso knapp. Der Sieger dort: Tom Lehman, der Langer auf der Zielgeraden auch noch den Sieg im Charles-Schwab-Cup wegschnappte.
U2: One
aus der Playlist von: Alvaro Quiros
Eigentlich war 2012 für Alvaro Quiros ein Jahr zum Vergessen: Ein verpasster Cut, reihte sich an den nächsten, erstmals blieb er ohne Sieg und er fiel aus den Top 50 der Welt. Doch ein Highlight hatte er dennoch: Bei einer Proberunde für die U.S. Open gelang dem Spanier ein Hole-in-One – auf einem Par 4.
Calvin Harris: Ready for the Weekend
aus der Playlist von: Bernd Ritthammer
Mit großen Hoffnungen war Bernd Ritthammer in seine erste European-Tour-Saison gegangen, doch am Ende erging es ihm wie Stephan Gross Jr. und Florian Fritsch vor ihm und er verlor seine Karte sofort wieder. Schlimmer noch: Ende Juni hatte er bei neun Starts nicht einmal das Wochenende gesehen und musste zwangsläufig damit beginnen, zumindest das Spielrecht auf der Challenge Tour zu sichern. Doch auch das misslang. Am Ende der Saison hatte Ritthammer eine grausige Bilanz zu verzeichnen: 13 European-Tour-Starts, 13 verpasste Cuts, 0 Euro Verdienst – und die Rückkehr auf die epd Tour.